Nichts wie raus in die Natur: Die Corona-Einschränkungen haben hierzulande die Lust auf Camping und Trips mit dem Wohnmobil massiv gesteigert. Die Nachfrage nach Campingbussen und ähnlichen Vehikeln ist geradezu explodiert. Doch was tun, wenn Campingplätze entweder noch geschlossen bleiben müssen oder schlagartig überfüllt sind? Dann eben einfach irgendwo die Nacht unter freiem Himmel verbringen?
Was AlpacaCamping im Detail anbietet
Wildes Campen ist meistens nicht erlaubt. Aus der Zwickmühle helfen will jetzt ein Jungunternehmen aus dem Steigerwald, das Wildcamping legal macht: die AlpacaCamping GmbH aus Mutzenroth im Kreis Schweinfurt.
Die Idee: Camper dürfen sich nach einer Online-Registrierung auf das Grundstück zum Beispiel eines Bauern oder Winzers stellen, zahlen mit durchschnittlich 5 bis 25 Euro eine im Vergleich zu vielen Campingplätzen geringere Gebühr und sind auf der sicheren Seite des Gesetzes. Knapp 500 solcher Stellplätze - meistens Wiesen irgendwo in der Pampa - hat AlpacaCamping innerhalb der vergangenen Monate bundesweit auf der Plattform zusammengestellt.
Wer die Macher von AlpacaCamping sind
"Wir wollen keinen Massentourismus", sagt Christopher Feuerlein. Er ist neben Dominik Quambusch, Simon Illner und Steffen Drews Gründer und Chef des Unternehmens. Die Mitt-Dreißiger haben seit Herbst 2020 knapp ein Dutzend Praktikanten und Nebenjobber um sich geschart, die mittlerweile mehrere tausend potenzielle Stellplatzanbieter in ganz Deutschland angerufen und um Teilnahme geworben haben.
Einer von ihnen ist Winzer André Meyer aus Rödelsee bei Kitzingen. Er findet die Idee von AlpacaCamping gut und stellt deshalb eine vier mal 30 Meter große Wiese mitten in seinen Reben unterhalb des Schwanbergs zur Verfügung.
Was ein Stellplatz-Anbieter meint
Die 12 Euro pro Nacht sind für Meyer eine kleine für ein Stück Natur, das für ihn ansonsten wirtschaftlich nichts bringt. Doch der 37-Jährige sieht ein anderes Potenzial als wichtiger an: Camper können bei ihm Wein kaufen und bleiben dann vielleicht langfristig Kunden. "Das ist der tiefere Sinn" seines Stellplatzangebotes bei AlpacaCamping, sagt der Winzer.
Was das Mutzenrother Unternehmen tut, passt in die Denkweise vieler Start-Ups: Vermittler sein, mehr nicht. So sind auch Flixbus oder Lieferando groß geworden: Flixbus fährt die Busse nicht selbst, sondern vermittelt nur die Fahrten. Lieferando kocht das Essen nicht selbst, sondern vermittelt nur den Kontakt zwischen den Hungrigen und einer Gaststätte, Lieferung inklusive. AlpacaCamping wiederum gehört keiner der 500 Stellplätze. Es sondern bringt nur Wildcamper und Grundstücksbesitzer zusammen. "Wir sind so was wie AirBnB für Camper", zieht Illner einen Vergleich zum weltweiten Vermittler von (Ferien-)Wohnungen.
Eine Geschäftsidee, die freilich wegen des Lockdowns voll ausgebremst wurde: Beherbergung war in den vergangenen Monaten untersagt, die Einnahmen von AlpacaCamping sind nahe null. Grundsätzlich verlangt das Unternehmen vom Vermieter 15 Prozent der Buchungsgebühr, mindestens aber 2,50 Euro. Für die Stellplatzanbieter sei es kostenlos, sich zu registrieren.
Geschäftsführer Illner nimmt die Corona-Einschränkungen gelassen. Er erwartet mit den Lockerung einen Nachfrage-Boom. Außerdem ist das Unternehmen sehr schmal aufgestellt und spart sich Geschäftsräume. Gearbeitet wird im Homeoffice: "So haben wir relativ wenige Fixkosten."
Welche Dimension AlpacaCamping anstrebt
"Wir wollen Richtung Europa", sagt Christopher Feuerlein. Schon bald sollen via AlpacaCamping auch Stellplätze in Österreich oder der Schweiz ansteuerbar sein. Für 2022 sei zudem eine App geplant. Bislang ist das Angebot nur in einer smartphonetauglichen Web-Version abrufbar.
500 Stellplätze jetzt, 1000 bis Jahresende, 3000 bis Ende 2022 - das ist das Ziel der Jungunternehmen, die den Camping-Boom nutzen wollen, so lange ihn Corona befeuert. Dabei hat das Quartett auch die Kommunen im Blick: Sie sollen mit Hilfe von AlpacaCamping ihr Tourismusangebot erweitern und auf ihren Fluren Wildcamper kanalisieren können.
Alleine auf dem Markt ist AlpacaCamping freilich nicht: Plattformen oder Apps wie "Zeltzuhause" oder "Freeontour" haben ein ähnliches Angebot, oft auch mit den klassischen Wohnmobilstellplätzen zum Beispiel in Städten.
Auf der Stellplatz-Plattform von AlpacaCamping indes befinden sich auch kleine Flugplätze oder aufgelassene Fußballfelder in Dörfern. Auf diese Weise könnten brach liegende Flächen neu verwendet werden, meint Illner. Und die Benutzung der sanitären Anlagen dort gebe es für die Gäste dann oft noch oben drauf.
Für Camper ein wichtiger Hinweis, denn nicht alle Stellplatzanbieter bei AlpacaCamping können das bieten. Was den Gästen zur Verfügung gestellt wird, bleibe jedem Anbieter selbst überlassen, sagen Illner und Feuerlein. So gibt es Bauern oder Winzer, die einfach nur ihre Wiese anbieten - sonst nichts.
Wie AlpacaCamping die Sache mit dem Müll sieht
Wohin dann mit Müll und Hinterlassenschaften? Jeder Gast sei namentlich und mit seinem Autokennzeichen registriert, antwortet Illner. So könnten Übeltäter sofort ermittelt werden. Außerdem könne jeder Gastgeber seine Gäste auf AlpacaCamping bewerten – umgekehrt genauso. "Es wird immer schwarze Schafe geben. So blauäugig sind wir nicht", sagt Feuerlein. Aber der Wildcamper an sich sei ja naturverbunden und deshalb kein Müllfrevler.