
Es war mit gut 15 Minuten wahrscheinlich eine der kürzesten Reden bei Neujahrsempfängen der Stadt Schweinfurt in den vergangenen Jahren. Doch es war auch eine mit klaren, deutlich konservativen Botschaften von Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU), die zwar mit Applaus bedacht wurde, aber auch für Stirnrunzeln sorgte.
Angesichts der für den 23. Februar terminierten Bundestagswahl erklärte Sebastian Remelé: "Der Zustand unseres Landes ist alarmierend, die Probleme türmen sich, der Weg zur Gesundung wird steinig und lang." Er verwies, gleichwohl ohne das in den vergangenen Jahren in Bayern übliche Ampel-Bashing, auf drei Entwicklungen, die er als "Fehlentscheidungen" bezeichnete.
Zum einen erklärte Remelé, aus seiner Sicht "funktioniert die Energiewende nicht". Den Ausstieg aus der Atomkraft, beschlossen von der schwarz-gelben Bundesregierung unter Führung der CDU-Kanzlerin Angela Merkel im Jahr 2011 nach der Fukushima-Katastrophe, bezeichnete Remelé als "überstürzt und von 'German Angst' getrieben." Der Ausbau der Windkraft verlaufe nur stockend und der Zubau größerer Solaranlagen stoße wegen fehlender Leitungen von Norden nach Süden an seine Grenzen. Aus seiner Wahrnehmung "ist das versprochene 'grüne Wirtschaftswunder' ausgeblieben", so der OB.
Sozialausgaben wachsen Bund, Ländern und Kommunen über den Kopf
Den Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Hartmut Berghoff, aus einem Interview mit der konservativen Tageszeitung FAZ zitierend, bezeichnete der OB den Sozialstaat "als gefräßiges Monster, dessen Appetit ständig wächst." Die Sozialausgaben auf Bundesebene betrügen schon rund die Hälfte des gesamten Haushaltes. Der "aufgeblähte Sozialstaat", so Remelé, "ist schon bald aus demografischen Gründen nicht mehr finanzierbar." Gerade der Mangel an Fach- wie Arbeitskräften behindere das Wachstum der Unternehmen massiv.
"Ebenso monströs wie der Sozialstaat ist der öffentliche Dienst expandiert", konstatierte Remelé weiter. Alleine in den Bundesministerien stieg in den vergangenen zehn Jahren (sieben unter Kanzlerin Merkel, drei unter Kanzler Scholz) die Zahl der Planstellen um 47 Prozent. Schon mehrfach hatte Remelé auch zu anderen Gelegenheiten überbordende Bürokratie und zu viele Gesetze und Vorschriften kritisiert, die kommunale Verwaltungen umsetzen müssen. So auch beim Neujahrsempfang, denn "die aus den Nähten platzenden Ministerien produzieren immer mehr Gesetze und Verordnungen, die das Leben der Bürger verkomplizieren."
Beteiligt daran sei nicht nur der Bundestag, sondern auch die EU und das Länderparlament in München, weswegen der OB eine Art "Verschnaufpause beim Erlass von Gesetzen" durch Parlamentarier forderte. Gleichwohl lägen die Ursachen für den "Bürokratisierungswahn" woanders, nämlich auch in einer steigenden Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger an den Staat, so der OB mit Verweis auf die Leiterin des Ifo-Forschungszentrums für soziale Marktwirtschaft, Sarah Necker.
Für Sebastian Remelé ist klar, dass für den Weg aus der von ihm festgestellten strukturellen Misere in Deutschland "wir alle gefordert sind". Er plädierte dafür, sich ein Beispiel an der Großelterngeneration zu nehmen, die Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und dem nationalsozialistischen Terrorregime innerhalb einer Generation wieder aufgebaut habe und für das Wirtschaftswunder der 1960er-Jahre verantwortlich sei. "Mitverantwortlich war eine bewundernswerte Leistungsbereitschaft, ein positives Verhältnis zu Arbeit, Fleiß, Pünktlichkeit, Bescheidenheit in eigenen Ansprüchen, Eigenverantwortlichkeit und Mut zur Veränderung", so Remelé.

Von der nächsten Bundesregierung ab Ende Februar forderte er Mut für "harte und unpopuläre Reformen", für "hohle Phrasen, leere Versprechungen und politische Kosmetik" sei kein Raum mehr.
Optimismus bezüglich der Entwicklung der Stadt Schweinfurt
Sebastian Remelé behandelte in seiner Rede nicht nur die großen Linien der Politik, sondern ging auch auf die Entwicklung in Schweinfurt ein, die sich gerade im vergangenen Jahr trotz aller Herausforderungen als positiv darstelle.
Durch den Kauf der Schießanlage am Haardtberg habe die Stadt nun alle bis 2014 von der US-Armee genutzten Flächen in ihrem Besitz. Das Leitmotiv "Wohnen, Wissen, Wirtschaft" werde vor allem in der Ledward-Kaserne, in Bellevue und am Kessler Field vorbildlich umgesetzt. Froh ist Remelé auch, dass der Kauf der Conn Barracks als große Entwicklungsfläche für Industrie und Handwerk in den kommenden sechs Monaten vonstatten gehen soll.
Auf zwei Besonderheiten ging er auch ein: Die Sanierung des Theaters verläuft nicht nur planmäßig, sondern der Kostenrahmen werde eingehalten. Keineswegs eine Selbstverständlichkeit, wenn man auf andere vergleichbare Sanierungsprojekte in der Region schaue. Lob gab es auch für das Leopoldina-Krankenhaus, das angesichts der Unsicherheiten über die Zukunft des Krankenhauses St. Josef "der Stabilitätsanker der Region Schweinfurt" in Sachen Gesundheitsvorsorge sei.
da hat er Recht, der Herr OB.
Was er nicht erwähnt, ist die Tatsache, dass der Atomausstieg schon vorher vertraglich festgelegt war und der Vertrag ohne Not gekündigt wurde, um dann nur wenige Monate später - "es koste was es wolle" - eine weitere radikale Kehrtwendung hinzulegen, als sich - einmal mehr - herausstellte, dass die Sorge um das mit der Kernenergienutzung verbundene Risiko berechtigt ist.
Dass man so keine seriöse Politik machen kann, dürfte einleuchten.
Das konservative Lager beschwert sich ja gern, dass Rot-Grün nicht mit Geld umgehen kann. Was dagegen solcher Blödsinn kostet (wie z. B. auch der Maut-Einführungs-Vertrag, als noch gar nicht feststand, ob das so überhaupt geht), davon redet dort niemand.
Auch nicht Markus Söder, obwohl er 2011 doch die Speerspitze des Atomausstiegs geben wollte. Für wie kurz halten die eigentlich unser Gedächtnis?!
Ob da Speisen gereicht wurden...? Sieht für mich nicht so aus, wohl maximal Gebäck. Sie erinnern sich vielleicht daran, als es im Jahre 2003 noch im Konferenzzentrum auf der Maininsel in größerem Rahmen und tatsächlich "mit Speisen", also einem warmen Essen, stattfand.
Im Gegenteil… es gab Vorspeisen, warme Hauptspeisen, gute Weine und Nachtisch mit Kaffee… und ja, da könnte man sparen! Aber ehrlich gesagt - es gibt Handlungsbedarf bei wichtigeren Themen.
Ach muss das schön sein, wenn die Weltsicht so monokausal gestrickt ist...
Schweinfurt schafft sich ab!
Warum wird denn keine Bürgerbeteiligung beim Ausbau der Wind- und Photovoltaik über die Stadtwerke angeboten um Geschwindigkeit aufzunehmen?
Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden sind eine Seltenheit.
Balkonkraftwerke sind bei der SWG nicht gerne gesehen, außer sie sind nicht sichtbar von außen. Die Förderung durch die Stadt wurde jetzt auch eingestellt zugunsten der Fernwärme. Diese läuft noch mit Importkohle, Klärschlamm und zukünftig mit Holzpellets. Die hochgiftigen Filterrückstände aus dem GWS werden in Thüringen in Salzstöcke eingelagert.
Also auch nicht gerade Umweltfreundlich.
Die Energiewende ausbremsen, von einer Renaissance der Atomkraft träumen - Zurück ins letzte Jahrtausend. - Vielen Dank CSU
Also bedanken Sie sich doch bitte bei dem dafür, dass die Leitung bis heute nicht fertig ist.
Was die Energiewende anbelangt, so dürfte er übersehen haben, dass der MP Söder höchtselbst gesagt hat, dass Bayern bei der Energie vorne liegt. Das würde er doch nicht gesagt haben, wenn es in Bayern nicht funktionieren würde, oder?
zu den Sozialausgaben: Deutschland hat weltweit die meisten Parlamentarier, hier ist ein enormes Einsparpotential vorhanden.