
Okay, an manchen Stellen schaut es im Garten von Georg Hofmann nicht ganz so aufgeräumt aus. Auf den 2600 Quadratmetern am Ortsrand von Greßthal im Landkreis Schweinfurt fällt das nicht weiter auf. Rund um die Terrasse ist alles hübsch angelegt, in den Nischen tobt sich der Tüftler aus. Dort entstehen Ecken für Insekten, der Kompost darf drei Jahren modern. Und die Wiese wuchert, um später den Stoff für Hofmanns Spezialität zu liefern: für die Mulchwürste.
Was an Grün- und Schnittgut im Garten anfällt, bleibt im Garten
Denn das ist das zentrale Thema bei allem hier: Was bei den Hofmanns im Garten anfällt, bleibt im Garten. Das Schnittgut, und seien es noch so dicke Äste, fährt die Familie schon lange nicht mehr zum Kompostierwerk. Daraus entstehen Hecken, und geschnitten wird nur da, wo es sein muss. Die 70 Jahre alten Kirschbäume sind so hoch, dass man selbst mit einer langen Leiter nicht mehr an die obersten Früchte kommt. "Egal, was ich nicht erreiche, bekommen die Vögel", sagt Georg Hofmann.
Der 59-jährige Schlosser, der in der Schweinfurter Großindustrie tätig ist, bewirtschaftet den einst elterlichen Garten seit 2002. Mit den Jahren sei er "in meine Aufgabe hineingewachsen". Er lernte, ohne chemische Dünge- und Spritzmittel auszukommen, besuchte Seminare über Permakultur, die nachhaltige und naturnahe Bewirtschaftung in einem geschlossenen Kreislauf.
Wasser zu sparen, steht bei dem Gärtner ganz oben auf der Agenda: "Ich reagiere damit auf den Klimawandel, vermeide es, während Urlauben Nachbarn und Freunde mit Gießaufgaben zu belästigen und spare Zeit." Stolz deutet Hofmann auf die voll im Saft stehenden Johannisbeeren und Tomaten, die er trotz der extremen Trockenheit seit über einem Monat nicht gegossen hat. "Man kann Pflanzen daran gewöhnen, tiefer zu wurzeln."
Was rät der Greßthaler anderen Gärtnern? Was sind seine Tricks? Beim Rundgang gibt Georg Hofmann ein paar Tipps.
1. Die Benjeshecke: Eine Heimat für Insekten und Vögel

Den groben Baum- und Strauchschnitt zur nächstgelegenen Kompostieranlage zu fahren - das kostet Zeit, Energie und Geld. "Muss nicht sein", sagt Georg Hofmann. Er hat an mehreren Flanken des Gartens Benjeshecken errichtet. In Abständen von 80 Zentimetern hat er dicke, gerade Triebe (zum Beispiel Haselnuss) so in die Erde getrieben, dass sie zwei Meter in die Höhe ragen – etwa 30 Zentimeter vor der Umzäunung.
In den Zwischenraum wird Baum- und Strauchschnitt geschichtet, "ohne ihn mit Gewalt zu verdichten". Das Material setzt sich in einem halben Jahr rund um die Hälfte, so dass immer wieder nachgelegt werden kann. Mehrwert: Das Totholz bietet Vögeln, Kleinsäugern und Insekten Lebensraum. Und Gehölze können hier aussamen und dann eine natürliche Hecke bilden.
2. Die Kompost-Mieten: Zeit zu reifen

Der Komposthaufen ist der Klassiker. Hofmann hat vier davon für einen Vier-Jahres-Zyklus: Einer wird aktuell befüllt, in den anderen drei erhält der Gartenabfall die nötige Reife, um zu verschiedenen Erden verarbeitet werden zu können. Die Abfälle der Hofmanns landen weder auf schlichten Haufen, noch auf den handelsüblichen Schnell-Kompostierern.
Der Greßthaler baut sich quadratische, bis zu eineinhalb Meter hohe Holzgestelle. Beim Befüllen kann immer eine Schicht aus unbehandelten, rohen Brettern einzeln hinzugefügt werden kann - und beim Entnehmen wieder entfernt. "Rückgratgerecht", sagt Hofmann. Auf dem Kompost darf alles außer tierischem Abfall landen: Rasenschnitt, Obstabfälle und auch Wildkräuter. Der lange Reifeprozess verhindere deren Verbreitung, sagt der Gärtner.
3. Die selbstgebaute Sieb-Maschine: Für feine Pflanzenerde

Es schaut aus wie eine Mörtelmaschine mit einer Waschtrommel – und ist es auch. Hofmann hat sich einen gebrauchten Betonmischer gekauft, eine ausrangierte Trommel aufmontiert – fertig, für maximal 100 Euro. "Wenn man sieht, was gute Erde kostet, hat sich das schnell amortisiert." Die Sieblöcher sollten 8 bis 12 Millimeter messen, es eignet sich auch ein rundgebogenes Lochblech. In die Trommel schaufelt der Gärtner den dreijährigen Kompost und siebt größere Teile aus, die auf den neuen Komposthaufen wandern.
Nun beginnt die Aufbereitung von Anzucht- und Pflanzerde. Anzuchterde ist gesiebter Laub- und Rasenkompost mit normalem Kompost im Verhältnis 4:1 gemischt, dazu Holzfasern, die Wasser speichern. Pflanzerde ist ein Erde-Kompost-Gemisch, mit Sand versetzt für bessere Durchlässigkeit. Die Lagerung in Fässern hilft, Plastik-Verpackung zu sparen. Auch Balkon-Gärtnerinnen und -Gärtner können Erde herstellen, sagt Hofmann. Statt der Mörtelmaschine reicht bei kleinen Kompost-Mengen ein Sieb.
4. Die Mulchwürste: Der Geheimtipp um viel Wasser zu sparen

Satt grün sollte die Wiese dastehen und mindestens 30 Zentimeter hoch – dann ist sie reif für den Schnitt. Daraus dreht Georg Hofmann seine Spezialität: Mulchwürste. Versetzt bis zu einer Gesamtlänge von einem Meter zwirbelt er einen zehn bis zwölf Zentimeter dicken Strang, Wildkräuter müssen nicht aussortiert werden: "Durch das Drehen fallen die meisten Samen heraus", sagt der Gärtner. "Was in der Wurst bleibt und später Bodenkontakt bekommt, hat kaum eine Chance, durch das dichte Geflecht zu wachsen."
Die "Würste" werden längs, in Schlangenlinien oder ringförmig um die Pflanzen angedrückt, Lücken mit herkömmlichem Rasenschnitt befüllt. Der Wasserverbrauch sinke drastisch. Und wenn es mal stark regnet "patschen die Dinger nicht zusammen wie loser Rasen-Mulch". Hübscher Nebeneffekt: Die alten Würste können als nährstoffreiche Grundlage liegen bleiben.
5. Das Hügelbeet: Ohne Rahmen, dafür mit reicher Gemüseernte

Den Boden spatentief ausheben, grobes Holz einlegen, Baumschnitt und anschließend feines Geäst obendrauf, abschließen mit Erde – fertig ist das Hügelbeet. Im Unterschied zum klassischen Hochbeet fehlt der hölzerne oder gemauerte Rahmen. Kleiner Nachteil für alle mit Rückenproblemen: Man muss sich bücken. Vorteil für alle anderen: Bei der alle zwei, drei Jahre fälligen Neuanlage lässt sich der natürlichere Boden leichter öffnen für neuen Schnitt. Der darf dann wieder unter dem Druck der Erde verrotten und das Wachstum der Gemüsepflanzen ankurbelt.
Wichtig sei, so Hofmann, ein regelmäßiger Wechsel der Bepflanzung: "Im ersten Jahr Starkzehrer wie Zucchini oder Kürbis, im zweiten beispielsweise Kohlrabi oder Tomaten, im dritten Salate." Der Hügel sollte mit Rasenschnitt abdeckt werden. Letztlich ist, anders als beim Hochbeet, kein gartenfremdes Element verbaut worden.
6. Die Klopapierrolle: Ansaat ohne Pikieren

Zugegeben, es ist eine kleinteilige Arbeit. Die Hofmanns säen nicht in Töpfen an, um nach dem ersten, zarten Wachstum die Keimlinge zu pikieren und auf einzelne Pflanzgefäße zu verteilen. Sie geben jeweils nur ein Samenkorn in ausrangierte Klopapierrollen. Die werden entweder komplett verwendet oder zu kleinen Kästchen gefaltet. Tomaten, Paprika, Peperoni, Salat, Wirsing oder Gurken - aber auch Blumen.
Die kleinen Pappgefäße werden in eine Schale oder Wanne gestellt und mit Wasser besprüht, bis sie sich vollsaugen. Vorteil und Zeitersparnis: Sind die Pflänzchen rund zwei Zentimeter groß, müssen die Kartönchen nur aufgerissen werden und alles wird komplett eingetopft. Das minimiert das Risiko, die zarten Wurzeln zu verletzen.
7. Die Saatgut-Box in Greßtal: Pflanzenvermehrung für den ganzen Ort

Öfter mal was Neues? Die eigenen Tomaten oder Peperoni im Frühjahr aus selbst gewonnenem Saatgut zu ziehen, reicht den Hofmanns nicht - wie etlichen Greßthaler Hobby-Gärtnerinnen und Gärtnern. Im Ort steht deshalb eine Saatgut-Box, zentral, beim Bäcker. Darin finden sich, sorgfältig beschriftet, Samen aller möglicher Gemüse-, Obst- und Zierpflanzen. Alle Teilnehmenden falten, so will's die Gemeinschaft, nach einem bestimmten Schema möglichst buntes Papier zu Briefchen. In die werden die samenfeste Sorten gefüllt, keine Hybrid-Samen wie sie der herkömmliche Handel anbietet. Der Unterschied: Die Hybriden sind auf "gute" Eigenschaften gezüchtet und liefern nach zwei Jahren meist weniger Ertrag. Die Samenfesten bieten Jahr für Jahr beständig Quantität und Qualität.
Am Anfang sollte deswegen der Einkauf beim spezialisierten Stauden-Gärtner stehen, ehe das Saatgut in einen funktionierenden Kreislauf kommt, empfiehlt Georg Hofmann. "Inzwischen haben wir für Neuigkeiten eine Whats-App-Gruppe", sagt er über die Greßthaler Gärtnerschar. Man habe mit diesem System, das den fortwährenden Kauf fertiger Pflanzen in Plastiktöpfen eindämmt, "das Bewusstsein für die Vermehrung von Pflanzen schaffen wollen".