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Schweinfurt
Ansprüche reduzieren, Standards überprüfen: Schweinfurts Kommunalpolitiker machen sich Sorgen um die Zukunft
Der städtische Haushalt für 2025 ist genehmigt. Da die Gewerbesteuer stark gesunken ist, warten große Aufgaben auf Verwaltung und Politik.
Luftbild der Stadt Schweinfurt, von den Wehranlagen aus gesehen. Im Vordergrund die Maxbrücke über den Main.
Foto: Anand Anders | Luftbild der Stadt Schweinfurt, von den Wehranlagen aus gesehen. Im Vordergrund die Maxbrücke über den Main.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 06.12.2024 02:35 Uhr

Es sind im Grunde alles Rekorde, auf die die Stadt Schweinfurt gerne verzichtet hätte: Die Haushaltsberatungen waren in den vergangenen Jahren nie so schnell vorbei wie dieses Jahr. Nur knapp eineinhalb Tage wurde diskutiert. Der Haushalt war mit Einnahmen von 260,89 Millionen Euro und einem erwarteten Defizit von 32,2 Millionen Euro schon lange nicht mehr so auf Kante genäht. Und das Bitterste: Die einstmals 110 Millionen Euro dicke Rücklage ist Ende 2025 komplett weg.

Auch wenn Finanzreferentin Anna Barbara Keck und Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) bei den Haushaltsberatungen bemüht waren, die positiven Seiten zu zeigen und an allen großen Projekten festhielten, waren die Sorgen um die Zukunft der Stadtentwicklung bei den Haushaltsreden der Fraktionen und Gruppen spürbar.

CSU-Fraktionssprecher Stefan Funk sorgt sich, dass der laufende Betrieb der Verwaltung nicht mehr durch die Einnahmen gedeckt ist. Dieses strukturelle Defizit müsse aufgearbeitet werden, so Funk. Aus seiner Sicht brauche es mehr denn je ein Organisationsgutachten für die gesamte Verwaltung und Überlegungen dazu, welche Leistungen man außerhalb des Rathauses günstiger erbringen könne. "Wir müssen Ansprüche reduzieren und müssen Standards überprüfen", so Funk.

SPD wehrt sich gegen Absenkung sozialer Standards

SPD-Co-Fraktionsvorsitzende Kathi Petersen bedauerte, dass in den Haushaltsberatungen aufgrund der finanziellen Lage der Stadt die wichtigen politischen und strategischen Diskussionen keine Rolle spielten: "Doch wir brauchen Zukunftsperspektiven und entsprechende Prioritäten." Natürlich müsse man überlegen, wofür man Geld ausgebe. Klar sei aber, "dass es mit der SPD keine Absenkung sozialer Standards gibt." Alles, was die Daseinsvorsorge für die Bevölkerung gewährleiste, müsse man erhalten.

Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka hob die laufenden Projekte wie die Sanierung des Theaters hervor, aber auch neue Ideen wie die "Toiletten-Flatrate" für die schnellere Sanierung maroder Schul-Toiletten in der Stadt. Sorgen mache er sich allerdings wegen der steigenden Personalkosten, die für 2025 auf 79 Millionen Euro angesetzt sind. Mehr Stellen könne es erst geben, wenn Stadtrat und Verwaltung gemeinsam ein Konzept für die Zukunft der Schweinfurter Finanzen entwickelt hätten.

"Eine Sperrung der Maxbrücke für 31 Monate ist ein Unding und bringt nur eine tote Innenstadt und Verkehrschaos."
Freie-Wähler-Fraktionssprecher Adi Schön.

Adi Schön, Sprecher der Freie-Wähler-Fraktion, warf einen kritischen Blick auf die vielen Projekte. Der Bürgerpark in der Ledward-Kaserne "ist viel zu groß", beim Kulturforum am Martin-Luther-Platz müsse es vorwärts gehen. Deutliche Kritik übte Schön an der Bauverwaltung wegen der Planung für Abriss und Neubau der Maxbrücke. Eine bis zu 31 Monate dauernde Sperrung in Kauf zu nehmen, sei "ein Unding" und bringe nur "eine tote Innenstadt und Verkehrschaos." Auch für die Innenstadt müsse es weitere Anstrengungen geben.

Für den Linken-Fraktionsvorsitzenden Robert Striesow sind im Haushalt "falsche Prioritäten" gesetzt. Es gebe einen "ernsthaften Investitionsstau". Bei den Schulen oder der Kultur zu kürzen, sei der falsche Weg: "Das ist das Bindeglied der Gesellschaft." Es sei wichtig, "die soziale Infrastruktur der Stadt auszubauen, nicht sie zu reduzieren."

"Kultur ist das Bindeglied der Gesellschaft."
Linken-Fraktionsvorsitzender Robert Striesow.

Richard Graupner sprach für die AfD. Er konstatierte, dass der wirtschaftliche Gestaltungsspielraum der Stadt kaum mehr vorhanden sei. Ein Grund dafür seien Fehler in der Bundespolitik, aus seiner Sicht bei der Ausgestaltung des Bürgergeldes, der Migrationspolitik und der Wirtschaftspolitik. "Gibt es keine Veränderung, wird der Stadtrat Verwalter leerer Kassen", so Graupner.

Ein Haushalt, der keine Prioritäten für den Klimaschutz setzt

Für Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) ist unter anderem der Bau des Bürgerparks nach wie vor "ein Schildbürgerstreich". Der von ihr seit Jahren propagierte waldähnliche Park wie in den Wehranlagen sei deutlich günstiger. Ihr Hauptkritikpunkt bezog sich auf den Klimaschutz. Die Verwaltung habe keine Visionen oder Pläne: "Dieser Haushalt ist weder finanziell noch ökologisch nachhaltig und in die Zukunft weisend", so Schneider.

Christiane Michal Zaiser (proschweinfurt) ist froh, dass trotz allem weiter investiert wird, sowohl in kleinere Projekte wie die Schultoiletten-Sanierung, als auch in große wie den Bürgerpark: "Es wäre dumm, da die sehr hohe Förderung nicht mitzunehmen." Sie begrüßte den Vorschlag der Finanzreferentin, im kommenden Jahr gemeinsam Prioritäten im Haushalt zu setzen. FDP-Stadtrat Georg Wiederer forderte mehr Baugebiete für private Bauherren sowie Gewerbegebiete. Auch die Entwicklung der Conn-Barracks müsse beschleunigt werden.

Genehmigt wurde der Haushalt mit den Stimmen von CSU, Grünen, SPD, Freie Wähler, AfD, Linke, FDP, proschweinfurt sowie der fraktionslosen Stadträtin Daniela Mahler. Dagegen waren Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) sowie der fraktionslose Stadtrat Andrej Horn.

 
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