Das Urteil gegen Kai K. ist gesprochen. Weil der 42-jährige Angeklagte nach Überzeugung des Landgerichts Schweinfurt eine Frau vergewaltigt und geschlagen hat, muss er für zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Auch die Kosten des Verfahrens muss der Kopf der Gemeinschaft "Go&Change" aus Lülsfeld (Lkr. Schweinfurt) bezahlen, wenn das Urteil rechtskräftig wird.
Doch wie teuer ist ein Gerichtsprozess dieses Ausmaßes? Wie setzen sich die Verfahrenskosten zusammen?
Auf Anfrage dieser Redaktion hat Rechtsanwalt Christian Semmler vom Würzburger Anwaltsverein die Kosten abgeschätzt, die auf Kai K. nach der Verurteilung nun zukommen könnten. Laut Semmler ist nur eine ungefähre Angabe möglich, weil nicht alle Faktoren berücksichtigt werden können. So können beispielsweise die Vergütungen der beiden Wahlverteidiger des Angeklagten individuell vereinbart worden sein.
Wofür Kosten entstanden sind und was bezahlt werden muss
Seit Beginn der Hauptverhandlung im Februar 2024 tagte die Kammer des Schweinfurter Landgerichts 33 Mal. Rund 35 Zeuginnen und Zeugen kamen dabei zu Wort, mehrere Gutachter unterstützen die drei Berufsrichter und die beiden Schöffen bei der Urteilsfindung. Bis zu vier Rechtsanwälte verteidigten an manchen Verhandlungstagen den Mann, der in der Gemeinschaft die Stellung eines Gurus innehat. Ein Anwalt vertrat die Geschädigte. Die Staatsanwaltschaft und Polizei ermittelten seit der Tat im Mai 2023, ließen Spuren untersuchen und Smartphones auswerten.
Ein Teil der dabei entstandenen Kosten wird dem Verurteilten nun zur Last gelegt.
Wie hoch die Gerichtsgebühren im "Go&Change"-Prozess sind
Die Kosten des Verfahrens setzen sich zusammen aus den Gerichtsgebühren und verschiedenen Auslagen der Staatskasse. Die Gerichtsgebühren machen dabei nur einen geringen Anteil aus und bemessen sich nach der Höhe der Strafe. Kai. K. wurde zu einer Freiheitsstrafe von weniger als vier Jahren verurteilt, entsprechend einer pauschalen Regelung muss er 620 Euro für die Aufwände bezahlen, die dem Landgericht Schweinfurt entstanden sind.
"Die tatsächlichen Kosten und die Gehälter der Richter sind natürlich weitaus höher. Sie werden vom Staat bezahlt", sagt der Würzburger Rechtsanwalt Christian Semmler.
Anwaltskosten fallen bei Verhandlung am stärksten ins Gewicht
Weil Kai K. schuldig gesprochen wurde, trägt er die Kosten für seine Pflichtverteidiger und zudem die Kosten des Nebenklägeranwalts. "Niedrig angesetzt, kommen an Anwaltskosten schnell 160.000 Euro zusammen", sagt Semmler. Nicht enthalten seien dabei beispielsweise die Fahrtkosten, die die Anwälte gehabt haben. "Auch die Kopierkosten werden häufig unterschätzt", sagt der Anwalt aus Erfahrung. Bei großen Verfahren mit entsprechenden Aktenstapeln könne man dafür rund 1000 Euro ansetzen.
Mindestens 85 Euro pro Stunde für Rechtsmediziner im Prozess um Kai K.
Auch die Kosten der Gutachten muss der Verurteilte bezahlen, wenn das Urteil rechtskräftig wird. Ein psychiatrischer Sachverständiger hatte über den Angeklagten eine Einschätzung abgegeben. Der 42-Jährige und die Geschädigte waren bereits nach der Vergewaltigung von einem Rechtsmediziner begutachtet worden.
Ein Rechtsmediziner kann mindestens 85 Euro pro Stunde in Rechnung stellen – auch für die Zeit, die ihn die Fahrt zum Gericht und die Teilnahme an der Verhandlung kosten. Der Aufwand für die Gutachten schwankt Christian Semmler zufolge stark, die Kosten könnten deshalb nur grob geschätzt werden. Der Würzburger Rechtsanwalt geht für die Sachverständigen und deren Gutachten insgesamt von Kosten von etwa 30.000 Euro aus.
Arbeit der Polizei, Befragung von Zeugen: Was die Ermittlungen und Aussagen kosten können
Weitere 10.000 Euro könnten für die Arbeit der Ermittlungsbehörden angefallen sein, erklärt Semmler. Dazu zählen beispielsweise Auswertungen von Smartphones oder Chatverläufen, die für die Aufklärung der Tat von Polizistinnen und Polizisten gesichert und gesichtet werden mussten. Auch diese Kosten trägt der Verurteilte.
Zeuginnen und Zeugen haben unter Umständen Anspruch darauf, dass ihnen der Verdienstausfall durch die Befragung vor Gericht ersetzt wird. Auch die Anfahrt dieser Prozessbeteiligten kann den Angeklagten bei einer Verurteilung teuer zu stehen kommen. Semmler kalkuliert dafür bei der hohen Zahl an Zeuginnen und Zeugen im "Go&Change"-Prozess rund 15.000 Euro.
Würzburger Anwalt geht von sechsstelligen Kosten des Verfahrens aus
Unter Berücksichtigung der genannten Kostenpunkte und mit Blick auf nicht näher bezifferbare Faktoren schätzt der Würzburger Jurist, dass der Verurteilte für das Verfahren insgesamt zwischen 225.000 und 250.000 Euro bezahlen muss. "Das ist eine konservative Schätzung", betont Christian Semmler. Die Kosten könnten demnach auch höher liegen.
Das sei vergleichbar mit anderen Fällen dieser Größe. Während Anwältinnen und Anwälte bereits während oder direkt nach dem Prozess entlohnt werden müssen, bleibe der Staat häufig auf dem Großteil seinen Auslagen sitzen, sagt Semmler: "In der Regel schließen an solche Prozesse sofort Insolvenzverfahren an."
vielen Dank für Ihren Kommentar. Ihr Vorschlag klingt logisch, aber so einfach ist es leider nicht: Das frühere Kloster gehört dem Verein, der hinter Go&Change steht. Darauf hat Herr K. als Privatmann - als der er angeklagt war - keinen Zugriff, deshalb ist auch eine Pfändung o.ä. nicht möglich.
Viele Grüße,
Benjamin Stahl, Schwerpunktredaktion
Man hofft das sie Pleite gehen damit das aufhört.
Eine ziemlich einmalige Geschichte was sich da bei go&change abgespielt hat.
@MP großes Lob für die Podcasts Mords Gespräche zu go&change. Sehr aufschlussreich und interessant gemacht.
Ich glaube das dürfte so einigen Befürwortern nochmal die Augen öffnen. Es ist schier unglaublich wie es go&change geschafft hat die Töchter ihres Toten Vaters (Roland aus der Schweiz) im Kloster zu behalten.