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Gerolzhofen
Camping-Boom im Raum Schweinfurt: Warum ist die Region so attraktiv für Wohnmobile?
Wie man abgeschiedene Wohnmobilstellplätze findet, warum Niederländer nach Schweinfurt kommen und mit welchen Problemen der Camping am Ellertshäuser See kämpft.
Egal ob auf großen Campingplätzen oder abseits der Massen – wie hier über den Weinbergen von Wiebelsberg bei Oberschwarzach im Landkreis Schweinfurt: Das Interesse der Menschen am Campen bleibt ungebrochen.
Foto: Stefan Benner | Egal ob auf großen Campingplätzen oder abseits der Massen – wie hier über den Weinbergen von Wiebelsberg bei Oberschwarzach im Landkreis Schweinfurt: Das Interesse der Menschen am Campen bleibt ungebrochen.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:48 Uhr

Einfach und unkompliziert in freier Natur mit Blick auf Weinberge und Wälder entspannen und die Seele baumeln lassen: Für viele Menschen ist die Sehnsucht nach dem Campen auch nach der Corona-Pandemie größer denn je. Allein für den August 2022 bestätigt das Statistische Bundesamt deutschlandweit über neun Millionen Campingübernachtungen. Ein Anstieg von rund 15 Prozent im Vergleich zum August 2019. Die Campingbranche boomt.

Doch neben herkömmlichen Campingmethoden hat sich regional in dieser Zeit auch das Campen im kleinen Rahmen an entlegenen Orten fest etabliert. Entgegen der anfänglichen Erwartungen aus der Branche, das Campinggeschäft würde nach Corona wieder abflachen, verzeichneten regionale Campingplätze und Unternehmen aus dem Landkreis Schweinfurt im Jahr 2022 neue Rekorde.

"Werden alle touristischen Übernachtungen 2022 in Deutschland betrachtet, so fanden 16 Prozent davon auf Campingplätzen statt", erklärt Marina Müller von der AlpacaCamping GmbH aus Mutzenroth (Lkr. Schweinfurt). Das junge Start-up-Unternehmen am Rand des Steigerwalds vermittelt über seine Website Anbieter von privaten Stellplätzen mit Camperinnen und Campern. Diese können die Stellplätze online oder mobil per Smartphone buchen. 

Bei Fernreisen liegt Österreich im Trend

Mittlerweile hat AlpacaCamping 2500 Stellplätze auf seiner Plattform im Angebot. Von Deutschland über Österreich und die Schweiz bis nach Italien oder Frankreich wolle man das Angebot vor allem in den letzteren beiden Ländern weiter ausbauen, sagt Müller. Eine interne Analyse der Daten des Unternehmens aus 2022 habe ergeben, dass im Ausland besonders Niederösterreich, Kärnten, Salzburg und die Steiermark beliebt seien, so Müller. 

Der innenstadtnahe Wohnmobilpark 'Am Hutrasen' in Schweinfurt hat etwa 20 gebührenpflichtige Stellplätze in ruhiger Lage am Saumain.
Foto: Helmut Glauch | Der innenstadtnahe Wohnmobilpark "Am Hutrasen" in Schweinfurt hat etwa 20 gebührenpflichtige Stellplätze in ruhiger Lage am Saumain.

Hinsichtlich des deutschlandweiten Trends kommt Müller zu einem eindeutigen Schluss: "Für längere Campingreisen ab zehn Tagen wurden vor allem Ziele in der Nähe von großen Städten oder aber an Gewässern und Bergen gewählt." Gerade Küstengebiete an der Ostsee sowie die Insel Rügen seien gefragt gewesen. Doch auch Ostdeutschland gewinne immer weiter an Attraktivität, versichert Müller.

Der Großteil der Buchungen bei AlpacaCamping, etwa 73 Prozent, wurde im vergangenen Jahr mit dem Smartphone getätigt, resümiert Müller. Die buchungs- und reisestärksten Monate seien laut Auswertung die Sommermonate, insbesondere der August, gewesen. 

Oberschwarzach bleibt Spitzenreiter bei Stellplätzen

Spitzenreiter, was die Stellplätze abseits der größeren Campingplätze in Stadt und Landkreis Schweinfurt betrifft, bleibt dabei die Gegend Richtung Steigerwald, sagt Müller. Speziell Oberschwarzach zähle nach wie vor zu den beliebtesten Campinggemeinden in der Region. "Die Plätze werden häufig besucht und sind oft ausgebucht." Auf Gemeindegrund werden dort derzeit 28 Stellplätze ausgewiesen. Dazu kommen neun weitere in anderen Ortsteilen von Oberschwarzach und 20 weitere Stellplätze auf privaten Grundstücken. Genaue Buchungszahlen aus dem letzten Jahr will Müller nicht nennen.

Doch was den Landkreis betreffe, nehme das Angebot an Stellplätzen immer weiter zu. So bieten ab März sechs weitere Gemeinden aus der Region neue Stellplätze über die Mutzenrother Firma an. Anders hingegen sehe es im restlichen Teil der Region aus. Was die Stellplatzsituation betreffe, würden immer weniger Gemeinden Plätze ausschreiben. Stattdessen höre man immer wieder von Gemeinden, die hohe Summen in den Bau von neuen, öffentlichen Stellplätzen investieren, statt vorhandene Plätze und freie Flächen als Stellplatz umzunutzen – ganz ohne Investment und bauliche Maßnahmen, so Müller. 

Stadtcamping am Hainig: "Schweinfurt verliert an Attraktivität"

"Die Saison war nicht aufregender als vor Corona", fasst Wolfgang Thein, Besitzer des Stadtcampingplatzes am Hainig in Schweinfurt, gegenüber dieser Redaktion zusammen. Der etwa zwei Hektar große Campingplatz im Nordwesten Schweinfurts hat ganzjährig geöffnet und bietet 80 Stellplätze für Wohnwagen und Wohnmobile. Neben dem Campingplatz betreibt Thein einen Campingshop und nach eigenen Angaben den größten Wohnwagenhandel in Europa. "Insgesamt finden jährlich bei uns um die 1000 Übernachtungen statt", sagt Thein.

Anzeige für den Anbieter Google Maps über den Consent-Anbieter verweigert

"Die Tendenz ist, dass die Kunden doppelt so lange, also nicht nur ein bis zwei, sondern vier bis fünf Nächte bleiben." Viele seiner Gäste kämen heute aus den Niederlanden, die auf dem Weg von Nord nach Süd durchreisen und spontan nach einem Platz zum Übernachten suchen. Noch werde Schweinfurt von den Durchreisenden gut angenommen. Er selbst nehme jedoch wahr, dass die Stadt über die Jahre spürbar an Attraktivität eingebüßt habe. "Die Einkaufsmöglichkeiten und Anziehungspunkte in der Stadt werden immer geringer."  Viele, auch der langjährigen Gäste, würden deshalb immer öfter nach Würzburg weiterfahren.

Campingplatz Ellertshäuser See kämpft mit Problemen

"Wir hatten 95 Prozent Stornierungen, als das Wasser im See abgepumpt wurde", erzählt Oliver Zull, Betreiber des Campingplatzes "Zulls Camp" am Ellertshäuser See. Weil die technischen Anlagen in dem von Seglern, Badegästen und Anglern genutzten Stausee saniert werden, wurde der See im Herbst 2021 vom Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen abgelassen. Mittlerweile sei zwar das Wasser im See zurückgekehrt, die Besucher jedoch nicht, meint Zull. "Die Anfragen sind bisher verhältnismäßig gering." Solange die Menschen glaubten, dass das Wasser noch nicht zurückgekehrt sei, blieben auch die Buchungen aus.

Der Campingplatz am Ellertshäuser See hat seit der Pandemie ein neues Konzept erhalten.
Foto: Martina Müller | Der Campingplatz am Ellertshäuser See hat seit der Pandemie ein neues Konzept erhalten.

Dazu käme das Imageproblem. "Wir haben den Platz vor zwei Jahren übernommen. Bis dahin war das hier eine Dauercamper-Exklave, der am Limit war", sagt Zull. Seitdem habe sich aber viel getan. Neue Toiletten, eine Feuerstelle, Musikabende und generell ein offeneres Konzept mit mehr Durchgangstouristen, zählt der Betreiber auf. "Wir haben den Platz komplett umgestülpt, geöffnet und viel Geld reingesteckt."

Anzeige für den Anbieter Google Maps über den Consent-Anbieter verweigert

Aktuell bietet der Campingplatz Raum für acht Wohnmobilstellplätze, etwa 40 Zelte und auch Wohnwagen. Zudem ist der Zeltplatz das ganze Jahr über geöffnet. Rund 50 Prozent der Gäste sind laut Angaben des Betreibers Dauercamper. Bis zum Start der Saison ab dem ersten April müsse man deshalb noch kräftig die Werbetrommel rühren. "Richtig los, geht es ab Pfingsten."

Anfragen in 2023 steigen leicht 

Was das aktuelle Jahr betrifft, steigen bei vielen Campingplätzen die Anfragen derzeit, sagt Wolfgang Thein vom Stadtcampingplatz Schweinfurt. Insbesondere der Wohnwagentourismus nehme spürbar zu. "Rund 80 Prozent unserer Gäste reisen mittlerweile mit dem Wohnwagen an." Was die Auslastung betrifft, erwartet er bei sich aber dennoch keine nennenswerte Steigerung. "Wir hatten in den letzten Jahren trotz vieler Besucher eigentlich immer freie Plätze für Spontanreisende."

Auch Marina Müller von AlpacaCamping gibt sich, was die kommende Saison betrifft, zuversichtlich. "Jüngste Gespräche mit Händlern und Herstellern von Campingmobilen auf der letzten Urlaubsmesse lassen eine stark nachgefragte Campingsaison erwarten." 

 
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