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Schwebheim
Was soll mit der Nikolaus-Fey-Straße in Schwebheim passieren? 
Heimatdichter Nikolaus Fey war ein aktiver und überzeugter Nationalsozialist, zeigen neue Forschungen. Straßen sind nach ihm benannt. Wie Schwebheim damit umgeht.   
Die Nikolaus-Fey-Straße in Schwebheim: Wegen der aktiven Rolle von Fey im Nationalsozialismus wird auch hier über eine Umbenennung diskutiert.
Foto: Susanne Wiedemann | Die Nikolaus-Fey-Straße in Schwebheim: Wegen der aktiven Rolle von Fey im Nationalsozialismus wird auch hier über eine Umbenennung diskutiert.
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:42 Uhr

Fränkischer Mundartdichter 1881 bis 1956 steht unter dem Straßenschild Nikolaus-Fey-Straße in Schwebheim. Das trifft das Leben von Nikolas Fey nicht ganz. Das Schild lässt einen großen Teil seines Lebens außen vor: Seine Rolle im Nationalsozialismus. Und die war nicht die eines Mitlaüfers.  

Wie aktiv Fey war, welche Rolle er im Dritten Reich spielte, untersuchte gut vier Jahre lang eine Kommission, die der  Würzburger Stadtrat 2015 einsetzt hat, um sich mit den Patengebern  verschiedener Straßen zu beschäftigen, die in der Nazi-Zeit gelebt haben. Ergebnis: "Fey ist als überzeugter Nationalsozialist anzusehen."

Aktiv mitgewirkt und profitiert

Er habe aktiv an der Ausgestaltung nationalsozialistischer Propaganda-Inszenierungen mitgewirkt und von der NS-Herrschaft persönlich profitiert. Die Kommission empfiehlt, die Würzburger Nikolaus-Fey-Straße umzubenennen. Seitdem wird in vielen Gemeinden und Städten in der Region über Fey diskutiert. Und über die Frage, ob nach ihm benannte Straßen umbenannt werden sollten.

In Gerolzhofen ist Fey ein Thema,  in Margetshöchheim im Landkreis Würzburg  beschloss die Gemeinde, die Fey-Straße umzutaufen. In Wiesentheid, seinem Geburtsort im Landkreis Kitzingen, wird diskutiert, ob die dortige Schule noch seinen Namen tragen solle. An über 20 Orten in Unterfranken gibt es eine Nikolaus-Fey-Straße. Das liegt sicher auch an seiner Biographie: In Wiesentheid geboren, in Lohr gelebt, in Gerolzhofen gestorben. 

Auch in Schwebheim macht man sich Gedanken, ob jemand wie Nikolaus Fey mit einem Straßennamen geehrt werden sollte. Im Januar regte Gemeinderat Herbert Holzmann an, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. "Ich sehe nicht ein, dass jemand mit brauner Vergangenheit mit einem Straßennamen geehrt wird", sagt er.

Nikolaus Fey als junger Mann.
Foto: MP-Archiv | Nikolaus Fey als junger Mann.

Hanne Peetz, Mitglied im Ortsgeschichtlichen Arbeitskreis (OgAK), nickt. Man solle sich Gedanken machen, welche Person hinter dem Namen stecke. Jemand wie Fey sei kein Vorbild. 

Nazi-Vergangenheit war offenbar kein Thema 

Lange stand der Name Nikolaus Fey nur für den Mundartdichter. Der Nationalsozialist Fey schien in Vergessenheit geraten sein. Im Heft "Straßennamen erzählen Geschichten" des OgAk kommt das Thema nicht vor, sagt Hanne Peetz. Und in den dort verwendeten Zitaten aus Main-Post-Berichten auch nicht. Die Enthüllungen über die braune Vergangenheit Feys haben nicht nur sie verstört. Gleichzeitig waren sie aber auch Ansporn, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen.  

Die Gemeinderätinnen Jutta Keller, sie wohnt übrigens in der Nikolaus-Fey-Sraße, und Britta Ritter beschäftigen sich intensiv mit dem Thema Nikolaus Fey, tragen Informationen zusammen und studieren Quellen. Ziel: Ein detailliertes Bild von Fey schaffen, mit dem sich der Gemeinderat beschäftigen kann. Relativ geschockt zeigt sich Jutta Keller über die Ergebnisse. "Fey hat aktiv mitgemacht."

Nikolaus Fey ist Ehrenbürger der Stadt Wiesentheid und die Schule ist nach ihm benannt. Auch hier wird diskutiert, ob sein Name bleiben soll. 
Foto: Archiv Wiesentheid | Nikolaus Fey ist Ehrenbürger der Stadt Wiesentheid und die Schule ist nach ihm benannt. Auch hier wird diskutiert, ob sein Name bleiben soll. 

Gemeinderätinnen stellen Material zusammen

Britta Ritter kann die altdeutsche Schrift lesen. Ein großes Plus, findet nicht nur Bürgermeister Volker Karb. Britta Ritter hat sich unter anderem mit Gedichten Feys beschäftigt. Heftige seien dabei, die Krieg und Soldatentum verherrlichen. Fey habe sich bewusst entschieden, auf die Seite der Nazis zu gehen, sagt sie. Nie habe er sich später seiner Vergangenheit gestellt, etwas gesagt wie "Ich war auf der falschen Seite."  "Ich nehme an, er war total überzeugt."  

Der Gemeinderat wird sich in Ruhe und überlegt mit dem Thema befassen, so Volker Karb. Man werde verfolgen, was in anderen Gemeinden passiere, sich  intensiv mit den Ergebnissen von Britta Ritter und Jutta Keller beschäftigen. Und natürlich die Bürger, die Anwohner, mit ins Boot nehmen. Schließlich würde ja eine Adress-Änderung auch Einiges nach sich ziehen, sollte man sich für eine Umbenennung entscheiden. Eine Anwohnerin würde das auf jeden Fall in Kauf nehmen. Bleibe der Name Fey, sende das ein falsches Signa aus, so Jutta Keller. 

Sollte man sich entschließen, einen neuen Namen für die Straße zu finden, hätte Hanne Peetz eine Idee, wie sie heißen könnte: Sophie-Scholl-Straße. "Damit könnte man ein Zeichen setzen." 

Kommission:  Kein  Mitläufer,  sondern aktiver Funktionsträger

Zwischen 1933 und 1945 engagierte sich Fey in verschiedener Weise für den Nationalsozialismus, haben die Historiker recherchiert. Er trat bereits zum 1. Mai 1933 in die Partei ein und absolvierte danach mehrere Schulungen der NSDAP, um als offizieller Redner der Partei und sogenannter politischer Leiter fungieren zu können und das Amt des unterfränkischen Beauftragten für die Reichsschrifttumskammer zu übernehmen.  Die Überwachung der Texte anderer fränkischer Autoren auf ihre  Vereinbarkeit mit der Parteilinie habe zu seinen Aufgaben gehört, berichtet die Kommission.
Von 1942 bis 1944 wirkte Fey in der Regierung des "Generalgouvernements" in Krakau mit. Als Generalgouvernement bezeichnete man damals diejenigen Teile Polens, die 1939/41 nicht vom Reich annektiert worden waren und die den Status eines vom Reich völlig abhängigen, kolonieähnlichen Gebiets erhalten sollten. "Die deutsche Besatzungsverwaltung dort war sehr brutal", heißt es im Abschlussbericht der Würzburger Kommission. "Ihr Ziel bestand darin, die lokale jüdische Bevölkerung zu vernichten und die nicht-jüdischen Bevölkerungsteile wirtschaftlich zugunsten des Reiches auszubeuten. In diesem Zusammenhang sind auch die Bemühungen um die Auslöschung der polnischen Eliten dort und die Ansiedlung deutschstämmiger beziehungsweise 'volksdeutscher' Bevölkerungsgruppen zu sehen." Fey war in der Regierung des Generalgouvernements Referent in der "Hauptabteilung Propaganda", die die Aufgabe hatte, die kulturellen Traditionen des polnischen Volkes auszulöschen, die "Germanisierung" des Raumes voranzutreiben und mit antisemitischer Propaganda die Judenvernichtung zu flankieren.
Die Kommission schreibt abschließend: "Fey ist als überzeugter Nationalsozialist anzusehen." Er habe sich eine Vielzahl schwerer Verfehlungen während der NS-Zeit zuschulden kommen lassen, insbesondere seine Beteiligung an der brutalen deutschen Besatzungsverwaltung in Polen mit dem Versuch zur Vernichtung der polnischen kulturellen Traditionen. "Der Umstand, dass sich Fey noch mit 61 Jahren für diese Aufgabe zur Verfügung stellte, wird als zusätzlich belastend angesehen, da deshalb nicht die Aussicht auf eine Verbesserung seiner Karriere oder die Befreiung vom Wehrdienst als Gründe für seine Übernahme dieser Aufgabe in Frage kommen konnten."
Quelle: Klaus Vogt/Main-Post Gerolzhofen
 
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Kommentare
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  • E. B.
    Man könnte sie auch Abraham-Adler-Strasse nennen, und diese Mini-Straße mit seinem Namen dann in Sophie-Scholl-Straße oder noch besser: Geschwister Scholl umbenennen.
    Und so schlimm ist eine Änderung der Straßennamen auch nicht, denn wer umzieht, hat das gleiche Problem.
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