Das Tuten der Hupen von Traktoren und Lkw, das seit dem frühen Morgen überall im Landkreis zu hören war, konzentrierte sich am Montagnachmittag auf die Innenstadt von Bad Neustadt. Nach den Aktionen am Morgen hatte der Bayerische Bauernverband Rhön-Grabfeld zu einer Kundgebung auf den Festplatz am Busbahnhof eingeladen. Schon lange vorher trafen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit rund 800 meist PS-starken Gefährten am Kundgebungsgelände ein, wo der Parkraum bald bis zum letzten Platz gefüllt schien.
Bei Sonnenschein, aber beißender Kälte führte bei vielen der rund 1500 Teilnehmenden der Weg vor die Bühne zunächst über den Grillstand, wo die Helfer einen enormen Ansturm bewältigen mussten und die 1000 geplanten Bratwürste nicht lange reichten. Schon vorab wurden 1600 Stück nachbestellt.
Die jüngsten Demo-Teilnehmer trafen sich derweil mit ihren Eltern und ihren Tretschleppern auf dem Marktplatz. Unter ihnen Annika Vöth aus Löhrieth. Sie war mit ihren Kindern Paul (8), Anton (7) und Clara (2) gekommen, "weil wir einen landschaftlichen Betrieb haben und hoffen, dass die Kinder ihn später übernehmen können".
Jessica Krenig aus Brendlorenzen: Gutes Essen und Produkte aus der Region
Auch Jessica Krenig aus Brendlorenzen war mit ihrer dreijährigen Tochter Marleen vor Ort. Verwandte von ihnen seien Landwirte, erzählt die Mutter, und es sei ihr wichtig, diese und deren Kollegen zu unterstützen, damit man weiterhin gesundes Essen und Produkte aus der Region habe.
Wer mit einem Tretschlepper gekommen war, erhielt nach einer gemeinsamen Fahrt zum Kundgebungsgelände eine kostenlose Bratwurst. Zuvor präsentierte der Nachwuchs die kleinen Traktoren – insgesamt 84 – unter großem Applaus auf der Bühne.
Die Stimmung unter den rund 1500 Kundgebungsteilnehmern war gut. Sie sparten jedoch auch nicht mit deutlichen Worten.
So auch Thorsten Pfister aus Lebenhan, der ein Schild mit der Aufschrift "Auch wir Jäger stehen zu unserer Land- und Forstwirtschaft" um den Hals trug. "Weil ich gegen den ganzen Schwachsinn bin. Ich bin gegen die Regierung, die Regierung muss weg", begründete er seine Teilnahme an der Kundgebung. Er ist der Meinung, dass es Lösungen geben würde. Man müsse an anderen Stellen Geld einsparen.
Ehemaliger Landwirt Martin Sauer aus Mellrichstadt: Landwirte fühlen sich eingeengt
Einer der Anwesenden war Martin Sauer aus Mellrichstadt. 45 Jahre lang führte er einen landwirtschaftlichen Betrieb, den nun seine Tochter Sandra Engel mit ihrem Mann übernommen hat. "Ohne Landwirte gibt es kein Essen", so seine Überzeugung. "Ich habe meinen Beruf sehr gerne ausgeübt und das sollen auch noch meine Enkel tun." Die Landwirte würden sich von den Auflagen der Politik zunehmend eingeengt fühlen. "Wir haben die Landwirtschaft von der Pike auf gelernt und jedes Jahr wird einem etwas Neues erklärt", moniert er. Die Themen Steuer und Diesel würden das Fass nun zum Überlaufen bringen.
Bauunternehmer Benjamin Karlein aus Nordheim: Durchgefroren, aber zufrieden
Seit 9.30 Uhr am Montag war Benjamin Karlein vom gleichnamigen Nordheimer Bauunternehmen mit schwerem Gefährt auf Achse. Zusammen mit Kollegen der Firma Dietzel aus Fladungen sei man mit insgesamt fünf Fahrzeugen unterwegs gewesen und nun am Festplatz angekommen. Das Thema betreffe nicht nur die Landwirtschaft. Die steigenden Preise müssten auf die Kunden umgelegt werden. Bauen werde teurer und damit sinke auch die Auftragslage des Baugewerbes.
Mathias Klöffel, Kreisobmann des Rhön-Grabfelder Bauernverbands, eröffnete die Veranstaltung bereits lange vor dem Reigen der Reden, als der Tretschlepperkorso die Falaiser Brücke überquert hatte und an der Bühne angekommen war. Der Bauernverbandschef ließ auch die jungen Demonstrierenden zu Wort kommen. "Ohne Bauern keine Zukunft", rief ein junges Mädchen ins Mikrofon. Eine gute halbe Stunde später begann die Kundgebung.
"Wir stehen heute hier, weil wir einfach die Nase voll haben", so Klöffel. "Die aktuelle Situation ist für uns ohnehin schon deprimierend, belastend und nicht mehr auszuhalten. Es haut dem Fass den Boden aus, wenn wir nun auch noch für den Bundeshaushalt gerade stehen sollen", rief Klöffel der Menge zu. Es brauche eine neue Grundhaltung von Politik und Gesellschaft und mehr Wertschätzung für die Landwirtschaft.
"Während alle mit dem 49-Euro-Ticket auf die Arbeit und in den Urlaub fahren, wird die Produktion von Nahrungsmitteln in unserem Land verteuert." Die Forderungen seien klar: Die Rücknahme der Streichungspläne für die Steuervergünstigung beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge, außerdem die Einführung der Steuerbefreiung für regionale Biokraftstoffe. Der Transformationsprozess könne nur mit den Bauern und nicht auf ihrem Rücken erfolgen.
Auf hochemotionale Weise machte Carolin Gropp, Landwirtin aus Sulzdorf, auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft aufmerksam. "Es reicht. Ich habe die Schnauze voll. Wir stehen mit dem Rücken zur Wand", so Gropp eindringlich.
Ihr Appell an die Gleichgesinnten: Auch im weiteren Verlauf der Protestwoche ihren Unmut zeigen. "Wir sind viele und wir schaffen das", zeigte sie sich kämpferisch. Zum Ende ihrer Rede wurde Gropp persönlich, hielt einen kleinen, grünen Spielzeugtraktor ihrer nicht mal einjährigen Tochter hoch. Der Wunsch der Sulzdorfer Landwirtin: Sie möchte, dass ihre Tochter das Leben einer Landwirtin führen könne, dass sie sich als Kind gewünscht habe.
Rhön-Grabfelds Landrat Habermann moniert in Bad Neustadt "Verstädterung der Gesellschaft"
Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann zeigte sich solidarisch mit den protestierenden Landwirten. Es gehe seiner Meinung nach nicht "nur" um "Steuer und Diesel". Er stellte in seiner Rede klar, dass es überhaupt nicht gehe, von einer Bevölkerungsgruppe – in diesem Fall den Landwirten – ein "Sonderopfer" zu nehmen. Habermann monierte eine "Verstädterung der Gesellschaft" und fehlende Kenntnis der Politiker, die aus Ballungsräumen kommen würden, und noch nie mit dem Traktor Holz im Wald gemacht hätten. Der Landrat gab außerdem zu bedenken, dass die aktuelle Situation insbesondere die sozial Schwachen treffen würde.
Alle Rednerinnen und Redner ernteten durchweg Beifall und Zustimmung. Dem einzigen Politiker einer aktuellen Regierungspartei, Joshua Türk vom FDP – Kreisverband Rhön-Grabfeld–, schlug die Wut der Landwirte mit "Buh"-Rufen entgegen. "Ich verstehe den Unmut", sagte er zwar. Das beruhigte die Menge allerdings nicht.
Türk bezeichnete die bayerische Landwirtschaft als "essenzielle Branche". Die FDP Rhön-Grabfeld stehe "entschieden an der Seite der Landwirte" und setze sich für eine "nachhaltige und zukunftsorientierte Agrarpolitik" ein. Sein Kreisverband lehne die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung "entschieden ab", so Türk.
"Eine derartige Verteuerung des Diesels ist nicht nur ungerecht, sondern verdeutlicht auch das mangelnde Verständnis der Entscheidungsträger in Berlin für die Bedürfnisse und Herausforderungen, die die Flächenbewirtschaftung täglich mit sich bringt", sagte Türk. Was vermeintlich Sympathien einbringen sollte, gipfelte in "Dann fahr doch nach Berlin"-Zwischenrufen. Auch die von Türk vorgebrachten Forderungen, unter anderem nach Abbau von Bürokratieabbau, besänftigten die Zuhörenden wenig.
Welche Bilanz zieht die Polizei am Ende der Kundgebung?
Der Bad Neustädter Polizeichef Jan Schubert zog nach dem Ende der offiziellen Kundgebung gegen 17 Uhr ein positives Fazit. Alles sei störungsfrei verlaufen. Ein möglicher "Drohnen-Verstoß" werde untersucht. Zudem ermittelt die Kriminalpolizei wegen eines Galgens, der an einem Traktor befestigt war. Im Anschluss an die Kundgebung zog ein Demonstrationszug unter dem Motto "Genug ist genug!" durch die Stadt, an dem laut Schubert rund 200 Menschen teilnahmen. Der Bauernverband hatte sich im Vorfeld davon distanziert.
Die Generation Klimakleber zerstört, behindert! Ziele:nicht wirklich zielführend!
Zum Schluß wirklich einmal überlegen, wo man die Kartoffeln lieber kauft, in Hollstadt oder man bezieht sie aus Polen.
Während die Chemische Industrie Erdöl steuervergünstigt erhält, um daraus Chemieprodukte zu machen
und die Lufthansa ihr Kerosin KOMPLETT energiesteuerbefreit erhält, um damit Leute umher zu fliegen,
ist schon bisher absolut unfair, dass AUSGERECHNET Landwirte für den Diesel, mit dem sie NAHRUNGSMITTEL erzeugen, Energiesteuer zu zahlen haben.
Aber jetzt noch mehr ? (47 statt 26 Cent)
Das ist überhaupt NICHT hinnehmbar.
Natürlich auch nicht, wenn das Paket bloß ein klein wenig aufgeschoben wird, aber die fleißigen Ernährer dennoch trifft.
Wenn das so ist, gehört auch das geändert. Können Sie da bitte weitere Informationen/Links veröffentlichen.
"und die Lufthansa ihr Kerosin KOMPLETT energiesteuerbefreit erhält, um damit Leute umher zu fliegen,"
Verantwortlich dafür ist ein weltweites Abkommen. Kurzfristig wird aber die Ticketsteuer - je weiter der Flug, desto grösser die Erhöhung - für alle deutschen Flughäfen erhöht
Und auch die vielgescholtene EU plant im Rahmen von "Fit for 55" eine Kerosinsteuer auf innereuropäische Flüge. Allemal besser als in jedem EU-Land einzeln zu machen.
https://www.deutschlandfunk.de/eu-gesetzespaket-fit-for-55-wie-die-eu-ihre-klimaziele-100.html