Der neue Baureferent heißt Ralf Brettin. Der 52-Jährige setzte sich am Dienstagnachmittag in einer Kampfabstimmung gegen die neun Jahre jüngere Bewerberin Daniela Kircher mit 24:19 Stimmen erwartet knapp durch.
Brettin leitet derzeit in der 22 000 Einwohner zählenden Stadt Überlingen (Baden Württemberg) die Bereiche Stadtentwicklung, Tiefbau, Bauhof und Stadtgärtnerei, die auch seinem künftig von ihm geführten Referat IV in Schweinfurt zugeordnet sind. Er wird seinen Dienst am 1. April 2014 nach dem Ausscheiden des seit 1988 tätigen Baureferenten Jochen Müller antreten. Das Referat hat künftig den Namen „Stadtentwicklung, Bauen und Forst“.
Wie berichtet, hatten sich acht Kandidaten auf die bundesweit ausgeschriebene Stelle beworben. Übrig blieben nach einer Vorauswahl Brettin und Kircher. Die Architektin und Stadtplanerin arbeitet seit Juli 2006 als Referentin im Sachgebiet Städtebau und Städtebauförderung der Regierung von Unterfranken.
Beide präsentierten sich dreimal in den Gremien des Stadtrats und zweimal bei Fraktionssitzungen. Weil sich der unter anderem aus Stadträten bestehende Koordinierungskreis auf keinen „klaren Favoriten“ einigen konnte, „kommt es heute zu einer echten Wahl“, sagte Sebastian Remelé.
Obwohl als Oberbürgermeister ja Dienstherr des künftigen Baureferenten, gab Remelé allerdings keine Empfehlung ab. Deshalb die ungewöhnliche Kampfabstimmung. Eigenartig war auch, dass es keine von der Öffentlichkeit erwartete Vorstellung der Kandidaten gab. Remelé hatte diese Frage – Vorstellung ja oder nein – an den Stadtrat zwar gestellt, aber darin schon den Hinweis eingebaut, dass sie, die Volksvertreter, die Bewerber schon kennen. Es rührte sich dann auch kein Finger, die Vorstellung fiel trotz gut besetzter Tribüne und Pressebank aus.
Zugelassen waren freilich Fragen an die Kandidaten. Zwei wurden gestellt, beide nur an die Kandidatin, und zwar zum offensichtlich in den Fraktionspräsentationen wesentlichen Punkt der Wohnsitznahme in Schweinfurt. Dem SPD-Chef Joachim Schmidl antwortete die in Margetshöchheim lebende Kircher, dass ihr die Bedeutung der örtlichen Präsenz durchaus bewusst sei, hier zu wohnen sei für sie ein Selbstverständnis.
Dem CSU-Fraktionschef Stefan Funk schien diese Antwort nicht zu genügen, er hakte jedenfalls nach, wollte wissen, ob damit auch ein Zweitwohnsitz gemeint sein könnte. Kircher erklärte daraufhin, dass sie so viel Präsenz wie möglich zeigen, und auch an den Wochenenden zur Verfügung stehen werde. Die Kategorie – erster oder zweiter Wohnsitz – ließ sie offen.
Möglicherweise gab diese nicht klare Aussage Kirchers den Ausschlag. Sie erhielt 19 Stimmen, Brettin 24, ein Stadtrat fehlte, eine Stimme war ungültig. Es ist zu vermuten, dass der gebürtige Westfale (Haltern am See) Brettin alle Stimmen aus dem konservativen Lager, speziell der CSU erhielt.
Dafür spricht auch eine Äußerung von SPD-Fraktionschef Joachim Schmidl im weiteren Verlauf der Stadtratssitzung. In der späteren Energie-Debatte (Bericht folgt) bedauerte er das Nein der CSU zum Kauf von Naturstrom. „Zwischen Reden und Handeln liegt ein himmelweiter Unterschied“, sagte Schmidl und verwies dabei auch auf die vorherige geheime Wahl. Während parteiübergreifend und speziell von der CDU-Frau Ursula von der Leyen gefordert werde, Frauen in Führungspositionen zu bringen, habe die Stadtrats-CSU die „sehr kompetente“ Kircher „nicht gewollt“.
Brettin ist verheiratet und wird nach Schweinfurt umziehen. Er hatte sich schon einmal auf den Posten in Schweinfurt beworben. Vor seiner Zeit als Baubürgermeister in Überlingen (ab 2009) arbeitete der Diplom-Ingenieur sieben Jahre lang als Stadtbaumeister in Nördlingen, davor zwölf Jahre in Feuchtwangen. Bezahlt wird er nach B 2 (6314 Euro), die monatlich mögliche Aufwandsentschädigung wurde gegen drei Stimmen auf maximal 914 Euro festgelegt.
Für Kircher blieb als Erinnerung an Schweinfurt ein Blumenstrauß. Brettins einzig öffentlichen Worte waren die, dass er die Wahl annimmt. Zuvor wurde der im März gewählte neue Ordnungsreferent Jan von Lackum vereidigt. Er tritt sein Amt am 1. Oktober 2013 nach dem Ausscheiden von Jürgen Mainka an, der im September in den Ruhestand geht.