Es gibt auch gute Nachrichten aus dem Wirtschaftsleben in Rhön-Grabfeld. In Zeiten, in denen Unternehmen Kurzarbeit anmelden und Stellenabbau ankündigen, kann IFSYS in Großbardorf nicht klagen. "Unsere Auftragslage ist gut", erklärt Geschäftsführer Sebastian Demar, der Ende Juli von seinem Vater Adelbert den Posten übernommen hat und nun zusammen mit Rigobert Zehner den Betrieb leitet.
Die Transformation in der Automobilindustrie – die Digitalisierung, das sich ändernde Mobilitätsverhalten der Menschen und die Entwicklung von der Verbrennertechnologie zur Elektromobilität – ist auch an IFSYS nicht spurlos vorübergegangen. Rund 80 Prozent der Auftraggeber kommen aus der Automobilbranche. "Um das Jahr 2020 mussten wir einen Rückgang in der Auftragslage registrieren", erzählt Rigobert Zehner. "Die Nutzung von Verbrennungsmotoren ging zurück, während die E-Mobilität nicht wie vorhergesagt in Fahrt kam", führt der 55-jährige gelernte Techniker aus.
Mittlerweile würden jedoch Unternehmen verstärkt in die elektrische Antriebstechnologie investieren. "Davon partizipieren wir", kann Zehner heute positiv feststellen. Zuführtechnik, die Kernkompetenz von IFSYS, sei derzeit stark nachgefragt, insbesondere für Automatisierungslösungen in der E-Mobilität, aber auch in der Elektrotechnik und anderen Industriezweigen.
Sebastian Demar: "Zuführtechnik bringt Ordnung ins Chaos"
Das Großbardorfer Unternehmen baut Sondermaschinen, die Sortierteile wie zum Beispiel Schrauben oder Scheiben in einer bestimmten Anzahl und Ausrichtung automatisch bereitstellen – ganz individuell nach den Wünschen der Kunden. Ein Roboter kann diese dann direkt aufnehmen. "Zuführtechnik wird in der Industrie überall dort benötigt, wo Massenteile verarbeitet werden und Produktionsprozesse automatisiert werden sollen", erläutert Adelbert Demar und sein Sohn fügt hinzu: "Zuführtechnik bringt Ordnung ins Chaos."
Adelbert Demar und Rigobert Zehner gründeten IFSYS im Jahr 2006 als Zweimann-Betrieb. Beide arbeiteten zuvor bei der Firma Köberlein in Bad Königshofen. Als diese ins benachbarte Thüringen wechselte, wagten die zwei Großbardorfer den Neuanfang.
Die erste Zeit hätten sie unter sehr einfachen Bedingungen gearbeitet, blicken die Firmengründer zurück. Damals sei es jenseits ihrer Vorstellungskraft gewesen, dass aus dem Zweimann-Betrieb einmal ein Global Player mit derzeit zirka 220 Beschäftigten wird, und dass sich die anfängliche Produktionsfläche in einer angemieteten Halle von 150 auf nunmehr fast 5000 Quadratmeter steigern sollte.
Produktionsfläche und Mitarbeiterzahl von IFSYS in Großbardorf steigen stetig
"Wir sind sehr schnell gewachsen", schildert Adelbert Demar. Es sei jedoch nicht immer stetig bergauf gegangen. "Die Banken- und Finanzkrise 2008 hat uns voll erwischt", erzählt der 66-Jährige. Man habe aber die Phase überstanden. Nicht zuletzt aus diesen Erfahrungen heraus und auch, um größere Projekte abwickeln zu können, wurde 2010 die Jopp-Gruppe mit ins Boot geholt. "Wenn man wachsen möchte, braucht man einen finanzkräftigen Partner", sagt der gelernte Elektromeister.
In den darauffolgenden Jahren wurde die Produktionsfläche nach und nach erweitert. 2012 und 2018 entstanden zwei neue Fertigungshallen. 2013 wurde eine Tochtergesellschaft in den USA und im folgenden Jahr im Firmenverbund mit der Jopp-Gruppe eine Niederlassung in China gegründet. 2016 wurde die Firma ELCOM in Rattelsdorf bei Bamberg übernommen, die heute als EMSO GmbH firmiert und als deren Geschäftsführer Adelbert Demar trotz "Ruhestand" nach wie vor fungiert.
Zweimalige Auszeichnung als "Bayerns Best 50"
In demselben Jahr wurde IFSYS erstmals vom bayerischen Wirtschaftsministerium als "Bayerns Best 50" ausgezeichnet. Dieser Erfolg konnte 2019 wiederholt werden.
Adelbert Demar, Rigobert Zehner und der 36-jährige Sebastian Demar sehen sich gut aufgestellt. Sowohl in Europa als auch in den USA und Asien, wo große Automobilkonzerne von IFSYS beliefert werden. "Wir haben Personal vor Ort und können dort einen zuverlässigen Service bieten", betont Zehner. Das verschaffe dem Unternehmen einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil.
Ein weiteres Plus sei, so Sebastian Demar, die Innovationskraft des Unternehmens. Produkte und interne Abläufe würden permanent optimiert. Der Handwerksmeister stieg 2007 nach der Lehre ins Unternehmen ein und wechselte schließlich in die Geschäftsführung.
Wert werde zudem auf die Nutzung der neuesten Technik gelegt, ergänzt Rigobert Zehner. Und nicht zuletzt hätten sie ein motiviertes und kompetentes Team, fügt Adelbert Demar an.
Ausbau des Geschäftsbereiches in den USA
Ohne Sorgen ist die Unternehmensleitung jedoch nicht. "Die Zeiten sind sehr unsicher, in Europa und weltweit", sagt Sebastian Demar. Die Risiken würden nicht weniger werden.
Dennoch strebt man in Großbardorf ein weiteres "gesundes Wachstum" an. Der Geschäftsbereich in den USA soll ausgebaut und am heimatlichen Standort soll auch zukünftig in Gebäude, Maschinen und Technologien investiert werden.
Auch sei man für die Erschließung neuer Märkte offen, meint Adelbert Demar, nicht zuletzt, um die Abhängigkeit von der Automobilindustrie abzumildern. 2020 wurde die Entwicklung der optischen Sortiertechnik für Haselnüsse begonnen. Wo normalerweise Maschinen für die Sortierung von Schrauben hergestellt werden, hat man eine Anlage entwickelt, die Haselnüsse optisch klassifiziert, sortiert und zuordnet, wodurch diese dann einfach und schnell weiterverarbeitet werden können.
Auch im Agrarsektor sieht das Unternehmen großes Potenzial
Generell sieht Adelbert Demar im Agrarsektor großes Potenzial und Möglichkeiten für ein zusätzliches Standbein des Unternehmens. Im Blick hat er dabei zum Beispiel Direktvermarktungsbetriebe, die eine Sortier-Maschine für unterschiedliche Produkte benötigen.
In Richtung Diversifizierung geht auch das Tochterunternehmen EMSO, in dem etwa 45 Mitarbeiter beschäftigt sind. Seit 2020 fertigt der Betrieb, der früher klassische Montageanlagen für die regionale Industrie herstellte, spezielle Anlagen für die Halbleiterindustrie im Reinraum. Dabei sind besonders hohe Ansprüche in Richtung Sauberkeit notwendig. "EMSO ist in dieser Nische sehr erfolgreich tätig", unterstreicht Adelbert Demar. Auch die Reinraum-Lösungen würden ein großes Potenzial für die Zukunft bieten.
Welchen Ratschlag würden Adelbert und Sebastian Demar sowie Rigobert Zehner anderen geben, die ein Unternehmen aufbauen und führen möchten? "Einen Schritt nach dem anderen gehen", sagt dazu Adelbert Demar, "sowie Rückschläge in Kauf nehmen". Und schließlich: "Es ist wichtig, seine Aufgaben mit Leidenschaft und Herzblut anzugehen."