Die Nachricht hatte zu Jahresbeginn in der Stadt für große Bestürzung gesorgt: Aufgrund einer finanziellen Schieflage hatte die Julius-Spital-Stiftung als Trägerin der beiden Mellrichstädter Altenheime beschlossen, das Seniorenheim St. Niklas im Herbst zu schließen. Ein Vierteljahr später vollzieht die Stiftung die Kehrtwende: Das Heim in der Stadtmitte mit 39 Pflegeplätzen soll nun doch bis 2026 betrieben werden.
Die positive Nachricht verkündete eine altbekannte Krisenmanagerin, wenn es um die Altenheime in Mellrichstadt geht: Angelika Ochs, die schon 2012 im Zuge einer drohenden Insolvenz die Julius-Spital-Stiftung wieder in ruhiges Fahrwasser führte und den Neubau des Franziska-Streitel-Altenheims am Hainberg auf den Weg gebracht hat, ist vorläufig wieder im Boot.
Warum wird St. Niklas nun doch bis 2026 weiterbetrieben?
Neu in der Geschäftsführung ist zudem Ilona Englert. Sie folgt auf Rudolf Staas nach, der im Februar aus freien Stücken seine Aufgaben als Stellvertreter von Geschäftsführer Marco Warnhoff abgegeben hat. Dies teilten Angelika Ochs sowie der Stiftungsvorsitzende, Bürgermeister Michael Kraus, und sein Stellvertreter, Pfarrer Thomas Menzel, im Gespräch mit dieser Redaktion mit.
Die Frage muss gestellt werden: Wie ist es möglich, dass sich die Situation rund um das Seniorenheim St. Niklas innerhalb von wenigen Monaten so grundlegend gewandelt hat? Zwei Gründe sind laut Angelika Ochs maßgeblich, dass das Haus nun doch über das Jahr 2024 hinaus eine Zukunft hat: Zum einen habe sich die finanzielle Situation in den vergangenen Monaten deutlich verbessert, zum anderen spielen die Pläne für die Sanierung des Nordflügels des Franziska-Streitel-Altenheims am Hainberg für den Fortbestand des Heims in der Stadtmitte eine Rolle.
Franziska-Streitel-Altenheim: Neubau ist ab September bezugsfertig
Im neu gebauten Haus am Hainberg schreitet der Innenausbau voran, voraussichtlich im September werden die Bewohner aus dem dortigen Altbau umziehen können. 66 Plätze stehen dann zur Verfügung. Im Anschluss wird der an den Neubau angrenzende Nordflügel mit 33 Betreuungsplätzen saniert. "Wenn hier keine Bewohner untergebracht werden müssen, verkürzt das die Bauzeit erheblich", sagt Angelika Ochs. Dies sei ein gewichtiges Argument, um St. Niklas trotz der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen weiterzubetreiben. Zur Erklärung: Aufgrund der Schließung von St. Niklas war geplant, dass die Bewohner ab Herbst ins Franziska-Streitel-Altenheim umziehen. Das ist nun nicht mehr nötig.
Die Arbeiten am Streitel-Heim sollen bis Anfang 2026 abgeschlossen sein, und so lange werde nun auch das Niklas-Heim für die Betreuung von pflegebedürftigen Menschen offen stehen. Dann könne geschlossen der Umzug von der Stadt an den Hainberg erfolgen.
Finanzielle Situation für das St. Niklas-Heim hat sich verbessert
Diese Vorgehensweise bedeute laut Ochs eine große Entlastung für die Firmen, die den Umbau des alten Gebäudeteils des Streitel-Altenheims bewerkstelligen, aber natürlich auch für die Bewohnerinnen und Bewohner der Altenheime sowie für das Personal. Man könne nun den Altbau in einem Stück sanieren und mit den Bewohnern auf einmal umziehen. "Das erleichtert die zukünftige Planung sehr."
Was die finanziellen Berechnungen für den Weiterbetrieb von St. Niklas angeht, hätten sich in den vergangenen Monaten entscheidende Grundlagen dahingehend geändert, dass eine Schließung noch in diesem Jahr abgewendet werden konnte. "Zum einen wurden die Kosten für die Pflegeplätze erhöht, zum anderen hat sich personell eine deutliche Verbesserung ergeben", erklärt Angelika Ochs. Aufgrund der neuen Situation werde das Betriebsergebnis für die Stiftung in 2024 tragbar, machen die Verantwortlichen im Gespräch mit dieser Redaktion deutlich.
Eigenes Personal statt teure Leiharbeit
Diese Ankündigung kommt überraschend. Noch im Januar stand angesichts des schlechten Betriebsergebnisses in 2023 eine drohende Insolvenz im Raum. Die finanzielle Lage von St. Niklas sei existenzbedrohend für die Julius-Spital-Stiftung, wurde damals bei der Pressekonferenz zur angekündigten Schließung laut. "Aufgrund von neuen Verhandlungen und Abschlüssen gestalten sich die Rahmenbedingungen für den Weiterbetrieb des Hauses nun allerdings deutlich günstiger", heißt es jetzt vonseiten der Geschäftsführung.
Das gewichtigste Argument dabei sei die Einstellung neuer Mitarbeiter. "Die Zahl der Leiharbeiter konnte zuletzt deutlich reduziert werden", erklärt Angelika Ochs. Leiharbeitspersonal sei deutlich teurer als festangestellte und tariflich entlohnte Mitarbeiter. Während sich die Stiftung im vergangenen Jahr viele teure Leiharbeiter für die Betreuung der Pflegeheim-Bewohner einkaufen musste, sei es nun gelungen, feste Arbeitskräfte für St. Niklas zu finden. Das entspanne die finanzielle Situation deutlich.
Neue Konzepte machen Altenheim als Arbeitgeber interessant
Doch wie ist es gelungen, auf dem knappen Arbeitsmarkt eigenes Personal für St. Niklas zu finden, wenn doch in knapp eineinhalb Jahren die Schließung droht? "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben allesamt die Möglichkeit, mit den Bewohnern ins Franziska-Streitel-Heim umzuziehen", so Angelika Ochs. Und das ist laut Ilona Englert eine verlockende Perspektive: "Die dort eingerichteten Hausgemeinschaften sind ein Modellprojekt für innovative Betreuung und bislang einzigartig in Bayern. Das ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann."
Das Personal der beiden Mellrichstädter Altenheime wurde in der vergangenen Woche über die neue Entwicklung informiert, ebenso die Bewohner und die Angehörigen. Die Freude über den angekündigten Weiterbetrieb von St. Niklas sei groß gewesen, sagt Ilona Englert, die sich bei der Gelegenheit auch bei allen Beteiligten vorstellen konnte.
Wie wird sich das Leben in den Hausgemeinschaften gestalten?
Die 59-Jährige ist seit März stellvertretende Geschäftsführerin der Mellrichstädter Altenheime und bringt langjährige Erfahrung im Sozialmanagement mit. Neben ihrer Tätigkeit im St. Josefs-Stift Eisingen ist die Würzburgerin an zwei Tagen in der Woche in den Einrichtungen in Mellrichstadt präsent und betreut hierbei neben dem Alltagsgeschäft auch den Neubau und die Sanierung des Franziska-Streitel-Altenheims.
Das St. Niklas-Heim soll, so der Stiftungsvorsitzende, Bürgermeister Michael Kraus, auch nach 2026 für die Pflege in der Stadt erhalten bleiben, wenn auch nicht mehr im stationären Bereich. "Möglich wäre etwa betreutes Wohnen oder die Einrichtung von Pflege-Wohngemeinschaften mitten in der Innenstadt." Für die Entwicklung eines Konzepts hat die Stadt nun noch fast zwei Jahre Zeit.