Der Pflegenotstand in Deutschland ist so groß, dass Kliniken und Altenheime immer öfter Leiharbeitskräfte einstellen müssen, um ihren Betrieb aufrechthalten zu können. Dies gilt dem Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe zufolge besonders „für Ballungsräume im süddeutschen Raum“. Auch in Unterfranken, etwa in der Uniklinik Würzburg oder dem Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt, ist Leiharbeit üblich.
Die Zahl der Leiharbeiter ist innerhalb von fünf Jahren um 27 Prozent gestiegen
Laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit ist die Zahl der Leiharbeiter in der Pflegebranche von 2013 bis 2017 um 27 Prozent gestiegen. Nach der Statistik arbeiteten 2017 bundesweit rund 29 000 Krankenpfleger und Altenpfleger als Zeitarbeitskräfte. Die Dunkelziffer liegt Expertenschätzungen zufolge höher.
„Den Einrichtungen bleibt oft keine andere Wahl, als Engpässe über geleastes Personal zu kompensieren“, sagt Sabine Karg, für Bayern zuständige Referentin des Berufsverbands für Pflegeberufe. Innerhalb der Kliniken arbeiteten Leiharbeiter besonders häufig in der Intensivmedizin und der Chirurgie. So auch in der Uniklinik Würzburg: „Bei uns werden die Leiharbeiter überwiegend im OP-Bereich eingesetzt“, so der Personalratsvorsitzende der Uniklinik, Christian Huß.
Warum ausgerechnet in der operativen Medizin? „Im OP sind Methoden, Geräte und Abläufe eher standardisiert als auf Stationen. Der Einsatz von Leiharbeitern ist dort am effektivsten“, sagt Huß. Nach seinen Angaben greift die Uniklinik Würzburg aber vergleichsweise selten auf Zeitarbeitskräfte zurück; sie machten rund ein Prozent der 2400 Mitarbeiter aus. Ähnlich klingt die Auskunft aus dem Leopoldina Krankenhaus Schweinfurt. „Wir beschäftigen vor allem in der Intensivmedizin Leiharbeiter; sie machen ein Prozent unserer 500 Pfleger-Stellen aus“, sagt Christian Kirchner, zuständig für Unternehmenskommunikation. In Großstädten wie München ist Branchenkennern zufolge die Zahl der Leiharbeiter in Kliniken ungleich höher.
Stärker als in Kliniken aber kommen Kargs Erfahrungen nach Leiharbeiter in Altenheimenzum Einsatz. Friedhelm Fiedler, Sprecher des Arbeitgeberverbands Pflege, bestätigt das. In Deutschlands Altenpflegeheimen, erklärt Fiedler, müssten laut Vorgabe fünfzig Prozent der Pflegenden Fachkräfte sein. Unterschreiten Heime die Quote, dürfen sie ihr Haus nicht länger voll belegen. „Und das geht ins Geld“, sagt Fiedler, „ein leeres Bett ist für die Heime teuer“. In einer solchen Situation entscheiden sich Heimleiter Fiedler zufolge natürlich dafür, Leiharbeiter anzuwerben. Und zahlen dafür ordentlich Geld. Denn einerseits wollen ja die Zeitarbeitsfirmen für ihre Vermittler Gehälter erwirtschaften, andererseits sind übertarifliche Löhne bei Pflege-Leiharbeitern gang und gäbe. In der Branche sei es nicht unüblich, Pflegefachkräfte mit Vergünstigungen wie kostenloser Handynutzung oder einem Zusatz-Bonus in den Zeitarbeitsvertrag zu locken, sagt die Mitarbeiterin einer Vermittlungsfirma.
„Ich habe keine Boni bekommen. Aber mein Stundenlohn lag manchmal deutlich über dem Lohn der Stammkräfte“, berichtet die 24jährige Tamara, die Krankenpflegerin gelernt hat und mittlerweile Pflegemanagement studiert. Um ihr Studium zu finanzieren, arbeitet die junge Frau Teilzeit bei einer Zeitarbeitsfirma, die sie an Altenheime oder Kliniken vermittelt. Dass sie ihre Arbeitszeiten genau planen konnte , um so Arbeit und Studium vereinbaren zu können, empfand Tamara als sehr positiv. Nicht immer positiv waren die Reaktionen des Stammpersonals auf die Leiharbeiterin: „Viele hatten es schon satt, jeden Tag eine neue Leiharbeiterin begrüßen zu müssen“, so die junge Frau. Andere hätten sich aber über die zusätzliche Arbeitskraft gefreut.
Berufsverband für Pflegeberufe sieht vor allem in Altenheimen Leiharbeit kritisch
Die Referentin des Berufsverbands für Pflegeberufe sieht den Einsatz von Leiharbeitern insbesondere in Altenheimen kritisch. „Da geht es um langfristigen Beziehungsaufbau; da ist es wichtig, dass die Gepflegten ihre Pfleger und die Pfleger ihre Patienten kennen“, sagt Sabine Karg. Und mahnt: „Wenn Einrichtungen gut mit ihren Pflegekräften umgehen, ihnen ein gutes Arbeitsklima bieten und vor allem geregelte Dienstpläne, dann müssen sie nicht auf die Leiharbeiter zurückgreifen.“
Erstens werden Leiharbeiter fast immer schlechter bezahlt als fest angestelltes Personal.
Zweitens kosten Leiharbeiter mehr als fest angestelltes Personal.
Altenpflege ist eine Dienstleistung geworden. Wie jede andere Dienstleistung auch. Aufbau von langfristigen Beziehungen zu Bewohnern ist da nur ein Schlagwort der unwissenden Pflegeromantiker, die nicht wahr haben wollen was in deutschen Pflegeheimen passiert. Die Realität zeigt ganz deutlich, daß ohne Leiharbeiter und Freiberufler hunderte von Altenheimen sofort die Tür zu schließen müssten. Die Realität ist auch, daß mittlerweile fast nur noch schwerst pflegebedürftige, dem Tode nahe oder in höchstem Maße dementiell veränderte, polymorbide Menschen den Weg ins Altenheim finden. Der Aufbau einer Beziehung ist meist überhaupt nicht mehr realisierbar. Woher ich das weiß ? Ich bin einer dieser "Leihpfleger", ohne die unser System längst zusammen brechen würde. Man sollte uns danken, anstatt uns kritisch zu beäugen !