Sie sitzen da mit ernsten Gesichtern, die Sorgen sind ihnen anzumerken. Am Dienstag trafen sich Vertreter der freien Kulturszene Schweinfurts in der Disharmonie, das Thema war klar: die Coronavirus-Krise und ihre Auswirkungen. Für Disharmonie, Stattbahnhof oder das Kino KuK bedeuten die Schließungen der Kultureinrichtungen, dass der Existenzkampf nun richtig begonnen hat.
Schon seit Ende vergangener Woche hatten Disharmonie und Stattbahnhof den Betrieb vorübergehend eingestellt, nachdem die Stadtverwaltung erklärt hatte, das Theater sowie alle städtischen Museen, die Volkshochschule und die Musikschule bis zum Ende der Osterferien am 19. April zu schließen.
Der Einnahmeausfall geht jetzt schon in die Tausende Euro. Die Disharmonie musste 15 Veranstaltungen absagen, darunter auch Eigenproduktionen sowie sehr beliebte wie Ali Büttners Korbtheater, zu dem sich zahlreiche Kindergärten und Grundschulen angemeldet hatten. Auch der immer wieder sehr gut besuchte Poetry Jazz Slam am 4. April wurde abgesagt. Im Stattbahnhof, der bis 30. April alle Veranstaltungen absagte, betrifft es 21 Konzerte.
Diana Schmelzer vom Kino KuK ist ebenfalls von den Schließungen betroffen. Gemeinsam mit dem KulturPackt hätte es traditionell an Ostern die Kurzfilmtage geben sollen, sie wurden verschoben auf das Allerheiligen-Wochenende. Darüber hinaus wären in der kommenden Woche die bayernweiten Schulfilmtage gewesen, 1500 Schülerinnen und Schüler aus Stadt und Landkreis Schweinfurt hatte Schmelzer erwartet, die nun nicht kommen dürfen.
Beim Ticketing berichtet Jürgen Dahlke, Geschäftsführer der Disharmonie, dass schon Anfang vergangener Woche, als die ersten Diskussionen darüber auftauchten, ob und wenn ja welche Einschränkungen des öffentlichen Lebens kommen sollen, der Kartenverkauf nahezu gen Null gegangen ist. "Es ist keiner mehr gekommen, der Karten kaufen wollte", so Dahlke. Eine Erfahrung, die auch die anderen Teilnehmer der Krisensitzung bestätigten.
Es ist aber nicht nur der Ausfall des Ticketings, sondern natürlich auch der jeweils mit angeschlossene Getränkeverkauf bei Veranstaltungen, den Disharmonie, Stattbahnhof oder KuK kompensieren müssen. Befürchtet wird auch, dass sich die Situation insofern zuspitzt, als die jeweiligen Sponsoren der Einrichtungen, die zum Beispiel in den Programmheften werben, selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten durch die Coronavirus-Krise geraten und deshalb nicht zahlen könnten.
Gegenseitige Information und Hilfe für betroffene Kultureinrichtungen
"Wir wollen uns zusammen tun, uns gegenseitig informieren und helfen", beschreibt Jürgen Dahlke den Grundgedanken des ersten Treffens, dem weitere folgen sollen, bei dem auch frei schaffende Künstler und Musiker aus der Region Schweinfurt, denen im Moment die Existenzgrundlage genommen wurde, teilnehmen sollen. "Wir können die Umsatzverluste, die wir jetzt wegen der Absagen haben, sicher nicht ausgleichen, wenn wir die Veranstaltungen verlegen. Jeder kann auch im Sommer nur einmal ins Konzert", ist sich Florian Streibich, Geschäftsführer des Stattbahnhofs, bewusst, dass die Krise gravierende Folgen für sein Haus hat.
Darüber, wie lange die einzelnen Veranstalter finanziell durchalten können, kann man nur spekulieren. Sicher ist, dass eine Ausweitung der Schließungsanordnung auf Mai wohl bedeuten würde, dass Disharmonie und Stattbahnhof ohne finanzielle Hilfe von außen nicht überleben werden. Jürgen Dahlke hat für die Angestellten der Disharmonie schon das Formular für Kurzarbeitergeld besorgt.
Auch für den KulturPackt hat die Krise Auswirkungen, wenn auch nicht existenzielle, da der Verein vor allem große Veranstaltungen organisiert. Dennoch ist bei Geschäftsführer Gerald Günther natürlich Verunsicherung darüber da, welche Veranstaltungen man planen kann. Mitte Mai wären Kunstkarré und Kunstkaufhaus geplant, Ende Juli der Pflasterklang, im September die Nacht der Kultur. Wie erwähnt bereits verschoben wurden die Kurzfilmtage.
Stadtverwaltung kündigt schnelle und unbürokratische Hilfe an
Seinen Besuch bei der Krisensitzung hatte Kulturamtsleiter Christian Kreppel abgesagt, was respektiert, aber bedauert wurde. Die Gruppe äußerte auch zwei Wünsche an die Stadtverwaltung: Zunächst einen Ansprechpartner in der Verwaltung und Unterstützung beim Beantragen der Soforthilfen sowie des Kurzarbeitergeldes. Außerdem die Möglichkeit, dass die Stadt eine Liquidätshilfe gewährt, die, wenn andere finanzielle Unterstützung des Freistaates fließt, zurückgezahlt werden könnte.
Auf Nachfrage dieser Redaktion erklärte Finanzreferentin Anna Barbara Keck, die Stadt wolle "möglichst unbürokratisch und schnell Hilfe zur Verfügung stellen." Man werde einen Ansprechpartner in der Verwaltung benennen und durch Wirtschaftsförderin Pia Jost alle Hilfsmöglichkeiten durch den Staat zusammen stellen lassen und auf der Homepage der Stadt veröffentlichen.
Einen Solidaritätsappell an die kulturinteressierten Mitbürger hat Diana Schmelzer: "Für den Einzelnen sind die Kosten von 15 oder 20 Euro für ein Ticket wenig. Wenn aber hunderte Menschen ihre Tickets erstattet haben wollen, ist das für einen Veranstalter sehr viel." Wer es sich leisten könne, könnte aus Solidarität sein bereits gekauftes Ticket sich nicht erstatten lassen und so einem Veranstalter ein wenig unter die Arme greifen.
Wer Karten für Veranstaltungen in Schweinfurter Kulturbetrieben gekauft hat, die wegen der angeordneten Schließungen nun ausfallen müssen, kann diese beim jeweiligen Veranstalter zurück geben und bekommt den Ticketpreis erstattet. Informationen zu Öffnungszeiten und Modalitäten auf den jeweiligen Internetseiten der Veranstalter.
- Infotelefon: In Sachen Corona gibt es für Stadt und Landkreis Schweinfurt Informationen unter 09721 55 745. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist unter 09131 6808 5101 zu erreichen. Im Internet: www.116117.de
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