Wenige Verhandlungstage vor dem geplanten Ende des Prozesses gegen den Kopf der Gemeinschaft "Go&Change" vor dem Landgericht Schweinfurt zeichnet sich eine erneute Verzögerung ab: An diesem Montag, bereits dem 18. Tag des Verfahrens, kündigten die Anwälte von Kai K. weitere Beweisanträge an. Wieder geht es dabei um die Glaubwürdigkeit der jungen Frau, die Kai K. im Mai 2023 mehrfach vergewaltigt, geschlagen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben soll.
Im Fokus stehen die Kontakte auf einer Online-Erotik-Plattform, auf der die 30-Jährige gemeinsam mit Kai K. einen Paar-Account gehabt haben soll. Sie soll auch einen eigenen Account gehabt haben, den die Anwälte nun von der Polizei auswerten lassen wollen. Sie wollen dadurch belegen, dass sich die Frau – anders als von ihr selbst behauptet – auch ohne die Anweisungen des 42-Jährigen auf der Plattform mit Männern zu gewaltvollem Sex verabredet hat.
Verteidigung bezeichnet Teile der Ermittlungen als dilettantisch
Die Verteidigung geht davon aus, dass die 30-Jährige, die sich nach eigener Aussage in einer On-Off-Beziehung mit Kai K. befand, auch in den Phasen, in denen sie nicht mit dem Angeklagten zusammen war, selbständig Treffen mit Männern vereinbart hat. "Wenn das stimmt, muss man sich fragen, wie es um den Wahrheitsgehalt ihrer Aussage steht", erklärte Verteidiger Helmut Mörtl. Dabei griff er auch die Staatsanwaltschaft an, die den privaten Account bislang ignoriert habe: "Meinen Sie nicht, Sie hätten das schon längst ermitteln lassen müssen?"
Verteidiger Hubertus Werner sprach von "völliger Dilettanz" der Ermittlungsbehörden. Die Handys seien mangelhaft ausgewertet worden, die Daten der 30-Jährigen, die auch Nebenklägerin im Prozess ist, müssten vollständig gesichert werden. Aus Sicht des Anwalts sollen sämtliche Kontakte der Frau auf der Online-Erotik-Plattform ermittelt und befragt werden.
Dafür müsse die Verteidigung erst Beweisanträge stellen, meinte die Vorsitzende Richterin Claudia Guba am Montag. "Reicht Ihnen eine Stunde?", fragte sie zur Empörung der Anwälte. Man brauche bis zum nächsten Verhandlungstermin in rund zwei Wochen. Dann könnte es auch weitere Anträge der Verteidiger geben – etwa zum rechtsmedizinischen Gutachten zu den Verletzungen der jungen Frau.
Die Anwälte von Kai K. haben indes zudem einen Strafantrag wegen Falschaussage gestellt: Die 30-Jährige soll vor Gericht nicht die Wahrheit gesagt und beispielsweise widersprüchliche Angaben zu ihrem Drogenkonsum gemacht haben.
Wegen Sicherheitsbedenken: "Gepolsterte Fesseln" für an Angeklagten abgelehnt
Auch der Angeklagte beschwerte sich: dieses Mal über die Fußfesseln, die er auf dem Weg in den Gerichtssaal tragen muss. Die Kammer hatte in der Klinik, in der der 42-Jährige derzeit untergebracht ist, nachgefragt, ob "gepolsterte Fesseln" möglich seien. Am Montag zitierte die Vorsitzende Richterin ein Schreiben der Klinik, die dies wegen Sicherheitsbedenken ablehnte. "Herr K. ist ja nicht Houdini", meinte Rechtsanwalt Werner dazu – mit Verweis auf den bekannten Entfesslungs- und Zauberkünstler Harry Houdini.
Am 18. Verhandlungstag wurde auch das angekündigte DNA-Gutachten vorgestellt: Der rechtsmedizinischen Analyse zufolge waren am Jogginganzug des Angeklagten, der nach der mutmaßlichen Vergewaltigung sichergestellt worden war, Blutspuren gefunden geworden – von der Geschädigten. Auch an der Schlafzimmerwand oberhalb des Bettes von Kai K. wurde laut Gutachten "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" Blut der Geschädigten nachgewiesen.
Der Prozess wird am 19. Juni fortgesetzt.
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