"Es ist ein anspruchsvolles Projekt", befand Baureferent Ralf Brettin im Stadtrat auf das Kulturforum bezogen, mit dem sich der Stadtrat seit mittlerweile vier Jahren beschäftigt. In der Tat, das ist es, doch nun scheint es, als hätte man bei diesem 2016 vom Oberbürgermeister und Brettin erstmals präsentierten Projekt endlich einen Weg in die Zukunft gefunden, mit dem alle Parteien sich identifizieren. Der Stadtrat jedenfalls genehmigte einstimmig die Pläne für das Kulturforum, die bisher durchaus umstritten waren.
Der Grund für diese neue Einigkeit liegt darin, dass die Verwaltung eine Kehrtwende vollzogen hat und sozusagen alles auf Null setzte. Die entscheidende Frage nämlich war ob all der Diskussionen über das Projekt in den Hintergrund gerückt: Was will die Stadt mit dem 13-Millionen-Euro-Projekt im Herzen der Innenstadt erreichen? Jetzt gab sie eine überzeugende Antwort: Es wird ein Kultur-Quadrat, mit dem Martin-Luther-Platz als Mittelpunkt und dem Neubau für das Kulturforum sowie der Sanierung des Alten Gymnasiums, des Stadtschreiberhauses und der Alten Reichsvogtei auf der einen Seite, der Einbindung des Gunnar-Wester-Hauses sowie der Nutzung des Leopoldina-Saales im Rückert-Bau auf der anderen Seite.
Der Baureferent stellte die neuen Pläne vor, die das Architekturbüro entwickelt hat. Im Kulturforum selbst wird es demnach keinen Veranstaltungssaal mehr geben. Das spart eine Million Euro Baukosten. Stattdessen sind nun ein großzügiges Foyer sowie ein großer Platz mit Bäumen möglich, der fast ebenerdig in den Martin-Luther-Platz übergeht.
Geprüft wird nun, was es braucht, den Leopoldina-Saal im Rückert-Bau, der gut 150 Personen Platz bietet, so zu sanieren, dass er für Veranstaltungen jeglicher Art nutzbar ist. Eine Generalsanierung des Rückert-Baus selbst ist zwar eine mittelfristige Option, aber noch nicht mal ansatzweise geplant. Ausführlich diskutiert wurde im Stadtrat in diesem Zusammenhang die Frage, was mit dem Stadtarchiv passiert.
- Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Oliver Schikora: Eine Zukunft für die Kultur
Dass dieses im Rückert-Bau bleiben kann, ist für Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) im Grunde gesetzt. Er geht auch davon aus, dass die notwendige Erweiterung problemlos möglich ist, wenn die vielen anderen Nutzer des Gebäudes wie die Wissenswerkstatt oder städtische Abteilungen einmal nicht mehr im Rückert-Bau sind. Die Wissenswerkstatt zum Beispiel soll in eines der Gebäude im Ehrenhof der Ledward-Kaserne in der Niederwerrner Straße ziehen. Aus Sicht Remelés ist dann auch genügend Platz für die Bibliothek des Museums Otto Schäfer, darüber muss aber noch diskutiert werden.
Die neuen Pläne für den Rückert-Bau werden insbesondere von der SPD positiv gesehen. Die Stadträte Julia Stürmer-Hawlitschek und Peter Hofmann hatten vor einigen Monaten den Antrag gestellt, das Stadtarchiv im Gebäude zu erweitern und vor allem ein archiv-pädagogisches Konzept zu erarbeiten. Das forderte nun auch wieder Peter Hofmann, der sicher ist, "dass wir Leben auf den Platz bringen, wenn ein museums-pädagogisches und ein archiv-pädagogisches Konzept Hand in Hand gehen."
Ralf Brettin erklärte die noch bestehenden Hürden. Die liegen unter anderem im baulichen Bereich, da die Stadt mit dem Nachbarn des für den Neubau des Kulturforums abzureißenden Hauses sprechen muss, wie man vorgeht. Das bestehende Gebäude, das teilweise auf städtischem Grund ist, und das Nachbarhaus teilen sich eine Wand. "Wir führen Gespräche und versuchen zu überzeugen", betonte der Baureferent, auch auf eine Frage von Adi Schön (Freie Wähler) hin, ob man das mögliche Problem monetär oder gerichtlich lösen wolle.
Die Verwaltung möchte nun bis Herbst 2021 die Baugenehmigung vorlegen. Mitte nächsten Jahres soll auch die konkrete Gestaltung des Stadtmuseums vorgestellt werden. Einen möglichen Baubeginn sieht der Baureferent im Frühjahr 2022, fertig sein will man Ende 2024. Die Eröffnung wäre dann im Frühjahr 2025.
Die Kosten inklusive Ausstattung des Museums belaufen sich auf geschätzt 13 Millionen Euro. Die Stadt erwartet aus verschiedenen Töpfen Zuschüsse, geht von einem Eigenanteil von 7,2 Millionen Euro aus.
SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann und CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler verwiesen auf die von der CSU angesprochene so genannte "Denkpause" für das Kulturforum im nächsten Jahr. Sie wünschten sich weitergehende Informationen und Entwürfe, was auch Sinan Öztürk (Linke) so sah. Einem Vorschlag von Rüdiger Köhler, das Baugenehmigungsverfahren erst zu beginnen, wenn die Entwurfsplanung vom Stadtrat genehmigt ist, wurde zugestimmt.
Grundsätzlich gab es viel Lob für die neuen Ideen. Für den OB ist die "Denkpause" keine "Tu-Pause", sprich: "Wir verstehen das als Auftrag, am Konzept und der Planung weiter zu arbeiten." Kulturforum-Leiterin Katharina Christ kündigte das vor allem für die Gestaltung des Stadtmuseums, das in die Alte Reichsvogtei kommt, "mit Vollgas" an.
Das Kulturforum solle "ein Ort der Begegnung, des Austausches und der Bildung werden, ein Treffpunkt für alle und das ohne Konsumzwang", so Christ. Erfreut ist sie auch über das bisher deutlich gewordene Interesse der Bevölkerung. Gut 200 Objekte bekam das Kulturforum aufgrund des Sammlungsaufrufes. Ein ganz Besonderes hatte Christ dabei: ein Symphonium mit einem sich drehenden kleinen Weihnachtsbaum auf dem Deckel. Es spielte "Alle Jahre wieder" und die besinnliche, frohgemute Weihnachtsstimmung passte gut zu den positiv bewerteten neuen Plänen.
Jetzt fehlt nur noch das Sahnehäubchen. Man könnte ins Kultur-Quadrat noch den Wiederaufbau des Roth'schen Hauses (Aufstockung aufs EG) einbeziehen. Die Stadt könnte bei der Brauerei Roth zu einer PPP anfragen. Unten blieb das Lokal und oben könnten benötigte Räume für Kultur hinzukommen. Im Kontext mit dem Kulturforum gäbe es sicherlich viele Zuschüsse und einen weiteren Input für die Obere Straße.
Das Kulturforum (mit Altem Gymnasium) würde dann von zwei großen Renaissance-Häusern eingerahmt: dem prägenden Stil der Reichsstadt & einstigem humanistischen Zentrum, i. Ggs. zum feudalen Barock der beiden Nachbarstädte...zwischen denen SW bisher zu sehr als Aschenputtel steht.
Als Pluspunkte für SW wird oft die Nähe zu BA & WÜ aufgeführt. Das muss sich ändern. Als nächstes könnte der Wiederaufbau des Obertores folgen-sicherlich wieder mit vielen Zuschüssen und Aufwertung v. Kornmarkt & Kneipenmeile.
Bei Gebäuden könnte die Stadt nachhaltiger investieren als bei der Gartenschau.
Die Teilrekonstruktion des Roth-Hauses wäre uneingeschränkt zu begrüßen. Ich fürchte nur dies wird eine Wunschvorstellung bleiben. Wahrscheinlich ist die Familie Roth längst nicht mehr Eigentümerin des Hauses und ein neuer Eigentümer hat sicher wesentlich weniger Interesse an einer Wiederherstellung. Unklar ist auch, ob die Dokumentation der Vorkriegsfassade für eine authentische Rekonstruktion ausreicht oder ob es gar noch Pläne gibt. Die Kosten wären sicher sehr hoch, auch wenn es Fördergelder geben müsste. Und zuletzt baut man in Schweinfurt doch lieber langweilige Klötzchen. Schweinfurt weiß schon, wo sein Platz ist: ein Zwischenstopp zwischen Bamberg und Würzburg.