
Es ist gerade mal fünf Jahre her, da dauerten die Haushaltsberatungen des Stadtrates mit der Schweinfurter Verwaltung mindestens drei Tage. Baureferent Ralf Brettin und Finanzreferentin Anna Barbara Keck bauten große Stellwände auf, auf denen zahlreiche Großprojekte zu sehen waren, über viele Jahre verteilt. Schweinfurt schwamm im Geld, die Rücklagen betrugen 2018 mehr als 110 Millionen Euro. Die Fraktionen und Gruppen hatten auch viele Ideen, wie man es ausgeben könnte. Damals waren bis zu 100 Anträge normal.
Doch die Zeiten haben sich fundamental geändert. Auch was die Anzahl der Anträge angeht, denn in diesem Jahr waren es nur noch 14. Ganz offensichtlich haben die Stadträtinnen und Stadträte die seit Monaten zu hörenden mahnenden Worte von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und Finanzreferentin Anna Barbara Keck vernommen. Mit nur 14 Anträgen war die Haushaltsberatung in Rekordzeit beendet: Am Dienstag um 10.44 Uhr morgens schickte der OB die Räte wieder nach Hause. Es war alles gesagt.
Nun heißt es Sparen und Konsolidieren. Die Lage der Stadt hat sich massiv verschlechtert: Corona-Pandemie, Energiekosten-Explosion bedingt durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Inflation haben in den vergangenen fünf Jahren dazu beigetragen, dass die Rücklagen Schweinfurts fast aufgebraucht sind. Viele Projekte, die 2018 mit Euphorie vorgetragen wurden – wie das Kulturforum am Martin-Luther-Platz oder die Landesgartenschau 2026 in der Ledward-Kaserne – sind entweder verschoben oder gescheitert.
Abhängigkeit Schweinfurts von der Gewerbesteuer stark ausgeprägt
Finanzreferentin und OB hatten zuvor den Weg skizziert, den die Stadt nun gehen muss, um ihre Finanzen zu konsolidieren. Und sich dabei sehr bemüht, kein Horrorszenario an die Wand zu malen, das mit Kürzungen von freiwilligen Leistungen im sozialen und kulturellen Bereich einhergeht und so das gesellschaftliche Leben in der Stadt massiv beeinflussen würde.
"Es ist kein Stillstand und es ist kein Kahlschlag", betont der OB. "Aber wir erkennen die Zeichen der Zeit und schauen nach Perspektiven." Die Ballung an großen Industrieunternehmen in Schweinfurt mit SKF, Schaeffler, ZF, Bosch Rexroth oder Fresenius Medical Care ist Segen und Fluch zugleich. Sie war ein Segen, als vor allem bei der Automobilzulieferindustrie die Gewinne sprudelten und dementsprechend die Gewerbesteuer-Einnahmen Schweinfurts hoch waren. Doch jetzt, in Zeiten der Transformation hin zur Elektromobilität, ist diese Abhängigkeit Teil des Problems.
Von Seiten der Industriebetriebe gibt es keine Gewerbesteuer mehr, vor allem der Mittelstand in der Stadt erwirtschaftet die nach wie vor rund 50 Millionen Euro. Um nicht über Gebühr zu belasten, soll der Hebesatz der Gewerbesteuer auch nicht angehoben werden, so Anna Barbara Keck. "Es wäre das falsche Signal, damit unseren Mittelstand jetzt zu belasten." Die sinkende Gewerbesteuer hat aber dazu geführt, dass die Stadt ein sogenanntes strukturelles Defizit hat. Sprich: Die Einnahmen im Verwaltungshaushalt reichen nicht aus, alle Ausgaben zu decken. Und deshalb muss sich dringend etwas tun, damit die Regierung von Unterfranken auch den Haushalt dauerhaft genehmigt.
Gemeinsame Diskussion mit dem Stadtrat über die Zukunft der städtischen Finanzen
Zum einen werden für die vielen Bauprojekte erst dann Kosten in den Haushalt eingestellt, wenn diese auch feststehen. Für Großprojekte wie Maxbrücken-Neubau oder Instandsetzung des Service-Betriebs gibt es in den nächsten Jahren zunächst nur Planungskosten. Keck betonte, das oberste Ziel sei, eine Haushaltssperre zu verhindern. Man habe Einsparpotenzial in allen Ämtern und wolle nun gemeinsam mit dem Stadtrat darüber sprechen, was man sich leisten möchte und was nicht.
Sie wolle durch diesen Prozess, der bis Sommer 2025 abgeschlossen sein soll, "in eine aktive Position kommen, um zu schauen, was wir für die Bürgerinnen und Bürger leisten können". Ihr, wie auch dem OB, war es ein Anliegen hervorzuheben, dass zumindest für den Haushalt 2025 keine flächendeckenden Kürzungen geplant sind: "Freiwillige Leistungen machen eine Stadt lebenswert. Das wissen wir."
Natürlich waren die Sorgen vor zu tiefen Einschnitten zum Beispiel bei der Kultur oder Sozialem bei den Stadträten in der Aussprache spürbar. "Bitte nicht im Sozialen die Standards absenken", erklärte SPD-Co-Fraktionssprecherin Marietta Eder, auch als Replik auf die Überlegung von CSU-Fraktionschef Stefan Funk, der mit Blick auf die schlechte Finanzlage der Kommunen in Bayern bemerkte: "Der Sozialstaat steht auf dem Prüfstand und kann nur mit Abschmelzung der Standards bestehen."
Im Grunde wird erstmal nur gesagt, dass die Stadt Geld sparen will. Das ist eine Folge der schlechten Haushaltslage, und keine Verbesserung.
Was aber nun zu einer Verbesserung der Perspektiven führen soll, d.h. mittel- bis langfristig wieder mehr Einnahmen, bleibt unklar.