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Schweinfurt
Krankenhaus St. Josef vorerst gerettet: Das sagen 10 Menschen aus Schweinfurt und Umgebung zur Kehrtwende
Vergangene Woche gaben die Betreiberinnen überraschend bekannt, dass das Krankenhaus St. Josef doch nicht geschlossen wird. Wie Schweinfurt darauf reagiert.
Die Nachrichten über die Zukunft des St. Josef-Krankenhauses überschlagen sich. Wie zehn Menschen aus der Region auf die aktuellen Entwicklungen blicken. Von links oben: Caro Dilek, Dragana Ilic-Karl, Daniel Fuchsberger, Büsra Fazlioglu, Oliver Enderes, Richard Dees, Volker Kuhn, Gerlinde Bäuschlein, Jan Kirchhof und Christiane Schmitt.
Foto: Silvia Gralla | Die Nachrichten über die Zukunft des St. Josef-Krankenhauses überschlagen sich. Wie zehn Menschen aus der Region auf die aktuellen Entwicklungen blicken.
Marcel Dinkel
 und  Silvia Gralla
 |  aktualisiert: 02.10.2024 02:46 Uhr

Der Entschluss, dass das St. Josef-Krankenhauses doch nicht wie geplant zum 31. Dezember 2024 zu schließen, traf Politik, Mitarbeitende und Patientinnen und Patienten in der Stadt Schweinfurt unverhofft. Grund für die Entscheidung waren laut Betreiberinnen die hohen Folgekosten, die bei einer Schließung zum Jahresende entstanden wären. Eine Nachricht, die für gemischte Gefühle innerhalb der Bevölkerung sorgt. Unter vielen ruft der Fortbestand eine Mischung aus Erleichterung, Sorge und Unverständnis hervor. 

1. Büsra Fazlioglu (28), Einzelhandelskauffrau aus Niederwerrn: "Ganz schlimm finde ich die Situation auch für die Belegärzte"

Büsra Fazlioglu (28) aus Niederwerrn fände es schade, wenn das St. Josef-Krankenhaus schließen müsste.
Foto: Silvia Gralla | Büsra Fazlioglu (28) aus Niederwerrn fände es schade, wenn das St. Josef-Krankenhaus schließen müsste.

"Wäre ich eine Mitarbeiterin im Krankenhaus, würde es mich stören, dass ich mich woanders bewerben müsste, obwohl ich weiß, dass das Krankenhaus jetzt doch bleibt. Viele von ihnen haben ja bereits damit begonnen, sich auf die neue Situation einzustellen, sich neue Arbeisplätze gesucht oder sind umgezogen. Diese Entscheidung macht es jetzt noch umständlicher für sie. Ganz schlimm finde ich die Situation auch für die Belegärzte. Ich kenne einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt aus Würzburg, der hier in Schweinfurt eine Praxis gekauft hat und im St. Josef operiert. Ambulanz-Belegärzte wie er wissen jetzt nicht, wo sie künftig operieren sollen."

2. Dragana Ilic-Karl (52), Vertrieblerin aus Gochsheim: "Dieses ganze Hin und Her ist für die Stadt, für die Mitarbeiter, für die Patienten untragbar"

Dragana Ilic-Karl (52) aus Gochsheim freut sich über den vorläufigen Erhalt des Krankenhauses.
Foto: Silvia Gralla | Dragana Ilic-Karl (52) aus Gochsheim freut sich über den vorläufigen Erhalt des Krankenhauses.

"Ich habe mich sehr über den Erhalt der Klinik gefreut. Das St. Josef-Krankenhaus stellt ein wichtiges Versorgungszentrum in der Stadt dar. Mein Mann wurde etliche Male in dem Haus operiert, genau wie meine Schwiegermutter und mein Schwiegervater. Ich finde, dass es zusätzlich zum Leopoldina ein Krankenhaus in Schweinfurt braucht, das fußläufig für die Bevölkerung erreichbar ist. Was mich an der Sache wundert ist, dass die Schließungskosten für das Krankenhaus erst jetzt berücksichtigt wurden. Dieses ganze Hin und Her ist für die Stadt, für die Mitarbeiter, für die Patienten untragbar.  Wenn man so eine weitreichende Entscheidung trifft, wo viele Mitarbeiter und das ganze Krankenhaus auf dem Spiel stehen, hätte man sich das gründlicher überlegen sollen."

3. Daniel Fuchsberger (29), Steuerfachangestellter aus Schweinfurt: "Wir haben sowieso zu wenig Menschen in der Pflege"

Daniel Fuchsberger (29) aus Schweinfurt findet, dass das Gesundheitswesen stärker gefördert werden sollte.
Foto: Silvia Gralla | Daniel Fuchsberger (29) aus Schweinfurt findet, dass das Gesundheitswesen stärker gefördert werden sollte.

"Mein erster Gedanke war, wie sehr das Geld wieder mal die Welt regiert. Ich verstehe nicht, warum es für alles mögliche Förderungen gibt, nur für so etwas Wichtiges wie die Krankenhausversorgung nicht. Aber jetzt haben die Erlöserschwestern ja scheinbar wieder genug davon. Es ist super für die Region und die Menschen hier in Schweinfurt, dass das Krankenhaus vorerst weitergeführt wird. Wir haben sowieso zu wenig Menschen in Pflege. Das ist gut, für die Menschen, gut für die Leute, gut für die Ausbildung der Menschen, die dort arbeiten."

4. Jan Kirchhof (54), Angestellter aus Bad Kissingen: "Ich würde mir wünschen, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Kliniken doch wieder vorangetrieben wird"

Jan Kirchhof (54) aus Bad Kissingen freut sich darüber, dass das St. Josef weiterhin geöffnet bleibt.
Foto: Silvia Gralla | Jan Kirchhof (54) aus Bad Kissingen freut sich darüber, dass das St. Josef weiterhin geöffnet bleibt.

"Grundsätzlich halte ich die Entscheidung, dass das Krankenhaus weitermacht, für richtig. Allerdings kommt sie recht spät. Gerade gegenüber den Mitarbeitenden im Krankenhaus halte ich es für unfair, drei Monate vor der ursprünglich genannten Schließung nochmal zurückzurudern. Viele von ihnen haben sich ja mit Sicherheit schon einen neuen Arbeitsplatz gesucht. Auch für die zurückgebliebenen Mitarbeiter steigt dadurch der Druck in den Abteilungen. Dazu kommt, dass die Betreiberinnen die Schließung aufgrund der hohen Folgekosten vorerst abgewendet haben und nicht aus ihrem christlichen Glauben heraus. Es hätte ja die Möglichkeit einer Kooperation mit dem Leopoldina-Krankenhaus gegeben. Diese wurde jedoch wegen unterschiedlicher christlicher Werte seitens der Betreiber verworfen. Ich würde mir wünschen, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Kliniken doch wieder vorangetrieben wird."

5. Caro Dilek (40), medizinische Angestellte aus Niederwerrn: "Die Mitarbeitenden wissen aufgrund der Lage gerade nicht, woran sie sind."

Caro Dilek (40) aus Niederwerrn hält die Situation für die Mitarbeitenden für unerträglich.
Foto: Silvia Gralla | Caro Dilek (40) aus Niederwerrn hält die Situation für die Mitarbeitenden für unerträglich.

"Ich kenne viele Angestellte im St. Josef-Krankenhaus und gehe persönlich auch lieber dort hin als in das Leopoldina. Von vielen weiß ich, welche Ängste sie seit Verkündung der Schließung durchlebt haben, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht mehr bezahlen können. Gerade in der Pflege arbeiten viele alleinerziehende Mütter. Das war wirklich nicht in Ordnung. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie es in der heutigen Zeit nicht mehr möglich sein kann, eine Klinik zu finanzieren. Ich würde mich natürlich darüber freuen, wenn das Krankenhaus bleibt. Die Mitarbeitenden wissen aufgrund der Lage gerade nicht, woran sie sind. Heutzutage kämpfen alle um ihre Arbeit und ihr Überleben."

6. Gerlinde Bäuschlein (64), ehemalige Krankenschwester aus Werneck: "Von Spenden allein wird sich das Krankenhaus aber nicht dauerhaft finanzieren können"

Gerlinde Bäuschlein (64) aus Werneck war von der Nachricht über die abgewendeten Schließung überrascht.
Foto: Silvia Gralla | Gerlinde Bäuschlein (64) aus Werneck war von der Nachricht über die abgewendeten Schließung überrascht.

"Ich war sehr darüber erstaunt, dass das St. Josef doch nicht zum 31. Dezember schließt. Allerdings macht es das jetzt alles nicht einfacher. Wenn der einzige Grund ein Krankenhaus zu schließen ist, die dafür fälligen Abfindungen an die Mitarbeitenden zu zahlen, sagt das einiges aus. Ich glaube nicht, dass es gelingt, einen neuen Investor zu finden. Das bisher erarbeitete Konzept einer Zusammenlegung mit dem Leopoldina habe ich für positiv befunden. Schade, dass es gescheitert ist. Ich denke, es ist ein Abschied auf Raten. Die Aktion von Stefan Labus mit dem Spendenfonds halte ich durchaus für nobel. Von Spenden allein wird sich das Krankenhaus aber nicht dauerhaft finanzieren können."

7. Oliver Enderes (55), Accountmanager aus Schweinfurt: "Ich war geschockt, als ich zum ersten Mal von der Schließung des Krankenhauses erfahren habe"

Oliver Enderes (55) aus Schweinfurt würde sich mehr Engagement von Oberbürgermeister Sebastian Remelé wünschen.
Foto: Silvia Gralla | Oliver Enderes (55) aus Schweinfurt würde sich mehr Engagement von Oberbürgermeister Sebastian Remelé wünschen.

"Ich war geschockt, als ich zum ersten Mal von der Schließung des Krankenhauses erfahren habe und bin wirklich erleichtert, dass sich das jetzt zum Guten entwickelt. Mein Eindruck war, dass der Einsatz des Oberbürgermeisters geringer ausgefallen ist als sich andere erhofft hatten. Besonders sein Auftritt bei der Demonstration von Mitarbeitenden im Rathausinnenhof empfand ich als grenzwertig. Wenn man sich in die Situation der Mitarbeitenden hinein denkt, ist das alles schwierig. Ich glaube nicht, dass das Leopoldina das auffangen kann. Ich bin selbst chronisch krank und bin froh, wenn ich es nicht weit zur Klinik habe."

8. Richard Dees (65), Beamter aus Ebenhausen: "Man weiß doch vorher, wie sich solche Kosten entwickeln"

Richard Dees (65) fragt sich, was sich die Betreiberinnen bei der angekündigten Schließung im Sommer gedacht haben.
Foto: Silvia Gralla | Richard Dees (65) fragt sich, was sich die Betreiberinnen bei der angekündigten Schließung im Sommer gedacht haben.

"Ich habe erst kürzlich von der Weiterführung des Krankenhauses erfahren und bin auch etwas erleichtert darüber. Persönlich verbinde ich sehr viel mit dem St. Josef. Das Krankenhaus ist mitten in der Stadt und schön kompakt. Ich stelle mir aber schon die Frage, was sich die Erlöserschwestern dabei gedacht haben, die Schließung aufgrund der Kosten abzusagen. Man weiß doch vorher, wie sich solche Kosten entwickeln. Es gibt Abfindungen, Abwicklungskosten und Ablösungen. Das ist wie vieles viel zu kurzfristig gedacht, ohne sich über die Konsequenzen Gedanken zu machen. Sicher ist, dass sowas dem Zusammenleben innerhalb der Klinik nicht hilft."

9. Volker Kuhn (52), Mitarbeitender bei SKF aus Bad Kissingen: "Ich freue mich daher für die Mitarbeitenden"

Volker Kuhn (52) aus Bad Kissingen fordert, alle Kliniken zu verstaatlichen.
Foto: Silvia Gralla | Volker Kuhn (52) aus Bad Kissingen fordert, alle Kliniken zu verstaatlichen.

"Mein erster Gedanke war, dass sich unser Bundesgesundheitsminister, entgegen seiner Versprechen und wie so häufig in der Politik, nicht um die Krankenhausversorgung gekümmert hat. Ich freue mich daher für die Mitarbeitenden, dass jetzt die Arbeitsplätze erhalten bleiben sollen.  Meiner Ansicht nach müsste man die Krankenhäuser aber alle wieder verstaatlichen, wie es früher einmal war."

10. Christiane Schmitt (48), Einzelhändlerin aus Schwebheim: "Die kirchliche Seite muss stärker in die Verantwortung genommen werden"

Christiane Schmitt aus Schwebheim sieht die kirchliche Seite mehr in der Pflicht.
Foto: Silvia Gralla | Christiane Schmitt aus Schwebheim sieht die kirchliche Seite mehr in der Pflicht.

"Als ich gehört habe, dass das St. Josef schließt, war ich entsetzt. Die Krankenhäuser in Schweinfurt sind doch sowieso schon überlastet. Ich kann mir daher nicht erklären, wie es zu einer solchen Schließung kommen kann. Klar müssen die Zahlen stimmen, aber die medizinische Versorgung müsste eigentlich an erster Stelle stehen. Meiner Ansicht nach müsste der Staat wesentlich mehr in seine Krankenhäuser investieren. Das gesamte System wurde absolut kaputtgespart. Aus meinem näheren Umfeld kenne ich zwei Personen, die im St. Josef arbeiten. Eine Schließung wäre für sie einem Weltuntergang gleichgekommen. Die kirchliche Seite muss stärker in die Verantwortung genommen werden."

 
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