Wenn alles nach Plan verläuft, könnten noch in diesem Jahr die Bagger anrollen und Fakten für eine zukunftsweisende Altenpflegeeinrichtung in Mellrichstadt schaffen. Das Franziska-Streitel-Altenheim am Hainberg soll erweitert, saniert und neu strukturiert werden, um den Anforderungen an eine moderne Pflegeeinrichtung gerecht zu werden, in der sich die Senioren sprichwörtlich gut aufgehoben fühlen.
Dafür stehen die Verantwortlichen der Julius-Spital-Stiftung, zu der das Franziska-Streitel-Altenheim und das St.-Niklas-Seniorenheim in der Innenstadt gehören, gerade mitten im Entwicklungsprozess. Das Architekten-Auswahlverfahren ist abgeschlossen, Jörg Lammert von Gerotekten aus Weimar, einem Planungsbüro für soziale Aufgaben, hat den Zuschlag erhalten und Pläne für eine Einrichtung erstellt, die künftig 99 Betreuungsplätze bieten wird. Das neue Konzept für das Franziska-Streitel-Altenheim sieht Wohngemeinschaften vor, in denen Senioren und Pflegebedürftige miteinander und nicht nebeneinander leben. Dafür werden insgesamt über 15 Millionen Euro investiert.
Bürgermeister Michael Kraus, Kreiscaritas-Geschäftsführerin Angelika Ochs, die die Pflegeheime in Mellrichstadt führt, Einrichtungsleiterin Monika Heusinger und Architekt Jörg Lammert stellten die Pläne am Mittwoch bei einem Pressegespräch vor. Dazu eingeladen war auch Bürgermeister a. D. Eberhard Streit, in dessen Amtszeit der Grundstein für den Neubau und die Sanierung des bisherigen Altenheims gelegt wurden. Von dem Konzept, das Jörg Lammert für die Betreuungseinrichtung aufgelegt hat, sind alle Verantwortlichen überzeugt. Die Vorfreude ist groß, auch wenn es noch mehrere Jahre dauern wird, bis ein Seniorenwohnheim mit neuesten Standards am Hainberg steht.
Derzeit herrscht Aufbruchstimmung in den Büros der Beteiligten: Alle warten gespannt auf Nachrichten vom Landesamt für Pflege, wo über einen Förderantrag entschieden wird. "Natürlich hoffen wir auf einen positiven Bescheid und eine hohe Förderung", sagt Angelika Ochs. Die bayerische Staatsregierung hat die Förderrichtlinie Pflege im sozialen Nahraum, kurz PflegesoNah, aufgelegt, die dazu beitragen soll, eine bedarfsgerechte und flächendeckende pflegerische Versorgungsstruktur auszubauen und zu verbessern. Jeweils für einen Jahreszeitraum stehen 60 Millionen Euro zur Verfügung, um Projekte im Freistaat zu unterstützen. "Für 2021 wollen wir ein paar Millionen aus dem Fördertopf nach Mellrichstadt holen", zeigt sich Ochs zuversichtlich. Doch auch wenn das Mellrichstädter Projekt nicht gefördert werden würde, wird das Vorhaben umgesetzt. "Wir haben einen Plan B in der Tasche", versichert Ochs.
Dass etwas getan werden muss, ist keine Frage. Die Seniorenheime in der Stadt sind in die Jahre gekommen, der Bau am Hainberg wurde Ende der 1980-er Jahre eröffnet und entspricht nicht mehr den Anforderungen. Wie also sollte es mit der Altenpflege in Mellrichstadt weitergehen? Zumal die Nachfrage immer größer wird. Im Pflegeausschuss waren sich die Verantwortlichen schnell einig, dass investiert werden muss. Das Franziska-Streitel-Altenheim sollte erweitert und saniert werden, für den angrenzenden Südflügel, der aus Krankenhaus-Zeiten stammt und in den 1960er-Jahren erbaut wurde, lohnt sich das nicht mehr. Der Bau könnte später abgerissen und das Gelände anderweitig genutzt werden, eine konkrete Planung will die Stadt aber vorerst dazu nicht anstreben. Es warten dringlichere Aufgaben mit Fokus auf die Altenpflege.
Fünf Architekturbüros hatten sich für das Projekt in Mellrichstadt beworben, den Zuschlag erhielt Jörg Lammert aus Weimar, mehrfach ausgezeichneter Experte auf seinem Gebiet und gefragter Ansprechpartner auch für die bayerische Staatsregierung, wenn es um Konzepte für die Pflege der Zukunft geht. Er hat in seiner Planung den Alltag der Bewohner in den Vordergrund gestellt. "Die Senioren und Pflegebedürftigen sollen künftig miteinander kochen können und Zeit in einem gemeinsamen Wohnbereich verbringen", schildert Lammert. Hier werde also keine Pflege abgearbeitet, sondern der Lebensabend in einer Gemeinschaft in den Vordergrund gestellt, in der sie integriert sind. "Es geht um die Menschen", macht der Architekt deutlich.
Lammert versucht, nach den Bedürfnissen der Sozialträger Häuser zu konzipieren, die an die Bedürfnisse alter Menschen angepasst sind. Im Begriff Gerotekten-Büro reflektiert er dies nach außen. "Wir stehen für eine Mischung aus Gerontologie und Architektur." Der Wissenschaft vom Altern steht bei seiner Planung an erster Stelle, erst dann kommt die Optik.
Die oberste Prämisse laute: Wie kann man Pflege menschlicher und trotzdem wirtschaftlich gestalten? Dazu sind sogenannte Hausgemeinschaften geplant, überschaubare Gruppen mit bis zu zwölf Bewohnern, die individuell zusammengestellt werden, so dass die betreuten Personen möglichst gut harmonieren. Als erster Schritt wird dazu ein Neubau auf die freie Fläche neben dem Streitel-Heim gestellt, am Standort der ehemaligen Schwesternwohnheime. Wenn der Neubau abgeschlossen ist, wird das bestehende Franziska-Streitel-Altenheim saniert und eine Verbindung zum Neubau geschaffen, erklärt Angelika Ochs. Die Streitel-Bewohner ziehen dann, bis die Sanierung abgeschlossen ist, in den Neubau. Insgesamt rechnen die Verantwortlichen mit knapp vier Jahren Bauzeit für beide Maßnahmen.
Bisher stehen im Streitel-Altenheim 78 Betreuungsplätze zur Verfügung, daraus werden künftig 99 – 66 davon im neuen Haus. Doch die Pläne reichen noch weiter. "Wir wollen nicht nur ein Haus für Altenpflege sein, sondern ein Begegnungszentrum werden", sagt Einrichtungsleiterin Monika Heusinger. So schwebt ihr etwa ein offener Mittagstisch auch für Bewohner des Hainbergs vor, Veranstaltungen wie Seniorentänze, eine professionelle Anleitung zum Trainieren an den Geräten des benachbarten Mehrgenerationenspielplatzes und ein Café, das für alle offen ist. "So könnten vielleicht auch ältere Bewohner des Hainbergs länger zu Hause wohnen bleiben", sagt Heusinger. Anleitung zur selbstbestimmten Pflege zu Hause können Partner wie das Pflegeübungszentrum der Caritas oder die Sozialstation St. Kilian geben.
Wenn Pflege zu Hause nicht mehr möglich ist und ein Umzug ins neue Altenheim ansteht, sollen es die Senioren so komfortabel wie möglich haben. Dafür hat Monika Heusinger auch Kontakte zum Blindeninstitut geknüpft, um das Haus für Personen mit Sehbeeinträchtigung bestmöglich zu gestalten. Und auch eine Hausgemeinschaft für Menschen mit Demenz ist geplant, mit einem sicheren Garten, den die Bewohner nutzen können. Eine Hausgemeinschaft mit neun Plätzen ist für die Kurzzeitpflege vorgesehen, die derzeit stark nachgefragt wird. "Das gibt Angehörigen die Möglichkeit, einmal durchzuatmen", so Heusinger.
Der Neubau und die Sanierung werden im laufenden Betrieb gestemmt, "das wird eine Mammutaufgabe für alle Mitarbeiter", blickt sie voraus. Die Mitarbeiter werden alle weiterbeschäftigt, so dass nach Abschluss der Maßnahme der Betrieb reibungslos weiterlaufen kann. Für den Neubau sind etwa eineinhalb Jahre Bauzeit geplant, für die Renovierung des Altenheims knapp zwei Jahre. Insgesamt werden dann am Hainberg auf einer Fläche von knapp 5500 Quadratmetern innovative Betreuungskonzepte umgesetzt, 15,5 Millionen Euro werden dafür investiert.
"Es ist ein ambitionierter Plan, aber wohldurchdacht und gut durchgerechnet", sagt Angelika Ochs. "Über allem steht bei der Planung die Frage: Was passt für die Mellrichstädter und die Menschen aus der Umgebung?" Stadtchef Michael Kraus versichert, dass sowohl der Landkreis als auch die regionalen Banken hinter dem Projekt stehen. "Wir planen aus der Region für die Region", macht er deutlich.
Auf die Bewohner des Franziska-Streitel-Altenheims kommen also in absehbarer Zeit Belastungen zu, die ein Neubau und eine Sanierung eben so mit sich bringen. Doch Monika Heusinger erwartet hier keine Probleme: "Die Bewohner sind sehr interessiert, was die Baupläne betrifft", sagt sie. "Die Freude auf etwas Neues ist bei allen sehr groß."