
Restaurant Seeblick", ein passender Name für das Restaurant am Ellertshäuser See, das Wirt Sotirios Tsiavos seit siebeneinhalb Jahren bewirtschaftet. Im Moment passt der Name eher nicht, denn es gibt keinen See. Der Ellertshäuser See wurde für Sanierungsarbeiten abgelassen, und mittlerweile hat sich der trockengelegte Seegrund großflächig in eine Wiesenlandschaft verwandelt. Erst ab Herbst, wenn die Grundsperre fertig ist, kann der See wieder über seine natürlichen Zuflüsse und durch Niederschläge befüllt werden.
Wie lange das dauert, darüber darf spekuliert werden, zwei bis drei Jahre stehen im Raum. Wenn alles gut läuft, ist vielleicht schon im kommenden Jahr im Bereich hinter der nun begonnen Grundsperre das Baden möglich.
Fest steht, heuer wird es definitiv keine Badegäste geben, die nach Stunden am Strand den Biergarten und das Restaurant zur Stärkung und Abkühlung aufsuchen. Die Hoffnung, dass der See auch ohne Wasser eine Attraktion sein wird, hat sich nur teilweise erfüllt. "Fakt ist, die Badegäste fehlen", so Sotirios Tsiavos, der von etwa einem Drittel weniger an Gästen in der aktuellen Saison spricht. Das habe sich besonders in den zurückliegenden Pfingstferien gezeigt. Für ihn besonders ärgerlich: "In diesen Pfingstferien war so prima Badewetter wie seit Jahren nicht mehr, und ausgerechnet dann gibt es keine Bademöglichkeit."
Kein Wasser im See, Krieg und Konsumzurückhaltung: Spielen die Faktoren zusammen?
Die Ursache für den Gästerückgang, so seine Vermutung, sei aber wahrscheinlich nicht nur dem fehlenden See zuzuschreiben, sondern auch dem Krieg in der Ukraine. Der Krieg sorge in Verbindung mit steigenden Preisen und Energiekosten für Konsum-Zurückhaltung bei den Menschen. "Wahrscheinlich spielen beide Faktoren zusammen", so Tsiavos, der mit seinem Team die Gaststätte von April bis Oktober sieben Tage in der Woche jeweils ab 11 Uhr geöffnet hat.

Nun sind es Wanderer, Ausflügler und besonders Fahrrad-Gäste, die einen kulinarischen Zwischenstopp im "Seeblick" einlegen. "Im Großen und Ganzen geht's", so der Grieche mit internationaler Küche, der trotz des Gästerückgangs weiter positiv denkt. Er hofft auf die Zeit, wenn sich der See langsam wieder mit Wasser füllt. Dann kehren auch die Gäste zurück, so seine Hoffnung. "Wenn der See halbvoll ist, bin ich zufrieden, dann kommen die Leute, wenn auch nicht gleich zum Baden, aber um zu schauen, wie der See sich wieder füllt."
Campingplatz mit hoher Storno-Quote
Dass bald wieder Wasser im See ist, darauf hoffen auch Eva und Oliver Zull, die in der Saison 2021, also kurz bevor der See abgelassen wurde, den Campingplatz Ellertshäuser See der Gemeinde Stadtlauringen als Pächter übernommen haben. "Wir freuen uns, dass die Baggerarbeiten am See begonnen haben", so Oliver Zull. Man habe ja gewusst, dass der See abgelassen wird und sich auf eine magere Saison 2022 eingestellt. Und sie ist tatsächlich mager. "90 Prozent Stornierungen bei Campern und Wohnmobilisten", räumt Oliver Zull unumwunden ein.
"Es kommen jede Menge Anfragen, wenn wir dann aber erwähnen, dass es aktuell keinen See gibt, dann ist das Interesse meistens schon vorbei", so seine Erfahrung. "In der zurückliegenden Saison waren geschätzt die Hälfte unserer Gäste kein einziges Mal im See, aber sie hätten gekonnt", skizziert Zull die Situation. Jetzt wo er nicht da ist, bleiben sie aus, obwohl sie vermutlich auch heuer nicht ins kühle Nass gesprungen wären. Der See zieht eben schon Gäste allein aufgrund seiner Anwesenheit an.

"Familien mit Kindern wollen natürlich ins Wasser", ergänzt Eva Zull. Mangels Gelegenheit bleiben die Familien heuer deshalb weitgehend aus. "Kindern wollen paddeln und Spaß im See haben." Mit der Namensgebung "Campingplatz Ellertshäuser See" sei eine Erwartungshaltung nach Wasser verbunden, weshalb man im Moment mit dem Namen "Zulls Camp" werbe.
Kultur und Camping zusammenbringen
Und weil es ist, wie es ist, nutzen die Zulls die Trockensaison 2022, den Campingplatz selbst Stück für Stück zum Event zu machen. Für Kinder gibt es nun einen Zauberwald, mit Kaninchen Felix ist der Grundstock für einen Streichelzoo gelegt, Ziegen sollen folgen. Eine Feuerkünstler-Show war auf dem Platz zu sehen, ein weiterer Künstler steht bereit, Malkurse für Kinder anzubieten. Eine neue Chill- und Grill-Lounge lädt zum Entspannen und Plaudern ein, und mittlerweile hat der Campingplatz auch einen eigenen Pool zum Plantschen und Abkühlen. "Der Platz soll die Attraktion werden", so Oliver Zull, der weitere Ideen wie kleinere Frühschoppen-Konzerte oder Jazz-Frühstücke umsetzen will. "Kultur-Camp" ist das, wo wir hinwollen. Das wäre nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal, sondern auch mehr Unabhängigkeit vom See.
Schon jetzt geht es kulturell und familiär auf dem Campingplatz zu. Manche Leute haben Instrumente dabei, machen gemeinsam Musik. Es gibt ein Camp-Kräuterbeet, an dem sich alle bedienen, wenn sie Kräuter für ihr Mittagessen brauchen. Und die Zulls haben noch weitere Ideen in der Pipeline, um den Platz für Camper und Wohnmobilisten (knapp 40 Plätze auf dem Stellplatz, in Parzellen und auf der Zeltwiese) attraktiver zu machen.

Dass dies gelingt, bestätigen Gäste wie Dauercamperin Marlies König. Die 64-Jährige lebt seit 21 Jahren in ihrem Wohnwagen. Ihr Mann, unter der Woche als Lkw-Fahrer auf Tour, kommt am Wochenende. "Den See brauche ich nicht, wenn die Enkel zu Besuch kommen, gibt es ja jetzt den Pool", freut sie sich.
Karl-Heinz Leyrer (72) vermisst den See schon, weil er gerne schwimmt, ist aber doch sehr angetan von dem Campingplatz unter Bäumen. "Eigentlich hatte ich nur drei Tage gebucht, jetzt habe ich auf sechs Monate verlängert", so der Maschinenbauer in Ruhestand. "Die Ruhe, der richtige Platz und die richtigen Leute", das haben ihn und seine Frau überzeugt, sein Wohnmobil auch ohne See deutlich länger als geplant auf dem Campingplatz stehen zu lassen. Auch seine Hündin Leika fühlt sich dort wohl.
"Ich brauche keinen See, mir reicht der Pool", so die 55-jährige Monika Fornaro, die sehr viel mit ihrem Wohnmobil in Deutschland unterwegs ist. Am Ellertshäuser See macht sie besonders gern und oft Station. "Es ist einfach schön hier, und es herrscht eine freundschaftliche-familiäre Atmosphäre."
Man baute das Restaurant hinter(!) die Straße in den Wald auf Höhe des Staudamms(!) und nicht auf Höhe des Sees. In der Moderne baut man an Seen aus Ängstlichkeit und falsch verstandenem Naturschutz nur noch (Boots)Schuppen, Barracken, Kioske & Klohäuschen. Warum hat man an den See kein Hotel, als ganzjähriges Refugium auch mit Seminarräumen für Tagungen, gebaut? Mit einer mondänen Seepromenade, die ganzjährig zu Spaziergängen einlädt.
Unsere Vorfahren bauten an Seen Klöster (Tegernsee), Schlösser (Herrenchiemsee), Villen (Starnberger See) und Grandhotels. Während wir nur Schuppen & Barracken an Seen bauen, in Kleingeist & Provinzialität. Es fehlt heute das Verständnis für das Zusammenspiel von repräsentativen Bauten & Natur. Unsere Architekten sind auch nicht mehr in der Lage für solche Planungen.
Die Gegend ist schön und die Stimmung anscheinend gut - ich finde es alles andere als trostlos.