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Gerolzhofen
Noch immer fehlen viele ökologische Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen in Gerolzhofen: Woran liegt das?
Bei vier von zehn Bebauungsplänen wurden Eingriffe in die Natur bislang nur stellenweise ersetzt. In einem Fall geht es jetzt allerdings zügig voran.
Wenn gebaut wird, müssen ökologische Ausgleichsflächen angelegt werden. Im Gebiet Bullenäcker wird die Volkach ab Einmündung des Silberbachs im Zuge der Norma-Ansiedlung bald renaturiert. An anderen Stellen in Gerolzhofen werden die Maßnahmen wohl noch länger brauchen, bis sie umgesetzt werden.
Foto: Stefan Pfister | Wenn gebaut wird, müssen ökologische Ausgleichsflächen angelegt werden. Im Gebiet Bullenäcker wird die Volkach ab Einmündung des Silberbachs im Zuge der Norma-Ansiedlung bald renaturiert.
Stefan Pfister
 |  aktualisiert: 24.07.2024 02:49 Uhr

In den vergangenen 15 Jahren sind mehrere neue Baugebiete und Gewerbebetriebe im Stadtgebiet entstanden. Für die Gebäude auf privaten Bauplätzen und auf gewerblichen Flächen wurden eine Vielzahl an Naturflächen überbaut und versiegelt.

Für solche Eingriffe in die Landschaft, so ist es gesetzlich geregelt, müssen die Kommunen Ausgleichsflächen anlegen. Festgelegt werden die ökologischen Ersatzmaßnahmen in den jeweiligen Bebauungsplänen, konkret im dortigen Umweltbericht. 

Das Thema rückt nun erneut in den Fokus. Die Fraktion Geo-net hatte im Juni im Stadtrat nach dem aktuellen Stand gefragt. Thomas Vizl begründete den Antrag damit, dass beschlossene Maßnahmen umgesetzt werden müssten. "Es darf kein Zweifel aufkommen, dass alle Bauherrn gleichbehandelt werden."

Vier von zehn Bebauungsplänen sind noch in Bearbeitung

Die Stadt Gerolzhofen hat seit 2009 zehn Bebauungspläne aufgestellt. Vier davon sind im Hinblick auf die Ausgleichsflächen "in Bearbeitung". Diese Auskunft gab Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann in der Sitzung. Davon betroffen sind Am Nützelbach II (2019), Verteilerzentrum Norma (2022), An der Mönchstockheimer Straße (3. Änderung, 2005/2024) und An der Alitzheimer Straße (1. Änderung und Erweiterung, 2016), der die Baumaßnahme des Unternehmens Kanal Türpe umfasst.

Für den Bau des Norma-Logistikzentrums in Gerolzhofen, das im Vorjahr fertiggestellt wurde, ist eine Ausgleichsfläche mit 66 Hektar vorgeschrieben. Binnen zwei Jahren nach Baubeginn muss die Maßnahme erfolgt sein.
Foto: Stefan Pfister | Für den Bau des Norma-Logistikzentrums in Gerolzhofen, das im Vorjahr fertiggestellt wurde, ist eine Ausgleichsfläche mit 66 Hektar vorgeschrieben. Binnen zwei Jahren nach Baubeginn muss die Maßnahme erfolgt sein.

Schon einmal, im Mai 2022, waren die Öko-Flächen Thema - in einer Bürgerversammlung. Christoph Böhm hatte die fehlenden Flächen Am Nützelbach II und bei Kanal Türpe kritisiert. Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU) räumte damals ein, dass die Umsetzung nicht komplett sei, hatte jedoch Gründe dafür genannt. Unter anderem wollte die Stadt den Bau der Zufahrtsstraße zum neuen Baugebiet abwarten.

Weil die Keltenstraße aufgrund von Altlasten-Funden erst seit April erschlossen wird, verzögert sich der Abschluss der dortigen Ausgleichsflächen allerdings weiter. Dies teilte Wozniak auf Anfrage jetzt mit.

In seiner Antwort nennt er den Herbst als neuen Zeitpunkt für Anpflanzungen. Allgemein sei es "sinnvoll", angrenzende Ausgleichsflächen wie in diesem Fall nicht zeitgleich zu Baustellen anzulegen, da Schäden durch Baufahrzeuge und Baumaßnahmen drohten. 

Die acht Ausgleichsflächen im Bebauungsplan Am Nützelbach II, worin der Freizeitpark Süd einbezogen wurde, befinden sich an sechs Standorten. Realisiert wurden bislang drei Flächen (Bullenäcker, Freizeitpark Süd und nahe Kartbahn), die anderen erst teilweise.

Vielfältige Gründe für Verzögerungen

Für das Industriegebiet An der Mönchstockheimer Straße sind ebenfalls nicht alle Ausgleichsflächen umgesetzt; bedingt durch die mehrfache Änderung des schon 2005 erstellten Bebauungsplans, unter anderem durch den Schäflein-Neubau sowie die Umplanung des nördlichen Teils der Ringstraße.

Darauf verweist der Bürgermeister und informiert, dass die dritte Änderung bislang nicht in Kraft getreten ist. Diese hatte der Stadtrat vor einem Jahr verabschiedet. Laut Wozniak soll die Bepflanzung im Anschluss an die Baumaßnahmen erfolgen.

Von den fünf Flächen (auf vier Standorten) befinden sich zwei "An der Mönchstockheimer Straße". Eine davon, ein zehn Meter breiter Grünstreifen, ist fertig, der nördlich angrenzende Bereich befindet sich laut Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann in der Umsetzung. Angelegt wurden außerdem ein Regenrückhaltebecken westlich der Kläranlage sowie eine Streuobstwiese am Eichelmannsee südlich des Mahlholzes.

Eine Ausgleichsfläche, die weiter fehlt und zudem die größte ist (27.000 Quadratmetern), ist jene am "Schwarzacher Wegfeld". Warum hier bislang kein Vollzug vermeldet werden konnte, bleibt unklar. Die Fläche, darauf weist die Stadtbaumeisterin hin, liegt im Wasserschutzgebiet nahe der Wiebelsberger Quellen. 

Noch immer fehlen viele ökologische Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen in Gerolzhofen: Woran liegt das?

Nicht konkret zu diesem Fall, aber grundsätzlich äußert sich der Bürgermeister. "Neben baulichen Gründen gab und gibt es auch wieder zusätzlichen Abstimmungsbedarf mit Behörden und Firmen." Nicht zuletzt habe es auf Grundstücken langjährige Pachtverträge gegeben, die gekündigt werden mussten.

Bürgermeister: Mit Kanal Türpe im Dialog

Kritische Nachfragen gab es vor zwei Jahren bei der Bürgerversammlung zur Ausgleichsfläche im Zuge der Baumaßnahme von Kanal Türpe im Gebiet "An der Alitzheimer Straße". Nach Angaben des Stadtbauamtes wurde bislang nur ein Teil aus dem 2016er-Bebauungsplan realisiert, darunter im Gebiet Bullenäcker.

Die zurückgestellte Begrünung im nördlichen Bereich des Firmengrundstücks sollte "demnächst erfolgen", hieß es 2022. Auf Anfrage erklärt Wozniak, dass die Stadt zwar zuständig sei, auf dem Grundstück aber in Zusammenarbeit mit der Firma.

Die Umsetzung der Ausgleichsflächen ist, so ist aus seiner Antwort und ebenso aus der Aussage des Stadtbauamtes herauszulesen, offenbar von der Erweiterung der Firma abhängig. Man stehe seit Monaten im Dialog und rechne "voraussichtlich mit einem Bauantrag". Sinnvollerweise erfolge dann die Realisierung der Ausgleichsmaßnahmen, entweder zeitgleich oder im Anschluss.

Stadt erwartet keine negativen Folgen

Das Landesamt für Umwelt (LfU) verweist auf Anfrage auf die im Bundesnaturschutzgesetz festgelegte Vorgabe, dass Eingriffe in Natur und Landschaft in einer „angemessenen Frist auszugleichen oder zu ersetzen“ sind. Was angemessen ist, wird nicht genannt. Verstöße gegen Auflagen könnten als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, so ein Sprecher.

Die Stadt ist überzeugt, dass alles im rechtlichen Rahmen abläuft. "Negative Auswirkungen sind nicht zu erwarten", so der Bürgermeister. Selbstverständlich nehme man das Thema ernst. Bei anderen Bebauungsplänen seien die Ersatzflächen zeitnah angelegt worden. Und er verspricht: "Wir werden die jetzt noch fehlenden Ausgleichsmaßnahmen zeitnah realisieren."

Norma-Ausgleichsflächen werden bald realisiert

Schon in den nächsten Wochen sollen die Arbeiten für die Ausgleichsflächen für die Norma beginnen. Zwar sind die Pläne seit Anfang 2023 fertig. Danach habe es noch Abstimmungen mit Behörden gegeben, informiert Wozniak.

Auf 66 Hektar im Gebiet Bullenäcker sollen Ackerflächen in Feucht- und Frischwiesen umgewandelt werden sowie artenreiches Grünland und Ackerbrachen mit Blühflächen für die Feldlerche und das Rebhuhn entstehen. Zudem ist vorgesehen, die in diesem Bereich begradigte Volkach in westlicher Richtung zu renaturieren.

 
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Kommentare
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  • Thomas Schneider
    Es wäre sinnvoll, Ausgleichsmaßnahmen vor der Bebauung durchzuführen, denn wenn die Natur zugebaut ist sind die Lebensräume zerstört und die Tiere wandern ab. Sie kommen dann bestimmt nicht so schnell wieder zurück, sicherlich nicht, wenn erst nach mehr als 5 Jahren eine Ausgleichsfläche entsteht. Ich frage mich, wo da das Umweltamt ist? Kontrollieren die nicht die Umsetzung? Stadt Gerolzhofen ist da ein schlechtes Vorbild.
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