
Nach dem Nein von Bad Neustadts Bürgern zu einem Kulturzentrum im Fronhof im Rahmen des Bürgerentscheids Anfang Mai sind aktuell manche Fragen ungeklärt: Wie Bad Neustadt künftig mit seiner Stadtgeschichte umgeht, ist eine davon. Ob und wie soll der "reiche Schatz an historischem Material der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden"? Diese Frage warf Stadtbaumeister Michael Wehner im Vorfeld der letzten Stadtratssitzung vor der Sommerpause auf.
In den vergangenen Jahren sei intensiv an der Stadtgeschichte Bad Neustadts und der Region geforscht worden, so Wehner. Und zwar sowohl über die jüngere Stadtgeschichte ab der Stadtgründung im 13. Jahrhundert als auch über die Geschichte der Königspfalz Salz im 8. bis 11. Jahrhundert. So habe die Uni Jena im Pfalzgebiet Salz und für die Pfalzenforschung wesentliche Ergebnisse erarbeitet. Für die jüngere Stadtgeschichte lägen Schriftstücke ab dem 14. Jahrhundert im Stadtarchiv. Zahlreiche Objekte aus Bad Neustadt, die ab 1906 gesammelt wurden, lägen im Dachboden des Alten Amtshauses.
In einer Zukunftswerkstatt im Oktober will der Stadtrat über das Thema Stadtgeschichte diskutieren
In der Sitzung beschlossen die Räte einstimmig, die Frage "Ausstellungskonzept zur Stadtgeschichte und zur Königspfalz Salz"in Form eines Workshops im Rahmen einer Zukunftswerkstatt zu bearbeiten. Die Zukunftswerkstatt terminierte Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner auf Freitag, 25. Oktober.
Auf der Tagesordnung stünde an diesem Tag neben der Stadtgeschichte unter anderem auch das Integrierte Mobilitätskonzept, so Werner in der Sitzung. Der Workshop soll offenbar nur ein Ausgangspunkt sein. Auf Grundlage dieser Diskussionen werde dann später das eine oder andere Thema weiterverfolgt und durch die Verwaltung und den Stadtrat bearbeitet, heißt es seitens der Stadt auf die Anfrage dieser Redaktion, ob es sich bei dem Workshop um eine öffentliche Veranstaltung handele. "Im jetzigen Stadium ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung noch nicht vorgesehen und wäre wohl auch wenig sinnvoll", so die Presseauskunft.
Der Workshop finde gemeinsam mit Dr. Petra Wolters und dem Büro Studio Neue Museen statt, die beauftragt sind, ein Ausstellungskonzept zu entwickeln, das in großen Teilen bereits zur Verfügung steht. Wolters ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie der Universität Jena, Forschungsprojekt "Pfalzgebiet Salz", und Angestellte bei der Stadt Bad Neustadt im Bereich Museumskonzeption.
Johannes Benkert und die Fronhof-Gegner legen Ideen-Papier zur Stadtgeschichte vor
In der sich anschließenden Diskussion regte Stadträtin Bettina Wagner (Grüne) an, das Thema Stadtarchiv bei dem Workshop mit einzubeziehen. "Ich finde die Idee gut", bewertet Stadtrat Johannes Benkert (Neuschter Liste) den Workshop-Vorschlag und verwies auf eine Ideensammlung zum integrierten Geschichtskonzept, "wie man das Projekt Stadtgeschichte in Zukunft denken" könnte, die seitens der Bürgerinitiative Fronhof im Rahmen des Bürgerbegehrens entwickelt worden war. Bürgermeister Werner bat darum, die Liste der Verwaltung zukommen zu lassen.
Vorgeschlagen wird in dem Papier beispielsweise ein digitales Museum Bad Neustadt, die Implementierung der Geschichte und der Figur Karls des Großen in das Stadtbild von Bad Neustadt, Historische Kinowochen im Rex-Kino, die Einbindung der Ausgrabungsstätten am Veitsberg in Rundwander- und Fahrradwege. Vorgeschlagen wird neben anderem außerdem, dass Ausgrabungsleiterin Wolters mit ihren Ergebnissen als Vortragsreisende Schulen besucht, und dass historische Inhalte für Schulen aufbereitet zur Verfügung gestellt werden.
Auch die kommenden fünf Jahre soll rund ums Pfalzgebiet Salz archäologisch geforscht werden
In einem weiteren Tagesordnungspunkt der Sitzung entschied der Stadtrat, die archäologischen Forschungen rund um das Pfalzgebiet Salz der Uni Jena mit Ausgrabungsleiterin Petra Wolters fünf weitere Jahre fortzuführen. Ohne diesen Beschluss wäre das Forschungsprojekt Ende August ausgelaufen.
Die vertragliche Vereinbarung mit der Uni Jena sieht vor, dass die Stadt Bad Neustadt die Kosten für 50 Prozent einer Stelle, insgesamt rund 42.000 Euro jährlich, fünf Jahre lang, übernimmt. Die anfallenden Kosten trägt die Stadt Bad Neustadt gemeinsam mit den Gemeinden Salz und Hohenroth, wobei im Rahmen einer Zweckvereinbarung folgender Verteilungsschlüssel festgeschrieben wurde: Bad Neustadt (65 Prozent), Salz (25 Prozent) und Hohenroth (10 Prozent).
Unmut: Weil Hohenroth künftig weniger zahlt, müssen Bad Neustadt und Salz aufstocken
Eine Aufteilung, die Stadträtin Rita Rösch (SPD) nicht guthieß: "Ich finde es nicht schön, dass sich Hohenroth so heraus stiehlt. Das ist eine Gemeinschaftsaufgabe." Bisher hatte Bad Neustadt die Kosten zu 60 Prozent, Salz und Hohenroth Anteile von jeweils 20 Prozent getragen. Aus Sparsamkeitsgründen halbierte Hohenroth nun seinen Anteil und erzwang damit einen Aufschlag bei den verbliebenen Partnern. Das sei "sehr unglücklich gelaufen", bestätigte Werner, die Vorabsprache sei anders gewesen.
Jürgen Pröscholdt (SPD) regte an, zu prüfen, inwiefern künftig Heustreu finanziell mit ins Boot geholt werden könne, da eventuell neue Fundstellen Richtung Heustreu erschlossen werden sollen, wie Geschäftsleiter Maximilian Pfister zuvor informiert hatte. Da gelte es zu prüfen, ob die Grabungen dann wirklich auf Heustreuer Gemarkung stattfänden, so Bürgermeister Werner.
Sofern keine neuen Aspekte oder unerwarteten Funde auftauchen, die eine Erweiterung des Forschungsauftrages sinnvoll erscheinen lassen, seien mit dem Betrag von 42.000 Euro alle Kosten abgedeckt, beantwortete die Stadt Bad Neustadt eine diesbezügliche Anfrage dieser Redaktion. In den vergangenen fünf Jahren seien zusätzlich 50.000 Euro für Zusatzgrabungen und die Aufarbeitung aller Grabungsergebnisse sowie 30.000 Euro für die Erarbeitung und Erstellung entsprechender Publikationen zur Pfalz Salz angefallen.