
Eigentlich hatten wir als abgebrühte Journalistinnen und Journalisten gedacht, dass uns nichts mehr überraschend kann. Doch selbst wenn man viele Jahre über das Leben in einer Stadt wie Schweinfurt und die vielen Volten in der örtlichen Politik berichtet, schafft es die Stadtgesellschaft immer wieder, noch eins draufzusetzen.
Aber was soll man sagen, wenn es um das Thema Essen geht, sind die Schweinfurter natürlich sofort am Start. Und zwar nicht nur, wenn auf Sozialen Medien wieder einmal die Öffnungszeiten des Biergartens Schießhaus diskutiert werden oder die Frage gestellt wird, wo genau im Steigerwald die Restaurants beheimatet sind, bei denen die Schnitzel deutlich größer als die Teller sind, der Preis aber unschlagbar günstig.
So war es im Grunde also erwartbar, dass die Eröffnung des "Haus des Döners" im Hafen am Dienstag die Menschen interessieren dürfte. Schließlich lautete das Angebot, in den ersten paar Stunden einen Döner für einen Cent zu bekommen. Um den Kritikern gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen, geben wir gerne zu, dass auch für uns der Gang zum Dönerhaus unseres Vertrauens in der Innenstadt für die Mittagspause eine Option ist, die häufiger genutzt wird.
Dennoch: Absperrbänder entlang der Straße, Security an der Straße und am Eingang des Gebäudes, Polizeifahrzeuge und vor allem mehrere hundert Menschen, die teils mehr als drei Stunden (!) anstanden, nur damit sie die ersten waren, die einen 1-Cent-Döner abholten?
Die Welt hat sich doch ziemlich verändert, konstatieren wir. Oder doch nicht? Die Älteren erinnern sich an die 1990er-Jahre, als es beim Aldi zum ersten Mal Computer oder Fernseher gab und die Menschen teilweise vor den Geschäften übernachteten, damit sie bei Ladenöffnung um 7 Uhr morgens auch ganz bestimmt nicht leer ausgingen. Dass es den Computer auch eine Woche später noch zum gleichen Preis geben würde, spielte da keine Rolle.
Natürlich sei auch an den Boom mit Apples erstem iPhone im November 2007 in Deutschland erinnert, da gab es ähnliche Szenen vor den Apple-Stores. Dass das Wunder-Telefon auch noch richtig Kohle kostete und weit weg vom 1-Cent-Döner war, spielte keine Rolle.
Jetzt könnte man mit einer echt steilen These punkten, in Anlehnung an eine seit längerem gerne geführte Diskussion über die vorgeblich so schlechte Arbeitsmoral und faule Jugend in einem Land, das trotz dreieinhalb Jahren Ampel-Regierung noch nie in seiner Geschichte so viele sozialversicherungspflichtige Jobs hatte, wie heute: Würden sich alle so in ihrem sozialen wie Arbeitsumfeld engagieren wie beim Anstellen für den 1-Cent-Döner, was wäre das für eine blühende Stadt? Oder gilt in Schweinfurt wie überall in Deutschland halt einfach nur der altbewährte Slogan: "Geiz ist geil"?