zurück
Schweinfurt
Trotz Weiterbetrieb des Krankenhauses St. Josef in Schweinfurt: Wut, Zorn und Enttäuschung in der Belegschaft
Die Kehrtwende der Erlöserschwestern zum Krankenhaus St. Josef stößt auf gemischte Gefühle. Mitarbeitende sprechen von einem emotionalen Albtraum und Vertrauensverlust.
Das Krankenhaus St. Josef bleibt erhalten. In der Belegschaft ist der große Jubel darüber aber ausgeblieben.
Foto: Anand Anders | Das Krankenhaus St. Josef bleibt erhalten. In der Belegschaft ist der große Jubel darüber aber ausgeblieben.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 01.10.2024 02:41 Uhr

Es knallen keine Sektkorken, und es gibt auch keinen Freudenjubel. Einen Tag nach der Ankündigung der Erlöserschwestern, dass die Kongregation das Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt doch nicht zum Jahresende schließen wird, dominieren andere Gefühle in der Belegschaft – Wut, Zorn und Enttäuschung.

"Ich bin noch sprachloser und trauriger als ich es damals war", sagt eine Krankenschwester. Sie hatte "Gottvertrauen" in den Orden. Jetzt fühlt sie sich "verraten". Ihren Namen möchte sie nicht nennen. Sie fürchtet, man könne ihr Steine für ihre berufliche Zukunft in den Weg legen.

In einer kurzfristig einberufenen Betriebsversammlung am Mittwochnachmittag verkündeten Schwester Monika Edinger, Generaloberin der Erlöserschwestern, und ihr Geschäftsführer Martin Stapper der Belegschaft, dass das Krankenhaus St. Josef doch weiterbetrieben werde.

Einer der genannten Gründe: Für eine Schließung reiche das Geld nicht aus. Der Sozialplan für die Beschäftigten und die Fördermittelrückzahlung summieren sich auf 30 Millionen Euro, die der Orden in den nächsten Monaten aufbringen müsste. Damit habe man nicht gerechnet, hieß es.

Für viele Beschäftigte ist das Auf und Ab mit dem St. Josef in Schweinfurt ein Albtraum

Die Nachricht vom Weiterbetrieb der Klinik kam ebenso überraschend wie zwei Monate zuvor die Bekanntgabe der Schließung des Hauses zum Ende des Jahres. Auch dieses Mal war weder die Führungsebene noch die Mitarbeitervertretung vorab über die Kehrtwende informiert worden. Auch nicht Stadt- und Landkreis Schweinfurt, die schon alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um die Krankenhausversorgung nach dem 31. Dezember 2024 sicherzustellen.    

Klaus Riegler, Vorstand der Mitarbeiter-Vertretung, sagt, die Verunsicherung in der Belegschaft sei jetzt größer als vorher.
Foto: Anand Anders | Klaus Riegler, Vorstand der Mitarbeiter-Vertretung, sagt, die Verunsicherung in der Belegschaft sei jetzt größer als vorher.

"Das ist ein Albtraum, aus dem man einfach nicht aufwacht", sagt eine Pflegerin. Den Beschäftigten würden durch das Handeln der Geschäftsführung und Ordensleitung seelische Schmerzen zugefügt. "Was die mit uns machen, hat nichts mehr mit Menschlichkeit zu tun."

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krankenhauses können noch bis Ende September kündigen

Klaus Riegler, der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung, bestätigt im Gespräch mit dieser Redaktion, dass die "eigentlich positive Nachricht" vom Erhalt des St. Josef-Krankenhauses keinen großen Jubel in der Belegschaft ausgelöst habe. Die Verunsicherung sei eher größer geworden.

Man wisse nicht, wer überhaupt noch an Bord ist und wie das Haus weiterbetrieben werden soll. Viele Beschäftigte hätten sich bereits umorientiert und gekündigt oder wollen kündigen. Bis zum 30. September haben sie dazu Gelegenheit. Danach werde sich zeigen, ob der Betrieb überhaupt funktionieren kann, so Riegler.

Jürgen Mathiak von der Schwerbehindertenvertretung spürt beim Großteil der Belegschaft des St. Josef Skepsis und Misstrauen. Durch das Auf und Ab sei viel Vertrauen verspielt worden.       

Eine Umfrage unserer Redaktion unter Beschäftigten bestätigt das. "Erst wird gesagt, dass die Schließung schnell erfolgen muss, weil man sich den Weiterbetrieb nicht leisten kann. Jetzt sagt man, dass man sich die Schließung nicht leisten kann", klagt ein Mitarbeiter, der seinen Namen ebenfalls nicht nennen möchte. "Die machen sich völlig unglaubwürdig", sagt ein anderer. "Das ist Wahnsinn, was da schiefgelaufen ist."

Vorwürfe an die Kongregation nach überraschender Rettung des St. Josef-Krankenhauses

Eine Krankenpflegerin weint. Sie habe ihren gesamten Lebensplan umstrukturiert und in zwei Monaten neue Perspektiven ausgelotet. "Das wird jetzt einfach zunichtegemacht", sagt sie. Denn klar ist: Einen zunächst angekündigten Sozialplan gibt es jetzt nicht mehr. Wer kündigt, geht ohne Abfindung.

Manche sprechen von "Kalkül" und dass am Ende die Mitarbeitenden den Schwarzen Peter haben, wenn zu wenig Personal für den Weiterbetrieb da ist. Von psychischem Druck und enormer Belastung ist die Rede.

Ärztlicher Leiter des St. Josef hofft auf gute Lösung für Krankenhausversorgung in Schweinfurt

Der Weiterbetrieb des Krankenhauses verschaffe Zeit, um eine vernünftige Zukunftslösung zu finden, sagt Dr. Wolfgang Menger, der ärztliche Leiter des Krankenhauses St. Josef.
Foto: Anand Anders | Der Weiterbetrieb des Krankenhauses verschaffe Zeit, um eine vernünftige Zukunftslösung zu finden, sagt Dr. Wolfgang Menger, der ärztliche Leiter des Krankenhauses St. Josef.

Dr. Wolfgang Menger, der ärztliche Leiter des St. Josef-Krankenhauses, versucht trotz allem, dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen. Die Entscheidung der Kongregation, das Krankenhaus doch nicht abrupt zu schließen, verschaffe Zeit, um eine vernünftige Lösung für die künftige Krankenhausversorgung in Schweinfurt und der Region zu finden.

Alles andere wäre ein "völlig überstürztes Gebaren" gewesen. "Jetzt haben wir die Luft, um ein Konzept zu entwickeln, das auch das Krankenhaus St. Josef impliziert", sagt Menger.

Stephan Stuhr freut sich, dass das Krankenhauses St. Josef nicht geschlossen wird.
Foto: Heiko Becker | Stephan Stuhr freut sich, dass das Krankenhauses St. Josef nicht geschlossen wird.

Auch Stephan Stuhr, Physiotherapeut und Mitglied der Mitarbeitervertretung am Krankenhaus St. Josef, nimmt die Nachricht vom Weiterbetrieb der Klinik positiv auf. Er hofft, dass alle Beteiligten einen Weg finden, das St. Josef nach dem Schweinfurter Modell am Leben zu erhalten. Das Modell sieht eine Fusion mit dem städtischen Leopoldina-Krankenhaus vor – zu einem Klinikum mit zwei Betriebsstätten unter einer Trägerschaft. Bund und Land sollen dafür Geld locker machen, sagt er.

Indes ist vielen Beschäftigten des St. Josef-Krankenhauses die Energie verloren gegangen. "Wir hängen nach wie vor alle in der Luft", sagt eine Beschäftigte aus der Pflege. "Es wäre fair gewesen, sie hätten es ordentlich zu Ende gebracht."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Irene Spiegel
Krankenhausversorgung
Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt
Mitarbeitervertretung
Stadt Schweinfurt
Vertrauensverlust
Wut
Zorn
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Hans Schwinger
    Hans Schwinger
    Ein Chaos, das zeigt, auf welchem Weg zum Untergang sich auch die Wirtschaft in Deutschland befindet.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helmut Vierneusel
    Weshalb die Wirtschaft?
    Aus den vergangenen Wochen ist doch heraus zu sehen und zu lesen, daß die Schwestern mit Ihrem, möglicherweise unfähigen Geschäftsführer, daß Chaos eingeleitet haben. Ohne irgendwelche Ahnung was mit einer Schließung des Betriebes ansteht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Andreas Gerner
    Ursächlich war aber der defizitäre Betrieb.
    Der wiederum rührt von dramatisch gestiegenen Kosten her.
    Löhne, Energie, Material, Steuern.

    Betriebe der Wirtschaft in Deutschland haben mit genau den gleichen Dingen zu kämpfen und stehen zudem im Wettbewerb mit Betrieben im Ausland. Das Krankenhaus nicht. (Entzündet sich mein Blinddarm gehe ich in die nächste geeignete Klinik. Nicht nach Bukarest, bloß weil dort billiger operiert wird.)

    Freilich sind in den meisten Wirtschaftsbetrieben die Geschäftsführer fähiger. Die verkünden dann halt keine Schließung, sondern verlagern ihre Produktion und damit die Arbeitsplätze, Wertschöpfung und das Steueraufkommen in andere Länder.

    Da schließt sich der Kreis:

    Letztendlich werden so dem Staat die (realen) Einnahmen schwinden und das führt zu höheren Sozialbeiträgen (Lohnkosten) und Steuern. Was wiederum den Betrieb von Krankenhäusern teurer macht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Harry Amend
    Die Kompetenz der Führung muss man hier ganz klar in Frage stellen, denn niemand erzählt mir das man vor 2 Monaten, als die Schließung bekannt gegeben wurde, man nicht wusste welche Kosten da auf einen zukommen werden bei einer Schließung. Eventuell sollte es es auch nie geschlossen werden, sondern nur Mitarbeiter loswerden und so kosten drücken. Auf jeden Fall sollte das ganze untersucht werden, denn was da jetzt gelaufen ist da passt vieles hinten wie vorne nicht zusammen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Andreas Gerner
    Ziemlich unrühmlich:

    Zuerst wird verkündet, man schließe - letztlich wegen Geld.

    Dann wird verkündet, man betreibe weiter - letztlich wegen Geld.

    Bemerkenswertes Vorgehen der Erlöserschwestern.

    Da wird nicht vorher überblickt, welche Schritte oder eben Nicht-Schritte welche Folgen haben, sondern kurzsichtig vertrauen gespielt.

    Wozu das Hick-Hack ?

    Hat man gezockt, um etwa den Bezirk zur Trägerschaft zu nötigen (sonst Schließung) ?

    Entscheidungen wegen Geld, Zocken und Nötigen steht den Erlöserschwestern nicht zu Gesicht.

    Zudem hat man sich wohl verzockt.
    Denn da nun potentielle Interessenten für eine Übernahme davon wissen, welches finanzielle Fiasko den Erlöserschwestern droht, wenn die Verhandlungen scheitern, ist die Verhandlungsposition (Ablöse, Übernahmebedingungen, Jobgarantien...) nun denkbar schlecht.

    Außerdem hat man es sich mit der Belegschaft wohl gehörig verscherzt. Nicht wenige werden sich nun anders orientieren, selbst wenn es im SanktJosef´s weitergeht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ralf Eberhardt
    Wer in Verbindung mit einer kirchlichen Einrichtung Gottvertrauen darauf setzt, sollte sich des Risikos bewusst sein, falsch zu liegen, denn auch dort läuft es im Großen und Ganzen wie in jedem anderen Unternehmen. Allerdings ist es schon bedenklich, dass man die Schließung ohne Berücksichtigung der Folgen beschlossen hat. Das spricht eher für Konfessionalität als für Professionalität. Andererseits ist doch für Alle eine Chance, neu aufzusetzen, denn etlich Beschäftigte werden den Bestand der materiellen Absicherung (soweit es Sicherheit geben kann) zu schätzen wissen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Meine Zweifel an der Kompetenz von Herrn Stapper wachsen mit jedem Bericht in Ihrer Zeitung. Wie kann es sein, dass jemand in dieser Position dem Orden eine Schließung zum Jahresende empfiehlt, ohne vorher die Konsequenzen abzuklären. Selbst durch ein Gespräch mit dem Steuerberater oder der Aufsichtsbehörde hätte man die Folgekosten abschätzen können. Der aus heutiger Sicht übereilte Schließungsbeschluss wäre dann gar nicht erst gefasst worden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Katja Gehring
    Das wird noch spannend. Ich persönlich wäre ja so schnell wie möglich weg. Unabhängig davon, ob und wie lange es jetzt weitergeht. Ob man da noch Personal findet?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Die Besten werden sich eh nach einem anderen Krankenhaus umschauen. Und die Chancen sind ja nicht schlecht.
    Da kann man sich ja denken wer im St. Josef "übrigbleibt"
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    "Wer kündigt, geht ohne Abfindung."
    Das ist eh klar. Aber auch wer gekündigt wird geht ohne Abfindung falls der Arbeitgeber eine Abfindung nicht irgendwann ausdrücklich zugesagt hat. Eine Zusage wäre es auch, wenn diese nur mündlich erfolgte, z.B. in einer Betriebsversammlung.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Oliver Hesse
    Der Sozialplan liegt fertig in der Schublade - und wenn der Orden meint, er kommt in X Monaten ohne raus, hat er sich geschnitten. Die MAV setzt dann genau da wieder an.

    M. Lerm
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    In der Schublade kann viel rumliegen. Und was wenn der Orden kein Geld mehr hat? Wie ich schon mal schrieb ist noch nicht mal eine Insolvenz möglich weil Körperschaft des öffentlichen Rechts.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Oliver Hesse
    Genau weil keine Insolvenz möglich ist, hat der Orden viel zu verlieren.
    Was wäre passiert, wenn gestern Schluss gewesen wäre? Dann wäre die eine oder andere Liegenschaft des Ordens unter den Hammer gekommen - und das wurde mit dem Aufschub vorerst vermieden.

    M. Lerm
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Norbert Vollmann
    Wer würde da noch jemals Kirchensteuer zahlen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Norbert Vollmann
    Würde da noch jemals jemand Kirchensteuer zahlen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hiltrud Erhard
    In vielen vorangegangenen Berichten der Mainpost wurde deutlich gemacht, dass das überhaupt nichts mit Kirchensteuer und dem Bistum zu tun hat.
    Es ist unredlich, hier Zusammenhänge bewusst zu verfälschen!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Norbert Vollmann
    Das glaube ich so nicht. Da darf man sich jederzeit den Rechtsanwälten und den Arbeitsgerichten anvertrauen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten