zurück
Schweinfurt
Freistaat widerspricht Erlöserschwestern bei St. Josef: "Über Fördermittelrückzahlung wurde nie gesprochen"
Das bayerische Gesundheitsministerium fordert die Kongregation auf, beim Schweinfurter Krankenhaus für klare Verhältnisse zu sorgen. Und es weist Behauptungen zurück.
Nach der Kehrtwende der Erlöserschwestern ist die Situation um den Fortbestand des St. Josef-Krankenhauses in Schweinfurt noch größer und unplanbarer geworden.
Foto: Anand Anders | Nach der Kehrtwende der Erlöserschwestern ist die Situation um den Fortbestand des St. Josef-Krankenhauses in Schweinfurt noch größer und unplanbarer geworden.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 02.10.2024 02:46 Uhr

Das St. Josef Krankenhaus in Schweinfurt wird nicht geschlossen: Nach der Freude über diese Nachricht bekommen die Würzburger Erlöserschwestern nun scharfen Widerspruch aus München. Zur Begründung ihrer überraschenden Kehrtwende hatte die Kongregation die hohen Schließungskosten von 30 Millionen Euro angeführt – und auf Fördermittelrückzahlungen an den Freistaat verwiesen, mit denen man nicht gerechnet habe.

Eine Sprecherin des Ministeriums sagt auf Nachfrage: "Fakt ist, dass bei all unseren Gesprächen – auch vor Ort – über konkrete Rückzahlungen von Fördermitteln zu keiner Zeit gesprochen wurde."

Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) hatte sich nach Bekanntgabe der Schließungspläne im Juli um eine Lösung für die Krankenhausversorgung der Region bemüht und bei einem Termin im Schweinfurter Rathaus Gespräche mit Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU), der Generaloberin Schwester Monika Edinger sowie den Geschäftsführungen von St. Josef und dem städtischen Leopoldina-Krankenhaus geführt.

Geschäftsführer der Kongregation: Nötige Rückzahlungen von zwölf Millionen Euro befürchtet

"Das stimmt", räumt Martin Stapper, der Geschäftsführer der Kongregation, jetzt ein. "Der Rechtslage nach mussten wir aber davon ausgehen, dass die Fördermittel zurückgezahlt werden müssen." Dies hätten Erfahrungswerte und auch die Rücksprache mit anderen Kliniken gelehrt. Laut Stapper geht es um eine Summe von zwölf Millionen Euro, auf die das Land Bayern einen potenziellen Anspruch hat.

Nach der Kehrtwende hagelt es Kritik am Vorgehen der Erlöserschwestern: Geschäftsführer Martin Stapper und die von Generaloberin Schwester Monika Edinger beim Pressegespräch an diesem Mittwoch.
Foto: Marcel Dinkel | Nach der Kehrtwende hagelt es Kritik am Vorgehen der Erlöserschwestern: Geschäftsführer Martin Stapper und die von Generaloberin Schwester Monika Edinger beim Pressegespräch an diesem Mittwoch.

Die Sprecherin des Gesundheitsministeriums sagt, man habe gegenüber der Kongregation immer verdeutlicht, in Sachen Fördermittel mit dem Finanzministerium eine Lösung zu finden. Die müsse "natürlich von der Nachfolgenutzung der geförderten Immobilie abhängen". Stapper hält dagegen, dass dieses Entgegenkommen erst zu einem späteren Zeitpunkt signalisiert worden sei.   

Widerspruch aus München bekommt die Kongregation auch für ihre Aussage, dass die Möglichkeit einer Weiterführung des Krankenhauses in einer anderen Form der Kooperation an den finanziellen Rahmenbedingungen des Freistaats gescheitert sei: "Diese Behauptung ist falsch", sagt die Ministeriumssprecherin. Der Freistaat könne weder die Betriebskostendefizite von St. Josef übernehmen, noch in eine öffentliche Trägergesellschaft eintreten.

"Jetzt ist die Kongregation der Schwestern des Erlösers gefordert, für klare Verhältnisse zu sorgen", heißt es in einer Presseerklärung des Ministeriums. Ein ständiges Hin und Her verunsichere unnötig die Mitarbeiterschaft, die dringend im Gesundheitssystem gebraucht werde.

Abgeordnete kritisieren Kommunikation und "Überreaktion"

Das Vorgehen von Kongregation und Geschäftsführung stößt bei Politikern aus der Region auf Kopfschütteln. Sabine Dittmar (SPD), Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, zeigt sich "irritiert", dass die Schließung der Klinik beschlossen wurde, "ohne sich anscheinend zuvor fundiert mit den Folgekosten der Schließung befasst zu haben". 

Der Schweinfurter SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Hümpfer hält die Ankündigung der Krankenhausschließung im Juli für eine "Überreaktion", die das Vertrauen in die Kongregation und die Geschäftsführung des Josefs-Krankenhauses erheblich erschüttere. "Eine derart katastrophale Kommunikationsstruktur darf sich nicht wiederholen, wenn wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Gesundheitsversorgung stärken wollen."

Auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Paul Knoblach rät der Kongregation, ihr Auftreten gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klinik und gegenüber möglichen Partnern zu ändern.  

"Schlechter Stil": Schweinfurts OB und Landrat empört und enttäuscht

Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé indes sieht für eine zukünftige Zusammenarbeit keine Grundlage mehr. Er zeigt sich persönlich enttäuscht und spricht von "schlechtem Stil", einem Partner, mit dem man über drei Jahre zusammengearbeitet habe, über die Presse die völlige Kehrtwende mitzuteilen. Die Verwirrung sei jetzt noch größer und die Situation noch unplanbarer.

Enttäuscht von den Erlöserschwestern: (v.li.) Schweinfurts OB Sebastian Remelé, Landrat  Florian Töpper und Bezirkstagspräsident Stefan Funk an diesem Donnerstag.
Foto: Julien Becker | Enttäuscht von den Erlöserschwestern: (v.li.) Schweinfurts OB Sebastian Remelé, Landrat  Florian Töpper und Bezirkstagspräsident Stefan Funk an diesem Donnerstag.

Enttäuscht sind auch Landrat Florian Töpper und Unterfrankens Bezirkstagspräsident Stefan Funk. Man habe alle denkbaren Varianten mit den Verantwortlichen durchgesprochen – auch eine Verlängerung des Betriebs. Dies hätten die Erlöserschwestern aber abgelehnt. Wenn jetzt Forderungen nach Gesprächen seitens der Erlöserschwestern laut würden, sei das befremdlich.  

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Irene Spiegel
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung
Christlich Soziale Union Bayern Werneck
Finanzministerien
Florian Töpper
Gesundheitsminister
Judith Gerlach
Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt
Paul Knoblach
Rathaus Schweinfurt
SPD-Bundestagsabgeordnete
Sabine Dittmar
Sebastian Remelé
Staatssekretäre
Stefan Funk
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Dieter Hartwig
    Es gibt noch Krankenhäuser mit Geld z. B. Hassbergklinken verteilen am Wochende eine mehrseitige Broschüre.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Frank Stößel
    Überall sehen wir in Deutschland Klöster in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft schwinden. Die Klostergemeinschaften befinden sich selbst in diesem Strudel, da kaum mehr mit Nachwuchs zu rechnen ist. So wird auch der Bestand ihrer Einrichtungen nicht ganz zu Unrecht in Frage gestellt. Offensichtlich will man das seitens der Klostergemeinschft nicht wahr haben, dass man keine rein kirchlichen Krankenhäuser mehr braucht. Die Würzburger Klostergemeinschft könnte ihre Schweinfurter Immobilie an den Staat oder privat verkaufen, um die notwendig gewordene Umstrukturierung des Krankenhauswesens in Stadt und Landkreis Schweinfurt voran zu bringen. Damit sehen sich allerdings die Schwestern total überfordert. Ob nun eine entsprechend fachliche
    Unternehmensberatung und Moderation zwischen Politik und Noch-Träger Erlöserschwestern für diesen Schritt die Lösung bringen kann? Das St. Josef ist so, wie es bisher lief, wohl kaum noch zu retten. Wer weiß, wofür das gut ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    So lange es genug junge Klosterschwestern gab die für Gotteslohn in den Krankenhäusern der Orden arbeiteten funktionierte das Geschäftsmodell Ordenskrankenhaus.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jürgen Huller
    Mal ehrlich: Die Kongregation hat doch gar keine andere Wahl, als weiter zu machen. Herr Stapper hat recht.

    Die Aussage des Gesundheitsministeriums, man würde mit den Finanzministerium eine Lösung finden, ist Wunschdenken! Als ob!

    Falls die Gesetzeslage so ist, dass Fördermittel zurückbezahlt werden müssen, kann sich auch ein Ministerium nicht so einfach drüber wegsetzen.

    Sollen also die Schwestern auf so eine Wischi-Waschi Aussage hin den Laden dicht machen? Das Fördergeld wurde ja in der Vergangenheit seinem Zweck zugeführt. Insofern kann man so ein Gesetz nur als weltfremd bezeichnen. Also, woher soll man die 30 Mio. nehmen, die nicht mehr da sind?

    Sich hier auf so eine Zusage eines in der Sache gar nicht zuständigen Gesundheitsministeriums zu verlassen, wäre mehr als fahrlässig.

    Noch fahrlässiger als die Tatsache, das seitens des Ministeriums nicht über die Notwendigkeit der Rückzahlung gesprochen wurde.

    Zum Glück hat man diese "Kleinigkeit" noch rechtzeitig bemerkt!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Rückzahlung Fördergelder. Greifen sie mal einem nackten Mann in die Tasche. Und das es das bayerische Ministerium auf einen jahrelangen Prozess gegen die Erlöserschwestern ankommen läßt und die Erlöserschwestern womöglich noch in die Insolvenz jagt. Sehr, sehr, sehr Unwahrscheinlich.
    Schließlich gibt es auch noch das "C" im Parteinamen der CSU.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jürgen Huller
    Es waren natürlich 12 Mio., nicht 30 Mio. An Fördergelder.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Joachim Krämer
    Und die anderen 18 Millionen hätten sie sich locker leisten können oder wie soll man das jetzt verstehen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michael Zink
    Wenn die Kongregation doch gar keine andere Wahl hat, als weiter zu machen, warum wurde dann vorher die Schließung angekündigt?

    Werden da wirklich solche weitreichenden Entscheidungen getroffen, ohne daß das erst mal gründlich geprüft wurde?

    Für was bekommt denn der Geschäftsführer sein Gehalt, wenn jetzt von anderen Stellen gefordert wird, die hätten ihn auf dies und das hinweisen sollen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Fred Reinshagen
    Offensichtlich ist da nicht alles optimal gelaufen. Aber man sollte jetzt das Nachtreten beenden, sich für Schweinfurt freuen, dass St. J. erhalten bleibt und von allen Seiten die Sache konstruktiv angehen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Joachim Krämer
    Es bleibt aber nicht erhalten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Johannes Metzger
    Wenn der Freistaat den Erlöserschwestern widerspricht, heisst das nichts anderes als dass die CSU Gesundheitsministerin dem Orden die Schuld in die Schuhe schieben will.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Christine Joachim
    Würden Sie, Herr Metzger, bitte erklären bzw. erläutern: Welche Schuld wurde in die Schuhe des Ordens seitens der Gesundheitsministerin "verschoben"......wäre interessant zu wissen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michael Zink
    Wer soll den sonst schuld daran sein, daß da einseitig die Schließung verkündet wurde, obwohl doch Erfahrungswerte sagen, daß die gar nicht möglich ist?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Christine Joachim
    Sie habe ich nicht gefragt....also unterlassen sie bitte einen solchen unsinnigen Kommentar, Herr Zink.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michael Zink
    Ich habe nicht vor, Sie um Erlaubnis zu fragen, was ich kommentieren darf.
    Abgesehen davon zeigt doch die Einrückung deutlich, daß ich den Beitrag von Herrn Metzger kommentiert habe. Ihren obigen Kommentar dagegen stimme ich zu.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Norbert Schwarzott
    Herr Gerner ich danke Ihnen für Ihre klare Sprache "Keiner will"
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Meli Goetzendoerfer
    Hab ich das jetzt richtig verstanden, der Freistaat kann also auf Geld verzichten, wenn das Krankenhaus dafür schließt, aber um es weiterzuführen, dafür hat er kein Geld?
    12 Millionen, auf die München bei der Schließung verzichten kann, aber keine 4 Millionen, um das Defizit auszugleichen, um das Krankenhaus weitzuführen?
    Hat das was mit Logik zu tun?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Robert Grünewald
    Liebe Frau Goetzendoerfer, man kann es so sehen, aber man könnte es auch so sehen:

    Die Kongregation kann auf keinen Fall das Defizit von 4 Mio. Euro stemmen und kann auch auf keinen Fall mit weltlichen Trägern das Haus gemeinsam betreiben. Deswegen sperren sie zu.

    Dann fällt (spät, aber doch) auf, dass man womöglich Abfindungen im Rahmen eines Sozialplanes zahlen und vielleicht Zuschüsse zurückzahlen müsste. Also nimmt man die Schließung zurück und gibt dafür eine verquaste Begründung ab, die auf die Rückzahlungspflicht von Zuschüssen Bezug nimmt und dann auch noch hoffnungsvoll auf eine mögliche Übernahme durch Stadt, Landkreis und einen Verein verweist.

    Die Rückzahlung von Zuschüssen ist, wie wir erfahren haben, nicht das Thema und Stadt+Landkreis sind, wie hinlänglich bekannt, nicht an Bord. Spendengelder werden zudem auch nicht reichen.

    Also, warum dieses Manöver? Womöglich, um Abfindungszahlungen zu reduzieren, wenn Beschäftigte jetzt kündigen? Man weiß es nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Joachim Krämer
    Ich glaube eher die haben gehofft das Stadt und Landkreis einknicken und haben sich verzockt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Die 12 Millionen Euro hat das St. Josef doch schon erhalten und ist somit weg. Es geht effektiv darum WEITERE 4 Millionen Euro in das St. Josef zu "investieren" und auch nur für dieses Jahr. Und nächstes Jahr?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten