Mit Spannung war erwartet und teils auch befürchtet worden, wie sich die Proteste der Landwirte am Montag auf den Straßenverkehr im Landkreis auswirken würden. "Wie komme ich auf die Arbeit?", lautete eine viel gestellte Frage. Und tatsächlich mussten so einige, die mit dem Auto unterwegs waren, eine große Portion Geduld und viel Zeit mitbringen, bis sie am Montagmorgen an ihr Ziel gelangten.
Ab 5.30 Uhr versammelten sich die Teilnehmer an verschiedenen Treffpunkten, von wo sie gemeinsam starteten. Im Schritttempo fahrend behinderten sie den Verkehrsfluss an wichtigen Knotenpunkten und Verkehrsadern, wie der BayWa-Kreuzung in Bad Neustadt oder auf der ehemaligen B 19 zwischen Bad Neustadt und Münnerstadt. So pendelten zahlreiche Traktoren zwischen dem Kreisel in Bad Neustadt und der Autobahnauffahrt bei Burglauer.
70 Traktoren auf der Streuwiese in Mellrichstadt
Im oberen Streutal versammelten sich 70 Traktoren und Lastwagen um 6.30 Uhr auf der Streuwiese in Mellrichstadt und fuhren im Konvoi Richtung Autobahn 71. Am Kreisel am Bahnhof teilte sich die Kolonne Richtung Hendunger Straße und Meininger Landstraße auf, um weiter zum Autobahnzubringer zu fahren.
Die Autobahnauffahrten Richtung Erfurt und Schweinfurt sollen aber nicht gesperrt werden, so die Absprache der Beteiligten mit der Polizei. Bis zum Nachmittag werden die Traktoren auf den Zufahrtswegen zur Autobahn unterwegs sein und dabei ihren Protest gegen die Sparpläne der Regierung zum Ausdruck bringen.
Zustimmung, aber auch genervte Autofahrer in Bad Neustadt
Die Protestierenden ernteten viel Zustimmung, teilweise gab es Applaus vom Straßenrand. Für ein Beispiel von Solidarität sorgte Inge Mühlfeld aus Salz. Sie schenkt schon am frühen Morgen am Pendlerparkplatz Burglauer, nahe der Autobahnauffahrt Münnerstadt, Kaffee an die Landwirte aus und serviert Muffins. "Ich bin ein Bauerskind", sagt sie. Deshalb habe sie sich gern bereiterklärt, bei der Aktion der Landwirte mitzumachen.
Manche Verkehrsteilnehmer zeigten sich allerdings auch genervt vom Fahren in Schrittgeschwindigkeit und brachten das mit entsprechenden Handzeichen zum Ausdruck. Die Verkehrsbehinderungen führten zudem dazu, dass ortskundige Autofahrer versuchten, über Ausweichstrecken ihre Ziele zu erreichen.
Mit dem Abflauen des Berufsverkehrs beruhigte sich die Verkehrslage in Rhön-Grabfeld etwas. Wie der Leiter der Bad Neustädter Polizeiinspektion, Jan Schubert, betonte, sei der Morgen ohne größere Probleme verlaufen. Viele Autofahrer hätten lediglich einiges mehr an Zeit benötigt, an ihr Ziel zu gelangen. "Es kam zu Verkehrsbehinderungen, aber es gab keine Blockadeaktionen", betont er.
Das Demonstrationsgeschehen habe sich auf die angekündigten Bereiche, die Autobahnzubringer bei Mellrichstadt und Burglauer/Münnerstadt sowie Bad Königshofen und Obereßfeld, beschränkt. Die Veranstalter, so Schubert, hätten sich sehr kooperativ verhalten und die Absprachen eingehalten. "Insbesondere das Versammlungsgeschehen an der Autobahnauffahrt Burglauer läuft sehr gut ab."
Neben den angemeldeten Demonstrationen gab es im Raum Bad Königshofen noch zwei Spontanversammlungen, so Schubert. Zudem rollten unangekündigt etwa 100 Traktoren aus dem Landkreis Hildburghausen in Thüringen auf Rhön-Grabfeld zu.
Traktoren aus Thüringen in Bad Königshofen
Diese wollten am Vormittag eine spontane Versammlung in Bad Königshofen abhalten. Berichte, auf hessischer Seite würden Landwirte die Schwedenschanze an der B 279 zwischen den Landkreisen Fulda und Rhön-Grabfeld blockieren, konnte Schubert nicht bestätigen.
Schubert, der die Einsatzleitung für den gesamten Landkreis Rhön-Grabfeld inne hat, zeigte sich am Vormittag zufrieden: "Es gab keine Verletzten, keine Blockaden und keine Unfälle." Jedoch ein paar wütende Anrufe aus der Bevölkerung. "Es gab Beschwerden aus der Bevölkerung, die sich genötigt gefühlt haben. Hier müssen wir nun ermitteln."
Rhön-Grabfelds Bauernverbands-Obmann Matthias Klöffel ist zufrieden
Matthias Klöffel, Kreisobmann des Bauernverbands Rhön-Grabfeld, zeigt sich am Montagmittag zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Protestes. "Von besonderen Vorkommnissen habe ich nichts gehört. Der Verkehr ist zwar verlangsamt, die Verkehrsteilnehmer kommen aber vernünftig durch. Sperrungen und Blockaden gab und gibt es keine", so Klöffel.
Zur Anzahl der Traktoren, die auf Rhön-Grabfelds Straßen unterwegs sind, will er sich nicht äußern: "Das kann ich nicht abschätzen, jede Aussage wäre reine Spekulation". Ab 15.30 Uhr veranstaltet der Rhön-Grabfelder Bauernverband eine Protestaktion am Festplatz in Bad Neustadt. Von einer weiteren Demonstration, die dort im Anschluss für den Abend angemeldet ist, distanziere sich der Bauernverband ganz klar, so Klöffel. "Wir fahren nach unserer Demo nach Hause."
Wie ist die Lage an den Schulen in Rhön-Grabfeld?
Die Bauernproteste haben auch Auswirkungen auf die Schülerinnen und Schüler in Rhön-Grabfeld – auch die Busse und Privatautos brauchten im dichten Verkehr länger. "Eine ganze Reihe ist heute später oder gar nicht gekommen", teilt Dr. Kerstin Vonderau, Schulleiterin des Rhön-Gymnasiums in Bad Neustadt, auf Nachfragen mit. Gegen 9.30 Uhr seien zwar dann fast alle da gewesen. Dennoch entfällt am Montag für alle Schüler – mit Ausnahme der Oberstufe – der Nachmittagsunterricht. Die Schulleiterin hofft, dass der frühere Schulschluss um 12.55 Uhr den Heimweg ihrer Schützlinge erleichtert.
Karl-Heinz Deublein, Leiter des Staatlichen Schulamtes Rhön-Grabfeld, konnte diese Informationen um die Mittagszeit konkretisieren. In Bad Neustadt lassen alle weiterführenden Schulen ihren Nachmittagsunterricht am Montag ausfallen. Hintergrund sei die große Kundgebung des Bauernverbandes um 15.30 Uhr auf dem Festplatz. "Alle Schülerinnen und Schüler sollen gesichert nach Hause kommen. Wir wollen sie nicht dem Ungewissen überlassen", erläutert Deublein.
In den Grundschulen seien davon weniger betroffen. Hier gebe es in der Regel keinen Nachmittagsunterricht. Auch hätten die Schüler zumeist kurze Wege nach Hause.
Der Schulbeginn am Montagmorgen sei bis auf einige Verspätungen reibungslos vonstattengegangen. "Es musste kein Präsenzunterricht ausfallen", betonte der Schulamtsdirektor.
Vorherige Absprachen mit der Polizei und dem ÖPNV
Bereits am Freitag seien in Absprache mit der Polizei und dem ÖPNV alle Schulen darüber informiert worden, dass es am Montag zu Verspätungen kommen könne. So hätten die einzelnen Schulen die Möglichkeit gehabt, die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern mittels ihrer Plattformen über Änderungen zu informieren. "Das hat gut funktioniert", so das Fazit von Karl-Heinz Deublein.
In anderen Bereichen des Landkreises ist die schulische Lage noch entspannter. Von der Ignaz-Reder-Realschule Mellrichstadt berichtete Verwaltungsangestellte Melanie Schüller von nur wenigen Schülern, die gar nicht oder zu spät kamen, "aber das hatten wir bei Eis auch schon". Ähnlich sieht es an der Grabfeld-Mittelschule Bad Königshofen aus. "Bei uns war es unproblematisch, es gab nur wenige Verspätungen. Deshalb ging der Unterricht einfach etwas später los als sonst", so Schulleiter Jürgen Seidenzahl.
Am frühen Nachmittag wurde das Durchkommen in den Straßen von Bad Neustadt wieder deutlich schwieriger. Die Fahrzeuge der Protestierenden bewegten sich in Richtung der Kundgebung am Festplatz.
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