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Kreis Schweinfurt
Bürgermeister Manuel Kneuer zur Nikolaus-Fey-Straße: "In Gochsheim gibt es hierzu aktuell keine Diskussion"
Einige Kommunen benannten wegen der Nazivergangenheit des Heimatdichters Nikolaus Fey die nach ihm benannten Straßen um. Wie sieht es in der Region aus?
Die Nikolaus-Fey-Straße in Schwebheim. Der Schwebheimer Gemeinderat beschäftigt sich  schon länger mit der Frage, ob der Straßenname aufgrund der Verstrickungen des Mundartdichters mit dem Nazi-Regime geändert werden sollte.
Foto: Susanne Wiedemann | Die Nikolaus-Fey-Straße in Schwebheim. Der Schwebheimer Gemeinderat beschäftigt sich  schon länger mit der Frage, ob der Straßenname aufgrund der Verstrickungen des Mundartdichters mit dem Nazi-Regime geändert ...
Marius Alois Erbrich
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:54 Uhr

Viele fränkische Kommunen haben Nikolaus Fey durch Straßennamen geehrt. Der fränkische Heimatdichter hat sich als Bewahrer von Brauchtum und Dialekt verdient gemacht und war lange in Franken angesehen. Die Einschätzung des Wirkens von Fey hat sich mit dem vor rund zwei Jahren veröffentlichten Gutachten der Würzburger Kommission zur Überprüfung der Straßennamen gravierend geändert.

Der Kommission gehörten unter anderem der Inhaber des Lehrstuhls für Neue Geschichte der Universität Würzburg, Abgesandte vom Institut für Zeitgeschichte München-Berlin sowie weitere Vertreter der Wissenschaft und des Stadtrats an. Die Kommission war von der Stadt Würzburg beauftragt worden, Straßenbenennungen und Ehrungen für Personen zu untersuchen, deren aktive Lebensphase in die NS-Zeit fiel und von denen anzunehmen ist, dass sie sich in dieser Zeit diskreditierende Handlungen zuschulden kommen ließen.

Die Kommission schreibt in ihrem Gutachten: "Fey ist als überzeugter Nationalsozialist anzusehen und hat sich während der NS-Zeit eine Vielzahl an Verfehlungen zu schulden kommen lassen." Er trat 1933 in die NSDAP ein und war laut Historiker an der brutalen deutschen Besatzungsverwaltung in Polen und der Vernichtung der polnischen Traditionen beteiligt. Ferner ist anzuführen, dass Fey nicht nur dort, sondern zuvor auch schon in Unterfranken als Zensor für das NS-Regime tätig war, heißt es weiter im Gutachten. Würzburg, Estenfeld und Haßfurt haben daraufhin die Umbenennung der nach Fey benannten Straßen beschlossen.

Porträt von Nikolaus Fey aus dem Jahr 1941.
Foto: Repro Björn Kohlhepp | Porträt von Nikolaus Fey aus dem Jahr 1941.

In Schweinfurt selbst ist keine Straße nach dem Heimatdichter benannt. Im Landkreis gibt es fünf Kommunen, in denen es Nikolaus-Fey-Straßen gibt. In Gerolzhofen wird die Straße umbenannt. In Dingolshausen wurde die Entscheidung verschoben. Wie ist die Situation in Schwebheim, Grafenrheinfeld und Gochsheim?

Warum das Thema in Grafenrheinfeld nicht auf der Agenda steht

Im vergangenen Jahr hatte sich eine Bürgerin in einer Ratssitzung und einer Bürgerversammlung erkundigt, ob die Gemeinde eine Umbenennung der nach Nikolaus Fey benannten Straße in Grafenrheinfeld plane. Der zweite Bürgermeister Gerhard Riegler, der die Sitzung Anfang Mai 2021 leitete, antwortete damals, dass es schon Diskussionen in der Gemeinde gebe: "Aber im Moment haben wir andere Sorgen und Nöte, wie eine Straße umzubenennen."

Hat sich der Gemeinderat ein Jahr später mittlerweile mit dem Thema befasst? Ein Leserbriefschreiber kritisierte im März 2022 , die Mehrheit im Gemeinderat sei nicht willens zu diskutieren, ob es noch zeitgemäß ist, einen überzeugten Nazi weiterhin durch eine Straße zu ehren.

"So eine Umbenennung hat beachtliche Folgen, deshalb wird es hier keinen Schnellschuss geben."
Christian Keller, Bürgermeister in Grafenrheinfeld.

Bürgermeister Christian Keller sieht es anders. Nur weil der Gemeinderat das Thema noch nicht behandelt habe, heiße das nicht, dass er das nicht tun werde, erklärte er auf Nachfrage. "Wir haben das Ohr am Bürger, wir müssen uns vor allem mit den Anwohnern der Straße über dieses Thema unterhalten", sagte er und fügte an: "So eine Umbenennung hat beachtliche Folgen, deshalb  wird es hier keinen Schnellschuss geben. Es sind bislang auch keine Anträge seitens der Anwohner oder des Gemeinderates diesbezüglich gestellt worden."

Schwebheim informierte bereits die betroffenen Bürger

Die beiden Schwebheimer Gemeinderätinnen Brita Ritter und Jutta Keller haben sich unabhängig vom Würzburger Gutachten mit der nationalsozialistischen Vergangenheit von Fey beschäftigt und waren über das Ergebnis "relativ schockiert", wie Jutta Keller gegenüber der Redaktion in April 2021 erklärte.  Bürgermeister Volker Karb informierte im Februar dieses Jahres alle Grundstückseigentümer in einem Schreiben über die mögliche Umbenennung der Straße. Darin heißt es unter anderem: "Die Gemeinderatsmitglieder haben bereits vorgeschlagen, einen Namen zu wählen, der an die Opfer des NS-Regimes erinnert und historisch-politisch ein entsprechendes Zeichen zu setzen." Natürlich nur, falls der Gemeinderat sich für eine Umbenennung entscheidet. Vor kurzem fand laut Bürgermeister auch ein Gespräch mit den Anwohnern statt. Deren Meinung würde auch im Gemeinderat in der Diskussion einfließen, in einer der nächsten Sitzungen.

Kein Diskussionsbedarf zum Thema Nikolaus-Fey-Straße in Gochsheim

Anstelle des derzeit erkrankten Bürgermeisters Manuel Kneuer, äußerte der Geschäftsleiter der Gemeinde Gochsheim Udo Böhnlein gegenüber der Redaktion, dass sich der Gemeinderat bis jetzt nicht mit dem Thema befasst habe. Es seien bisher auch keine Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern diesbezüglich eingegangen. Bürgermeister Kneuer ergänzte per Mail: "In Gochsheim gibt es hierzu aktuell keine Diskussion."

 
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  • B. S.
    Bravo, Schwebheimer Bürger*innen und Gemeinderät*innen, die sich tatsächlich ernsthaft mit dem Thema befassen, auch wenn es vielleicht für manche Anwohner*innen unbequem sein mag. Ich selbst möchte nicht gerne in einer Straße wohnen, die nach einem verbrecherischen Nazi benannt ist. An dessen Stelle Opfer des Regimes zu würdigen, ist dringend erforderlich. Z. B. nach mutigen Frauen der schrecklichen Zeit. Widerstandskämpferin Anna Ebermann oder Dichterin Dora Rein, beide aus Unterfranken und beide unschuldig ermordet von den Nazis. Das wäre ein guter Umgang mit der traurigen und beschämenden Geschichte. Dass man in Grafenrheinfeld wichtigeres zu tun hat, konnte man gestern sehen. Die Gemeinderatssitzung am 16.05.2022 war nach "rekordverdächtigen 38 Minuten" (Zitat Bgm.) zu Ende. Schnellschüsse braucht es gar nicht. Das Gutachten, in dem Feys Nazi-Verstrickungen belegt wurden, ist seit zwei Jahren bekannt.
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  • R. B.
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  • M. S.
    Sicherlich ist eine Straßenumbenennung ein unpopuläres Thema mit Folgen für die Anwohner! Allerdings kann man schon den Eindruck gewinnen als wolle man dies aussitzen oder aufschieben mit Begründungen "wir haben momentan wichtigeres zu tun" - eine Alibiausrede, denn es wird immer wichtigeres als eine Straßenumbenennung geben.

    Interessant auch der Ansatz die Anwohner mit einzubeziehen. Was verspricht man sich davon? - sicherlich die berechtigte Hoffnung, dass diese gegen eine Umbenennung sind weil sie als Anwohner die meiste Arbeit mit haben (und sich vermutlich nie mit dem Namensgeber ihrer Straße beschäftigt haben). Anderswo, wenn man Projekte umsetzen will vermeidet man möglichst die Einbeziehung der Bürger. Je nachdem wie es gerade passt. Hier gewinnt man jedenfalls den Eindruck als wolle man die Verantwortung auf die Anwohner abschieben.
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  • H. E.
    Ich würde es mal so formulieren: wenn die Presse das Thema nicht kochen würde, würde dann jemand überhaupt die Suppe auslöffeln müssen?
    Wen aus der Bevölkerung hat das interessiert?
    Niemanden!
    Jetzt wird das solange geschürt bis aus dem "Verstrickten" ein "Täter" ist und jeder sagt: na klar! Das muss geändert werden!
    Muss es nicht! Zum einen muss mit Geschichte gelebt werden, zum anderen gibt es wirklich wichtigeres als Geld zu verbrennen!
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  • S. F.
    Ach, übrigends gibt's in Gochsum noch die Hindenburgstrasse.
    Sich schon jemand mit der Geschichte dieses Herren beschäftigt?
    Nix füa unguat!
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  • F. W.
    ja... ich glaube, das war schon 2x im Gemeinderat anhängig..... die Straße gibt es immernoch
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  • F. W.
    ich finde diese Diskussionen auch unsäglich.

    anderswo hängt man zB Erklärungstafeln an die Strassenschilder.

    Aber dieses Ausradieren von Geschichte ist in meinen Augen wenig hilfreich. Es ist für mich der falsche Umgang mit Geschichte.
    Fehlt nur noch, dass man KZs abreisst und in Gewerbegebiete umwandelt. Man muss aus Geschichte lernen, sie nicht vergessenmachen.

    Schon die Diskussionen ums Willy-Sachs-Stadion waren an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten
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  • M. S.
    Die Widmung einer öffentlichen Straße oder eines öffentlichen Ortes ist eine Ehrung für die jeweilige Person.

    Bei Fey wusste man lange nichts genau über seine Rolle unter den Nazis, bis der Würzburger Stadtrat genauer nachforschen ließ, welche Rolle Fey im 3. Reich gespielt hatte. Und siehe da: er war 120%er Nazi, und nicht gerade zimperlich unterwegs. Eine willige und glühende Stütze des Systems.

    Preisfrage: wieso hat solch eine Person nach wie vor eine eigene Straße verdient? Würde die Straße Adolf-Hitler-Straße heißen, dann gäbe es keine Diskussion.

    Das hat nichts mit Ausradieren zu tun, sondern das Gegenteil ist der Fall: ehemalige Nazigrößen haben keine eigenen Straßen verdient!
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  • R. S.
    Sehr richtig. Nur daß Fey keine Nazi Größe war.
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  • M. S.
    Nazi Größe ist ein so schwammiger Begriff. Wichtiger ist, was er getan hat. Er war überzeugter Nazi, arbeitete im Generalgouvernement Polen als Zensor mit und auch sonst ein williges Rad im Getriebe. Er war damit an der brutalen Besatzungsverwaltung in Polen beteiligt, inkl. dem Versuch zur Germaniserung dieses Gebiets und zur Vernichtung der polnischen kulturellen Traditionen. Er stellte sich dem freiwillig im Alter von 61 Jahren zur Verfügung. Er hat persönlich von der NS-Herrschaft profitiert, es unterstützt und aufrecht erhalten.

    Fey war damit keiner, der einfach nur mal "eben so" in der Partei war.
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  • R. B.
    100 % definiert ein Maximum, in diesem Fall gibt es keine mehr als 100 %, auch wenn Sie mit Ihren 120 % gerne noch mehr Wahrheitsgehalt suggerieren möchten. Außerdem schreiben Sie "und nicht gerade zimperlich unterwegs. Eine willige und glühende Stütze des Systems". Können Sie uns belegbare Beispiele nennen, oder handelt es sich hier um Annahmen oder Spekulationen. Oder reicht auch schon ein Hörensagen? Ist vielleicht schon die Mitgliedschaft in der NSDAP ein Beweis dafür, dass man ein glühender Nazi war? Die NSDAP hatte über 17 Mio. Wähler, beinahe 50 % der Bevölkerung, glauben Sie im ernst die Leute waren sich bewusst was für ein Irrer Hitler war? Damals gab es keine Medien, kein Internet, keine sozialen Plattformen wo man sich umfangreich informieren konnte. Hitlers Propaganda vom reichen Deutschland mit Essen und Arbeit für Alle ließ ihn so erfolgreich werden. Es gab reichlich überzeugte Nazis, das steht außer Frage, aber dies war nicht die Mehrheit der Menschen.
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  • M. S.
    Lesen Sie den Bericht der Würzburger Komission zu dem Thema, da steht genug belastbares drin. Da es Ihnen aber in Wirklichkeit gar nicht darum geht, sondern das Thema zu zerreden ihr Ziel ist werden das natürlich niemals tun.
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  • R. B.
    Also auf gut Deutsch, Sie wissen nichts, so in etwa habe ich das auch erwartet.
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  • B. S.
    Eine Erklärungstafel wie "Fränkischer Nazi-Dichter, 1881-1956"? Wäre es das? Und aus KZ Gewerbegebiete machen, das gab es ja schon öfter. Ein Besuch des ehemaligen KZ Flossenbürg wäre für widdi lohnenswert.
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