
Großräumige Kiesbeete und viel Pflaster sind keine gute Idee. Auch der Mähroboter, der jedes Gänseblümchen vor dem Blühen stutzt, sei keine sinnvolle Anschaffung für Hobbygärtner, sagt Gartenbauingenieurin Marianne Scheu-Helgert. Zumindest nicht für Hobbygärtner, denen die Vielfalt von Insekten und Vögeln am Herzen liegt. In den vergangenen zwei Wochen ist viel diskutiert worden, was jedermann für mehr Artenschutz tun kann und wie Garten- und Balkonbesitzer Tieren helfen. Fest steht: jede Menge. Gerade jetzt im Frühjahr, zu Beginn der neuen Gartensaison, lassen sich die Weichen für mehr Artenreichtum im Garten und den Schutz der Bienen, Insekten und Kleintiere stellen. Marianne Scheu-Helgert von der Bayerischen Gartenakademie in Veitshöchheim hat Empfehlungen, wie der Garten bienenfreundlich wird.
Tipp 1: Stauden zum Rasen
Wer wirklich regelmäßig eine Schar Enkel zu Besuch oder mehrere Kinder hat, die leidenschaftlich gerne kicken, der tut natürlich gut daran, ein Stück Rasen in seinem Garten zu haben. Allen anderen rät Gartenexpertin Marianne Scheu-Helgert statt Rasen ein gut durchmischtes Staudenbeet anzulegen oder eine Wiese. „Das macht auch nicht mehr Arbeit.“
Tipp2: Saatgut ohne Gräser
Wer gerne eine Blumenwiese möchte, um Insekten zu fördern, sollte beim Kauf des Saatguts genau auf den Inhalt achten: „Entscheidend sind die Beimischungen.“ Damit sich der Kunde möglichst schnell über eine bunte Wiese freuen kann, würden Saatangeboten oft viele einjährige Ackerblumen beigegeben. Mohn beispielsweise. „Das ist aber nicht zielführend.“ Gut sei es beispielsweise, wenn vor allem Margeriten, Acker-Witwenblumen, Hornklee und Lichtnelken vorkommen. „Die beste Mischung ist eine ganz ohne Gräser“, sagt die Gartenbauingenieurin der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG).
Der Boden sollte vor dem Aussäen von Unkraut befreit und gelockert werden. „Das Saatgut am besten Ende März bis Ende Mai oder auch im September ausbringen. Es reichen fünf bis zehn Gramm Saatgut je Quadratmeter.“ Die Samen nur einige Millimeter tief einrechen und mit einer Rasenwalze oder mit einem Brett gut anklopfen. Die Fläche müsse dann feucht gehalten werden. Anschließend sei weder Dünger noch Spritzmittel nötig. Ein- bis zweimal im Jahr müsse die Wiese gemäht werden – entweder mit einer Sense oder einem sehr hoch gestellten Rasenmäher.
Tipp 3: Auf die Mischung kommt es an
Ein Staudenbeet ist eine tolle Sache für Insekten. Scheu-Helgert rät allerdings gerade Einsteigern zu einer Beratung in einer gut sortierten Staudengärtnerei. Denn das Staudenbeet sollte so geplant und angelegt werden, dass zum einen ganzjährig etwas blüht und zum anderen, dass die Pflanzen, die gerade verblühen, nicht sofort in den Blick geraten. Mit durchdachten Staudenmischungen kein Problem. Zu den Stauden, die bei Insekten besonders beliebt sind, gehören unter anderen: Wiesenschafgarbe, Fetthenne sowie verschiedene Asternarten, Halbsträucher wie Lavendel, Ysop, Blauraute und Bartfaden. Wichtig ist natürlich auch der Schmetterlingsstrauch, von vielen Sommerflieder genannt.
Wohl dem, der im Herbst schon ans Frühjahr gedacht hat und viele Zwiebeln für Frühblüher ins Beet, in den Rasen oder den Balkonkasten gesteckt hat: Zwei bis drei verschiedene früh blühende Wildkrokusse bieten für Wildbienen eine wichtige Nahrungsquelle. Neben den Krokussen zählen auch Blausternchen, Kegelblume, Stern- und Traubenhyazinthe zu den Bienenfreunden.
Tipp 4: Keine gefüllten Blüten
Ganz wichtig: „Wer Nahrung für Insekten bieten möchte, sollte stets zu ungefüllten Sorten oder zumindest zu halb gefüllten greifen“, rät Scheu-Helgert. Denn bei diesen Sorten ist der Weg zum Nektarsammeln frei und nicht durch einen zu dichten Blütenblätterstand verstellt. Das gelte für Rosen ebenso wie etwa für Dahlien, Ringelblumen, Schmuckkörbchen und Zinnien. „Gefüllte Sorten bieten keine Nahrung.“ Besondere Leckerbissen für Vögel halten Wildrosen mit ihren Früchten, den Hagebutten, bereit. Auch Sonnenblumen-Freunde sollten beim Kauf der Sorte genau auf die Rückseite der Samentüte schauen: „Mindestens die Hälfte unserer Schnittsorten sind mittlerweile pollenlos“, warnt Scheu-Helgert.
Tipp 5: Obstbäume und Beeren bieten
Nicht nur auf die Wiese kommt es an. „Obstgehölze sind wichtig für die Tiere“, betont Scheu-Helgert und ergänzt: Wer etwa Himbeer- oder Brombeersträucher pflanzt, schafft absolute Insektenmagneten, da die Blüten wertvolle Nahrung sind. Nicht zu unterschätzen sind natürlich auch die Blüten von Kirsch- oder Apfelbäumen.
Tipp 6: Kräuter blühen lassen
Mit Kräutern können Garten- und Balkonbesitzer gleich doppelt punkten: Sie tun sich selbst und den Tieren etwas Gutes. Für Scheu-Helgert gehören beispielsweise zwei, drei Büsche Zitronenmelisse in jeden Garten. Auch die echte Pfefferminze oder die marokkanische seien ideal. Nur Vorsicht: Die echte Pfefferminze neigt zu wuchern. Geerntet werde immer, bevor sich Blüten bilden. Und für die Insekten sollten etliche Stängel mit Blüten stehen gelassen werden. „Eine ganz wichtige Pflanze in diesem Zusammenhang ist der Salbei. Wo etwa Muskateller-Salbei wächst, ist die Blauschwarze Holzbiene nicht weit.“ Aber auch Schnittlauch, Thymian, Petersilie, Liebstöckel, Dill und – nicht vergessen – Fenchel gehören zu einer gut sortierten Kräutersammlung. Gerade Dill werde von kleinen Schlupfwespen und kleinen Wildbienen geliebt.
Tipp 7: Der Trick mit dem Lauch
Ein besonderer Pflanztipp: Wer Ende März/Anfang April ein paar Lauchstangen kauft – nicht die allerdicksten wählen und darauf achten, dass noch ein guter Ansatz weißer Wurzeln vorhanden ist –, kann den Lauch so tief einpflanzen, dass der weiße Schaft ganz in der Erde ist. Nicht zu feucht halten, da ansonsten Fäulnisgefahr besteht. Aus dem Lauch wachsen im Sommer dann Blütenkugeln, die von verschiedenen Maskenbienen und Tagfaltern angeflogen werden. „Man kann natürlich auch gleich zu Zwiebeln von verschiedenen Zierlaucharten greifen, die es jetzt zu kaufen gibt, die sind schöner“, sagt Scheu-Helgert.
Tipp 8: Wasser anbieten
Ein Teich oder auch ein kleiner Tümpel ist als Trinkgelegenheit für Tiere wichtig. Doch Vorsicht: Gerade kleine oder eingegrabene Wasserbehälter sollten unbedingt einen Rand haben. „Ohne Rand werden sie schnell zu tödlichen Fallen etwa für kleine Vögel, immer seltener werdende Laufkäfer oder Mäuse, die nicht mehr aus den Wasserstellen herauskommen.“ Überhängende Pflanzen oder eingelegte, längere Brettchen können auch Ausstiegshilfen sein.
Tipp 9: Mal was liegen und stehen lassen
Der Typ „ordnungsliebende Schwabe“, sagt Scheu-Helgert, sie oft der größte Feind eines naturnahen Gartens. Denn viele tun sich unglaublich schwer, etwas „Unordnung“ in ihrem Garten zuzulassen. Dabei tut ein allzu sauberer und ordentlicher Garten der Natur nicht gut. Gerade im Herbst ist daher weniger aufräumen die Devise. So sollte beispielsweise zwischen und auf den Stauden nicht alles Laub beseitigt werden, weil es Tieren Lebensraum bietet. „Das heißt nicht, dass eine hohe Laubschicht sein muss“, sagt Scheu-Helgert und erklärt, dass bei zu viel Laub manche Stauden auch ersticken könnten. Ihr Tipp: Etwa fünf Zentimeter zwischen den Stauden wären gut, damit Insekten überwintern können. „Hinzu kommt, dass Tiere aus der Erde, etwa der Regenwurm, das Laub verarbeiten.“ Auch wer jeden Stängel von abgeblühten Stauden und anderen samentragenden Pflanzen kappt, nimmt Insekten Lebensraum, weil viele gerade dort überwintern. Darüber hinaus sollte etwas Fallobst liegen gelassen werden.
Tipp 10: Nicht zu viel Exotik
Pflanzen aus der Region sind fürs naturnahe Gärtnern wichtig. Mit vielen exotischen Blumen können heimische Insekten nichts anfgangen. Mit dem Klimawandel haben sich nach Ansicht von Scheu-Helgert hier aber die Regeln gelockert. Mancher Wissenschaftler ist schon überzeugt, dass die eine oder andere Baumart, die heute beispielsweise in Barcelona wächst, schon bald in Bayern heimisch sein wird. Sogar für Naturgärten gelte: Etwa 30 Prozent der Pflanzen, Sträucher und Bäume dürften auch nicht regional sein.
Tipp 11: Insekten mögen auch Friedhöfe
Und noch ein Tipp: Auch Friedhöfe sind wichtige Grünflächen. Warum nicht auch bei der Grabbepflanzung auf Sorten achten, die von Vögeln und Insekten bevorzugt werden – etwa Zweizahn oder Tagetes. Übrigens: Wer im Herbst jedes Blättchen wegzupft oder gleich ein Netz übers Grab spannt, nimmt den Tieren Nahrung und Wohnraum. „Laub sollte für den Biogärtner kein Feindbild sein“, sagt Scheu-Helgert und rät zu mehr Gelassenheit.
Infos: Die Bayerische Gartenakademie hat auf ihrer Homepage www.lwg.bayern.de weitere Tipps für Hobbygärtner.
Da wundert es den Leser nicht, dass wir so wenige Insekten, Vögel und Kleinsäuger in unserer Umgebung haben. Warum werden solche "Steinwüsten" nicht durch Bebauungspläne ausnahmslos untersagt? In diesen kommunalen Satzungen wird doch in aller Regel sonst alles Mögliche angesprochen.
Leider ist es "Main-Stream" geworden, solche Gärten anzulegen...