
Es knallen keine Sektkorken, und es gibt auch keinen Freudenjubel. Einen Tag nach der Ankündigung der Erlöserschwestern, dass die Kongregation das Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt doch nicht zum Jahresende schließen wird, dominieren andere Gefühle in der Belegschaft – Wut, Zorn und Enttäuschung.
"Ich bin noch sprachloser und trauriger als ich es damals war", sagt eine Krankenschwester. Sie hatte "Gottvertrauen" in den Orden. Jetzt fühlt sie sich "verraten". Ihren Namen möchte sie nicht nennen. Sie fürchtet, man könne ihr Steine für ihre berufliche Zukunft in den Weg legen.
In einer kurzfristig einberufenen Betriebsversammlung am Mittwochnachmittag verkündeten Schwester Monika Edinger, Generaloberin der Erlöserschwestern, und ihr Geschäftsführer Martin Stapper der Belegschaft, dass das Krankenhaus St. Josef doch weiterbetrieben werde.
Einer der genannten Gründe: Für eine Schließung reiche das Geld nicht aus. Der Sozialplan für die Beschäftigten und die Fördermittelrückzahlung summieren sich auf 30 Millionen Euro, die der Orden in den nächsten Monaten aufbringen müsste. Damit habe man nicht gerechnet, hieß es.
Für viele Beschäftigte ist das Auf und Ab mit dem St. Josef in Schweinfurt ein Albtraum
Die Nachricht vom Weiterbetrieb der Klinik kam ebenso überraschend wie zwei Monate zuvor die Bekanntgabe der Schließung des Hauses zum Ende des Jahres. Auch dieses Mal war weder die Führungsebene noch die Mitarbeitervertretung vorab über die Kehrtwende informiert worden. Auch nicht Stadt- und Landkreis Schweinfurt, die schon alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um die Krankenhausversorgung nach dem 31. Dezember 2024 sicherzustellen.

"Das ist ein Albtraum, aus dem man einfach nicht aufwacht", sagt eine Pflegerin. Den Beschäftigten würden durch das Handeln der Geschäftsführung und Ordensleitung seelische Schmerzen zugefügt. "Was die mit uns machen, hat nichts mehr mit Menschlichkeit zu tun."
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krankenhauses können noch bis Ende September kündigen
Klaus Riegler, der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung, bestätigt im Gespräch mit dieser Redaktion, dass die "eigentlich positive Nachricht" vom Erhalt des St. Josef-Krankenhauses keinen großen Jubel in der Belegschaft ausgelöst habe. Die Verunsicherung sei eher größer geworden.
Man wisse nicht, wer überhaupt noch an Bord ist und wie das Haus weiterbetrieben werden soll. Viele Beschäftigte hätten sich bereits umorientiert und gekündigt oder wollen kündigen. Bis zum 30. September haben sie dazu Gelegenheit. Danach werde sich zeigen, ob der Betrieb überhaupt funktionieren kann, so Riegler.
Jürgen Mathiak von der Schwerbehindertenvertretung spürt beim Großteil der Belegschaft des St. Josef Skepsis und Misstrauen. Durch das Auf und Ab sei viel Vertrauen verspielt worden.
Eine Umfrage unserer Redaktion unter Beschäftigten bestätigt das. "Erst wird gesagt, dass die Schließung schnell erfolgen muss, weil man sich den Weiterbetrieb nicht leisten kann. Jetzt sagt man, dass man sich die Schließung nicht leisten kann", klagt ein Mitarbeiter, der seinen Namen ebenfalls nicht nennen möchte. "Die machen sich völlig unglaubwürdig", sagt ein anderer. "Das ist Wahnsinn, was da schiefgelaufen ist."
Vorwürfe an die Kongregation nach überraschender Rettung des St. Josef-Krankenhauses
Eine Krankenpflegerin weint. Sie habe ihren gesamten Lebensplan umstrukturiert und in zwei Monaten neue Perspektiven ausgelotet. "Das wird jetzt einfach zunichtegemacht", sagt sie. Denn klar ist: Einen zunächst angekündigten Sozialplan gibt es jetzt nicht mehr. Wer kündigt, geht ohne Abfindung.
Manche sprechen von "Kalkül" und dass am Ende die Mitarbeitenden den Schwarzen Peter haben, wenn zu wenig Personal für den Weiterbetrieb da ist. Von psychischem Druck und enormer Belastung ist die Rede.
Ärztlicher Leiter des St. Josef hofft auf gute Lösung für Krankenhausversorgung in Schweinfurt

Dr. Wolfgang Menger, der ärztliche Leiter des St. Josef-Krankenhauses, versucht trotz allem, dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen. Die Entscheidung der Kongregation, das Krankenhaus doch nicht abrupt zu schließen, verschaffe Zeit, um eine vernünftige Lösung für die künftige Krankenhausversorgung in Schweinfurt und der Region zu finden.
Alles andere wäre ein "völlig überstürztes Gebaren" gewesen. "Jetzt haben wir die Luft, um ein Konzept zu entwickeln, das auch das Krankenhaus St. Josef impliziert", sagt Menger.

Auch Stephan Stuhr, Physiotherapeut und Mitglied der Mitarbeitervertretung am Krankenhaus St. Josef, nimmt die Nachricht vom Weiterbetrieb der Klinik positiv auf. Er hofft, dass alle Beteiligten einen Weg finden, das St. Josef nach dem Schweinfurter Modell am Leben zu erhalten. Das Modell sieht eine Fusion mit dem städtischen Leopoldina-Krankenhaus vor – zu einem Klinikum mit zwei Betriebsstätten unter einer Trägerschaft. Bund und Land sollen dafür Geld locker machen, sagt er.
Indes ist vielen Beschäftigten des St. Josef-Krankenhauses die Energie verloren gegangen. "Wir hängen nach wie vor alle in der Luft", sagt eine Beschäftigte aus der Pflege. "Es wäre fair gewesen, sie hätten es ordentlich zu Ende gebracht."
Ein Chaos, das zeigt, auf welchem Weg zum Untergang sich auch die Wirtschaft in Deutschland befindet.
Aus den vergangenen Wochen ist doch heraus zu sehen und zu lesen, daß die Schwestern mit Ihrem, möglicherweise unfähigen Geschäftsführer, daß Chaos eingeleitet haben. Ohne irgendwelche Ahnung was mit einer Schließung des Betriebes ansteht.
Der wiederum rührt von dramatisch gestiegenen Kosten her.
Löhne, Energie, Material, Steuern.
Betriebe der Wirtschaft in Deutschland haben mit genau den gleichen Dingen zu kämpfen und stehen zudem im Wettbewerb mit Betrieben im Ausland. Das Krankenhaus nicht. (Entzündet sich mein Blinddarm gehe ich in die nächste geeignete Klinik. Nicht nach Bukarest, bloß weil dort billiger operiert wird.)
Freilich sind in den meisten Wirtschaftsbetrieben die Geschäftsführer fähiger. Die verkünden dann halt keine Schließung, sondern verlagern ihre Produktion und damit die Arbeitsplätze, Wertschöpfung und das Steueraufkommen in andere Länder.
Da schließt sich der Kreis:
Letztendlich werden so dem Staat die (realen) Einnahmen schwinden und das führt zu höheren Sozialbeiträgen (Lohnkosten) und Steuern. Was wiederum den Betrieb von Krankenhäusern teurer macht.
Zuerst wird verkündet, man schließe - letztlich wegen Geld.
Dann wird verkündet, man betreibe weiter - letztlich wegen Geld.
Bemerkenswertes Vorgehen der Erlöserschwestern.
Da wird nicht vorher überblickt, welche Schritte oder eben Nicht-Schritte welche Folgen haben, sondern kurzsichtig vertrauen gespielt.
Wozu das Hick-Hack ?
Hat man gezockt, um etwa den Bezirk zur Trägerschaft zu nötigen (sonst Schließung) ?
Entscheidungen wegen Geld, Zocken und Nötigen steht den Erlöserschwestern nicht zu Gesicht.
Zudem hat man sich wohl verzockt.
Denn da nun potentielle Interessenten für eine Übernahme davon wissen, welches finanzielle Fiasko den Erlöserschwestern droht, wenn die Verhandlungen scheitern, ist die Verhandlungsposition (Ablöse, Übernahmebedingungen, Jobgarantien...) nun denkbar schlecht.
Außerdem hat man es sich mit der Belegschaft wohl gehörig verscherzt. Nicht wenige werden sich nun anders orientieren, selbst wenn es im SanktJosef´s weitergeht.
Da kann man sich ja denken wer im St. Josef "übrigbleibt"
Das ist eh klar. Aber auch wer gekündigt wird geht ohne Abfindung falls der Arbeitgeber eine Abfindung nicht irgendwann ausdrücklich zugesagt hat. Eine Zusage wäre es auch, wenn diese nur mündlich erfolgte, z.B. in einer Betriebsversammlung.
M. Lerm
Was wäre passiert, wenn gestern Schluss gewesen wäre? Dann wäre die eine oder andere Liegenschaft des Ordens unter den Hammer gekommen - und das wurde mit dem Aufschub vorerst vermieden.
M. Lerm
Es ist unredlich, hier Zusammenhänge bewusst zu verfälschen!