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Schweinfurt
Nach Vorstoß der Autostädte: Was Schweinfurts Oberbürgermeister zur Sicherung von ZF fordert
17 Stadtoberhäupter drängen auf Unterstützung für die Transformation der Industrie. Der Konzern lobt die Initiative und setzt neben Elektro-  auch auf Hybridantriebe.
Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé hat sich einer städteübergreifenden Initiative angeschlossen, die klare Forderungen an den Bund und die Europäische Union formuliert.
Foto: René Ruprecht | Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé hat sich einer städteübergreifenden Initiative angeschlossen, die klare Forderungen an den Bund und die Europäische Union formuliert.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 27.02.2025 02:38 Uhr

Die Transformation der Automobil- und Zuliefererindustrie sorgt weiter für Unsicherheit an deutschen Produktionsstandorten. In einem gemeinsamen Vorstoß haben sich die Oberbürgermeister von Schweinfurt, Saarbrücken, Passau und Friedrichshafen nun mit dem ZF-Vorstandschef Holger Klein getroffen, um über die Zukunft einzelner Werke zu beraten. Das geht aus Pressemitteilungen des Konzerns sowie der Stadt Schweinfurt hervor.

Darin erklärt Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé: "Unsere Städte und ZF sind vereint in einer Schicksalsgemeinschaft. Deshalb ist der offene und konstruktive Austausch in schwierigen Zeiten so wichtig." Auch die anderen Stadtoberhäupter zeigen sich besorgt über die Entwicklungen bei Deutschlands zweitgrößtem Autozulieferer. Kürzlich gab der Konzern bekannt, dass die gesamte E-Antriebssparte – die sogenannte E-Division – auf dem Prüfstand steht. In Schweinfurt arbeiten allein 6000 der insgesamt 9000 Mitarbeitenden in diesem Bereich.

Aufbauend auf der Bürgermeister-Initiative formulierten die Oberbürgermeister der ZF-Standorte eine gemeinsame Erklärung mit sieben industriepolitischen Forderungen an die Bundes- und Europapolitik. Neben einem klaren Bekenntnis zur deutschen Automobilindustrie als Schlüsselindustrie, die Stabilität, Wohlstand und Arbeit sichert, fordern sie auch die Anpassung europarechtlicher Vorgaben.

Remelé kritisiert Lohnkosten, Gewerkschaften widersprechen

Remelé verweist auf das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft und die arbeitnehmernahe Hans-Böckler-Stiftung, die Deutschland bei den Lohngesamtkosten im europäischen Vergleich an der Spitze sehen. Die Gewerkschaft IG Metall entgegnete zuletzt, dass der Anteil der Lohnkosten am Umsatz in der Metall- und Elektroindustrie durchschnittlich bei rund 16 Prozent liegt. Löhne seien zwar durchaus ein Kostenfaktor, im Vergleich zu den Energiepreisen oder anderer Marktbedingungen jedoch verkraftbar.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wies in der Vergangenheit darauf hin, dass die Reallöhne trotz Tariferhöhungen durch die Inflation gesunken sind. Laut dem Statistischen Bundesamt stiegen die Lebenshaltungskosten zwischen 2021 und 2023 um fast 16 Prozent, Lebensmittel verteuerten sich um 30 Prozent, Strom und Gas sogar um bis 50 Prozent. Gleichzeitig wuchsen die Vermögen der oberen fünf Prozent.

Remelé sieht neben den Löhnen aber auch weitere Kostenfaktoren wie bürokratische Dokumentationspflichten und Umweltauflagen. Genehmigungsverfahren dauerten zu lang, wären aufwändig und teuer. Die künftige Bundesregierung müsse daher rasch handeln, ohne dabei die ohnehin angespannten Finanzen der Kommunen durch Kürzungen bei Steueranteilen zu belasten.

ZF-Vorstand lobt Vorstoß der Oberbürgermeister 

Bei ZF lobt man derweil die parteiübergreifende Ratshausinitiative, der sich inzwischen 17 Stadtoberhäupter angeschlossen haben. Vorstandschef Holger Klein spricht zwar von einer notwendigen "Neuausrichtung", versicherte jedoch, dass der Stellenabbau weiterhin "sozialverträglich" erfolgen solle. Vorstandsmitglied Peter Laier betont, dass Deutschland als Standort Chancen habe, vorausgesetzt, die Nachteile in puncto Kosten und Flexibilität würden "beherzt" angegangen.

Hierzu spricht sich der Konzern unter anderem für eine "Revision der EU-CO₂-Regulierung im Automobilsektor" aus. Neben der Elektromobilität sollen auch Hybridantriebe über das Verbrennerverbot ab 2035 hinaus eine Rolle spielen. Ob ein Verbrenner-Aus der Industrie nachhaltig helfen würde, lässt sich derzeit nicht genau sagen. Kritiker sehen darin eher einen Bremsklotz für die Transformation der Branche, statt eines langfristigen Konzepts.

 
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  • Martin Heberlein
    Diese Hybrid-Fahrzeuge waren doch eine reine Mogelpackung, um staatliche Förderung abzugreifen. Das sind Verbrenner, in die man ein Alibi-Elektromotörchen eingebaut hat, das meist ungenutzt spazierengefahren wird. China lacht sich tot.
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  • Marc Stürmer
    Vor allem aber will die in China niemand haben. Und dort ist der meiste Umsatz zu machen!

    Das Problem der Autobauer ist doch, dass sie nichts haben, was den Chinesen gefällt.
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  • Marc Stürmer
    Die deutsche Automobilindustrie erinnert mich immer mehr an die Gaslaternen Londons kurz vor der Einführung von Edisons Glühbirne.

    Die Parallelen sind frappierend, und den Auto-, pardon Gaslaternen weinte man danach keine Träne nach.
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  • Peter Koch
    Mit Besoldungsgruppe B7 (Monatsgrundgehalt € 11654,94) entlohnt kann so ein Oberbürgermeister ganz sicher beurteilen, dass die Löhne der wertschöpfenden Arbeitnehmer die ihn bezahlen zu hoch sind.
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  • Ulrike Schneider
    Vielleicht sind es ja just die Parolen „Technologieoffenheit“ und „Nein zum Verbrenner-Aus“ der jetzt ach so besorgten CSU-Politiker, die den Aufschwung der E-Mobilität massiv ausgebremst haben… siehe der heutige Artikel über die Gründe für den Gewinnrückgang bei Mercedes, auch ein Kunde von ZF.
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