
In der Schweinfurter Stadtverwaltung gibt es im kommenden Sommer eine gravierende personelle Veränderung: Baureferent Ralf Brettin wird die Stadt Ende Juli verlassen. Ausdrücklich nicht auf eigenen Wunsch, sondern weil ihm offenbar die Fraktionen im Stadtrat das Vertrauen entzogen haben.
Für Außenstehende überraschend wurde in der Stadtratssitzung am Dienstag beschlossen, dass die Stelle eines neuen Baureferenten sofort ausgeschrieben wird und ein geeigneter Bewerber oder Bewerberin in der Sitzung am 17. Dezember gewählt werden soll. Dagegen stimmten lediglich fünf Stadträte.
Die Stadt hat derzeit eine ganze Reihe großer Bauprojekte wie die laufende Sanierung des Theaters, der Neubau der Körnerschule in Bellevue sowie die Planung für Abriss und Neubau der Maxbrücke. Dazu kommt die Weiterentwicklung der Konversionsgebiete, insbesondere der Ledward-Kaserne mit dem Bürgerpark. Insofern ist die Entscheidung, dass zu diesem Zeitpunkt ein neuer Baureferent kommen soll, überraschend.
Baureferent bekommt nur von zwei Stadträtinnen Unterstützung
In der Sitzung selbst wollte sich Ralf Brettin "zum jetzigen Zeitpunkt" nicht öffentlich äußern. Doch Kritik an seiner Arbeit und der aufgrund Personalmangels chronisch überlasteten Bauverwaltung insgesamt gibt es zumindest hinter den Kulissen in den vergangenen drei Jahren verstärkt – von kommunalpolitischer Seite genauso wie innerhalb der Verwaltung selbst.

Oberbürgermeister Sebastian Remelé äußerte sich in der Stadtratssitzung bewusst nicht im Detail zu dem Thema, legte aber großen Wert auf die Feststellung, dass das Vorgehen kein Alleingang der Verwaltung gewesen und auch nicht von ihm persönlich initiiert worden sei, sondern ausdrücklich im Ältestenrat des Stadtrates sowie den Fraktionen von CSU, Grünen, SPD, Freien Wählern und Linken (die anderen im Stadtrat vertretenen Parteien haben keinen Fraktionsstatus) abgestimmt und genehmigt wurde. "Die Entscheidung war eindeutig", so Remelé. Sie sei schon vor der Sommerpause so gefällt worden.
Bemerkenswert in der Stadtratssitzung war das fast schon dröhnende Schweigen der Fraktionen, denn weder von der größten Fraktion, der CSU, noch von ihrem Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen oder der SPD gab es Wortmeldungen. Linken-Fraktionssprecher Robert Striesow hatte lediglich dafür plädiert, aus Gründen der Transparenz und Chancengleichheit alle Referentenstellen auszuschreiben und nicht nur die des Baureferenten.
Ulrike Schneider und Christiane Michal-Zaiser loben die Arbeit von Ralf Brettin
Nur zwei Stadträtinnen verteidigten den Baureferenten und fragten intensiv nach, wie diese Entscheidung zustande gekommen war: Christiane Michal-Zaiser (proschweinfurt) und Ulrike Schneider (Zukunft./ödp). Michal-Zaiser konnte es nicht nachvollziehen, aus ihrer Sicht "gebührt dem Baureferenten großes Lob für die Konversion, die Theatersanierung und er war auch bei der Podiumsdiskussion zur Maxbrücke sehr souverän." Ihre mehrfache Nachfrage nach den konkreten Gründen wurde gleichwohl nicht ausführlich beantwortet.
Ulrike Schneider erklärte, aus ihrer Sicht arbeite Brettin "ausgezeichnet, sehr objektiv und professionell". Sie appellierte auch an Oberbürgermeister Remelé, seiner Verantwortung als Leiter der Verwaltung gerecht zu werden.
Dass Ralf Brettin keinen leichten Stand in der Schweinfurter Kommunalpolitik hatte, war bei der Referentenwahl im Dezember 2018 ersichtlich. Damals wurde zwar die jetzige Referenten-Riege mit Finanzreferentin Anna Barbara Keck, Ordnungs- und Umweltreferent Jan von Lackum, Jürgen Montag für Soziales, Sport und Schulen sowie Brettin im Amt bestätigt. Das mit Abstand schlechteste Wahlergebnis hatte damals aber Brettin, der mit 28:17 Stimmen gewählt wurde. Der heute 63-Jährige kam 2014 nach Schweinfurt, gewann damals im Stadtrat die Stichwahl um das Baureferat gegen Daniela Kirchner. Zuvor arbeitete er als Leiter der Stadtentwicklung für die Stadt Überlingen.
Anna Barbara Keck, Jan von Lackum und Jürgen Montag wird Vertrauen ausgesprochen
Der Schweinfurter Stadtrat beschloss darüber hinaus, dass die Referentenstellen von Anna Barbara Keck, Jürgen Montag und Jan von Lackum nicht neu ausgeschrieben werden sollen und sich diese drei auch im Dezember der Wiederwahl stellen. Die Amtszeit geht von 2025 bis 2031.
Lediglich Jürgen Montag bat darum, dass seine Amtszeit auf drei Jahre begrenzt wird, da er im kommenden Jahr 64 Jahre alt wird. Darüber hinaus wird im November ein Beschluss im Rahmen der Umstrukturierung des Amts für Wirtschaftsförderung wirksam. Dann ist Finanzreferentin Anna Barbara Keck auch Wirtschaftsreferentin, was bisher der OB war. Zusätzlich leitet sie bereits das Liegenschaftsreferat. Sebastian Remelé hat in seinem Referat weiterhin die Öffentlichkeitsarbeit und das Kulturreferat.
Schließlich hat Herr Brettin das Recht sich ebenfalls wieder als Baureferent zu bewerben, was für die Fortführung der laufenden Großprojekte sicherlich auch sinnvoll wäre.
Christiane Michal-Zaiser
Warum sollte dann ausgerechnet dieser Stadtrat ihn wieder einstellen wollen, sollte er sich überhaupt erneut bewerben?