
Am 3. Mai 2023 sprach das Landgericht Schweinfurt im Fall der eingestürzten Talbrücke Schraudenbach nach 14 Prozesstagen ein Urteil: Die 1. Große Strafkammer rund um die Vorsitzende Richterin Claudia Guba sah einen damals 49-Jährigen und einen damals 59-Jährigen als schuldig der fahrlässigen Tötung sowie der fahrlässigen Körperverletzung in 14 Fällen. Einen 65-Jährigen sprach das Gericht frei.
Zu Beginn des Prozesses hatten noch vier Ingenieure auf der Anklagebank gesessen. Doch mittendrin hatte die Kammer das Verfahren gegen einen damals 51-Jährigen abgetrennt, weil seine Verteidigerin längere Zeit ausfallen sollte. Nun soll das Verfahren gegen ihn neu beginnen. Wie der Sprecher des Landgerichts Schweinfurt, Thomas Fenner, mitteilt, startet der Prozess gegen den Statiker am 6. Mai 2025. Es sind vier Verhandlungstage angesetzt.
Bei dem Unglück am 15. Juni 2016 war ein Teil der Autobahnbrücke Schraudenbach der A 7 während der Betonierarbeiten eingestürzt. Plötzlich, "ohne ein vernehmbares Geräusch", wie es ein Augenzeuge später geschildert hatte, war das Traggerüst in sich zusammengebrochen. Ein Familienvater war ums Leben gekommen, 14 weitere Arbeiter waren teils lebensgefährlich verletzt worden.
Laut Gutachter fehlten "globale Stabilitätsnachweise"
Das Gericht hatte im Mai 2023 die beiden verurteilten Ingenieure mitverantwortlich für den Einsturz des Teilstücks der Brücke gesehen, weil sie ihren Pflichten nicht nachgekommen seien. "Die Wurzel allen Übels" liege allerdings in den Berechnungen des Statikers, dessen Verfahren abgetrennt wurde, hatte Richterin Guba in der Urteilsbegründung gesagt. Der Wiener Gutachter Johann Kollegger hatte während der Beweisaufnahme festgestellt, dass in den Berechnungen des Statikers globale Stabilitätsnachweise für einige Teile des Gerüstes fehlten.
Die Verteidiger der Ingenieure hatten Revision gegen das Urteil eingelegt. Im April 2024 veröffentlichte der Bundesgerichtshof (BGH) seine Entscheidung: Das Urteil gegen den damals 59-Jährigen, eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung, bestätigte der BGH. Wegen eines Formfehlers kam das Urteil gegen den damals 49-Jährigen, eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten, zurück zum Landgericht und muss in einer anderen Strafkammer neu verhandelt werden.
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs habe "keine rechtlich zwingenden Auswirkungen auf das abgetrennte Verfahren" des Statikers, betonte Gerichtssprecher Fenner im Sommer 2024. Für das aufgehobene Urteil seien bislang noch keine Termine festgesetzt. In beiden neuen Prozessen "wird durch die jeweilige Strafkammer eigenständig zu entscheiden sein, welche Beweise zu erheben sind".