"Ein wichtiger Tag für Bad Neustadt: Die Bürgerinnen und Bürger haben heute in der Hand, das Projekt Fronhof zu entscheiden", erklärte Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner am Sonntagnachmittag kurz vor Schließung der Abstimmungslokale für den Bürgerentscheid. Zweieinhalb Stunden später kommentiert er mit tiefer Enttäuschung in der Stimme das Ergebnis: "Bad Neustadt hat entschieden. Neun Jahre Arbeit an dem Projekt Fronhof sind mit dem Bürgerentscheid heute beendet."
Ab 18.50 Uhr waren die ersten Abstimmungsergebnisse des verbundenen Bürgerentscheids – dem Bürgerbegehren "Stoppt das Fronhof-Projekt" hatte der Bad Neustädter Stadtrat ein Ratsbegehren "Ja zum Kulturzentrum Fronhof" zur Seite gestellt – eingetrudelt. Die Befürworter verfolgten die Entwicklungen im Sitzungssaal des Rathauses, die Projektgegner in der Weinstube Dörr. Während die einen verhalten still, fast entsetzt auf die veröffentlichten Zahlen blickten, machte sich bei den Vertretern der Bürgerinitiative bereits verhaltene Freude breit.
Über die Hälfte der Bürger, die über die Zukunft des Fronhofs abstimmte, tat das per Briefwahl
Was sich von Anfang an abzeichnete, stand um 20.21 Uhr endgültig fest: Die Mehrheit derer, die beim verbundenen Bürgerentscheid am Sonntag, 5. Mai, abstimmten, wünscht sich kein Kulturzentrum im ehemaligen Gefängnis im Fronhof. Bürger- und Ratsbegehren hatten mit Auszählen des vorletzten Bezirks das Quorum erreicht.
Die Wahlbeteiligung lag bei 36,1 Prozent. Damit gingen fast zehn Prozent mehr Bürger zur Abstimmung als beim letzten Bürgerentscheid im Jahr 2020, als 26,49 Prozent zur geplanten Wohnanlage in Herschfeld ihre Meinung abgaben. Interessantes Detail: Über die Hälfte der Bürger, die über die Zukunft des Fronhofs abstimmte, tat das per Briefwahl, nämlich 2270 von 4096 Wählern.
Doppelter Sieg der Bürgerinitiative Fronhof: Gleich zwei Mal das Quorum erreicht
In gewisser Weise war es ein doppelter Sieg der Bürgerinitiative Fronhof: Denn sie erreichte das erforderliche Quorum gleich zweifach, einmal über die Ja-Stimmen des Bürgerbegehrens, ein zweites Mal über die Nein-Stimmen des Ratsbegehrens. Beide haben jedoch letztlich die gleiche Folge: Der Umbau des Fronhofs zum Kulturzentrum ist gestoppt. Die Stichfrage musste entsprechend nicht zum Tragen kommen.
Im Detail wurde folgendermaßen abgestimmt: 2952 Bürger, das sind 78,8 Prozent der gültig abgegebenen Stimmen, stimmten für das von der Bürgerinitiative Fronhof angestoßene Bürgerbegehren, das einen Stopp des Fronhof-Projekts fordert. Das erforderliche Quorum von 2269 Stimmen war erreicht.
Wo die meisten Gegner in Bad Neustadt wohnen, wo prozentual mehr Befürworter zu Hause sind
Das Ratsbegehren "Ja zum Kulturzentrum Fronhof", das der Stadtrat Bad Neustadt ergänzend zum Bürgerbegehren auf den Weg gebracht hatte, wurde seitens der Bürgerschaft mehrheitlich mit Nein beantwortet: 2815 Bürgerinnen und Bürger, das waren 72,5 Prozent der gültigen Stimmen, kreuzten "Nein" an.
Blickt man auf die Einzelbezirke – eingerichtet waren sechs Urnenabstimmungslokale und drei Briefwahllokale – zeigt sich überall ein ähnliches Bild: Die Projektgegner sind deutlich in der Mehrheit. Besonders groß war die Aversion gegen ein Kulturzentrum offenbar in "Herschfeld-Dürrnhof", wo das Bürgerbegehren auf 81 Prozent Ja-Stimmen und das Ratsbegehren auf 78,1 Prozent Nein-Stimmen kamen.
Prozentual die meisten Befürworter gingen hingegen im Bezirk "Innenstadt-Mühlbach-Neuhaus-Löhrieth" an die Urne: Hier sagten immerhin 42,9 Prozent der Bürger Ja zum Ratsbegehren und damit dem Bau eines Kulturzentrums. Das Bürgerbegehren fuhr mit 67,3 Prozent Ja-Stimmen sein "schlechtestes" Ergebnis ein.
Die Bürgerinitiative Fronhof: "Kein Tag des Triumphs, sondern ein Tag der Vernunft"
"Es ist so schade, dass die Menschen nicht den Mut für das Projekt aufbringen", nicht nur Kulturreferentin Anne Zeisner war im Sitzungssaal des Rathauses die Enttäuschung, auch über die jahrelange im Rückblick nun sinnlose Arbeit, anzusehen.
In der Weinstube Dörr jubelten derweil die Vertreter der Bürgerinitiative. "Wir sind zufrieden", erklärte Sprecher Johannes Benkert. Er dankte den Wählerinnen und Wählern für das "eindeutige Wahlergebnis": "Die Bürger haben ganz klar gesagt, dass es so nicht funktioniert." Im Ergebnis sei deutlich geworden, dass die Bürgerinitiative über verschiedene politische Fraktionen hinweg eine breite Basis in der Gesellschaft habe.
Beim Fronhof-Umbau hätte es sich um das größte Bauprojekt seit dem Zweiten Weltkrieg gehandelt. Da hätte man die Bürger in jedem Fall im Voraus fragen müssen, ist Benkert überzeugt. Nichtsdestotrotz sei dieser 5. Mai "kein Tag des Triumphs, sondern ein Tag der Vernunft".