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Bischofsheim
"Mit Wirtschaftlichkeit hat das nicht mehr viel zu tun": Die Rhöner Lift- und Loipenbetreiber sind frustriert
In der Rhön war in diesem Winter an nur wenigen Tagen Skisport möglich. Die Betreiber sprechen von einem "Draufleggeschäft" und einer "Katastrophe".
Das Jubiläumswochenende am 20. und 21. Januar auf der Wasserkuppe. Da herrschte noch ein Riesenandrang. Bald darauf setzte das Tauwetter ein. 
Foto: Martina Müller (Archivfoto) | Das Jubiläumswochenende am 20. und 21. Januar auf der Wasserkuppe. Da herrschte noch ein Riesenandrang. Bald darauf setzte das Tauwetter ein. 
Sigrid Brunner
 |  aktualisiert: 09.03.2024 02:42 Uhr

Selten hielt die Skisportsaison in der Rhön so früh Einzug wie in diesem Winter. Bereits im November gab es Schnee, die Loipen wurden gespurt und die Skilifte nahmen ihren Betrieb auf. Die Wintersportbegeisterten zog es in Scharen in die Rhön. Die weiße Pracht nahm jedoch ein baldiges Ende. Nach einem kurzen Schnee-Intermezzo im Januar brachte ein Wärmeeinbruch auch in höheren Lagen Regen und die vergleichsweise milden Temperaturen wollten im weiteren Verlauf des Winters nicht mehr weichen. Dementsprechend frustriert fällt die Bilanz der Lift- und Loipenbetreiber aus. 

Matthias Adrian vom Arnsberg: "Irgendwann wird der Tag kommen, an dem wir zusperren müssen"

"Es war eine sehr schlechte Saison", sagt ein enttäuschter Matthias Adrian, Skiliftbetreiber am Arnsberg in Oberweißenbrunn. An nur sechs Tagen lief der Lift und auch nur der kurze A2. Der lange A1 sei gar nicht in Betrieb genommen worden. Im Winter zuvor sei man auf 17 Skitage gekommen, davor waren es 21.

"Ein Draufleggeschäft ist auf Dauer nicht möglich", macht Matthias Adrian deutlich. Er und seine Familie, die außerdem noch den Campingplatz in Bischofsheim betreibt, würden durchaus überlegen, wie lange sie das noch aufrechterhalten können. Seit etlichen Jahren bemühen sie sich, mit einem Bikepark einen Sommerbetrieb ins Leben zu rufen. Die Umsetzung gestalte sich aber sehr schwierig. Damit würden sie die schlechten Winter etwas auffangen können. 

"Wir sind mit Herzblut dabei und wollen den Skilift für die Region aufrechterhalten", betont Adrian. Die Hoffnungen der Familie würden momentan vor allem darauf liegen, die Anlage instand halten zu können. "Wir machen weiter, solange wir es von der Arbeit her schaffen und es finanziell machbar ist."

Nichtsdestotrotz sagt der Liftbetreiber: "Irgendwann wird der Tag kommen, an dem wir zusperren müssen. Aber wir hoffen, dass wir diesen Zeitpunkt noch eine Weile hinausschieben können."

So schön kann der Winter in der Rhön sein.  Zum Leidwesen der Skiliftbetreiber gab es Tage dieserart zu wenig. Das Foto entstand am 20. Januar 2024 auf der Wasserkuppe.
Foto: Martina Müller (Archivfoto) | So schön kann der Winter in der Rhön sein.  Zum Leidwesen der Skiliftbetreiber gab es Tage dieserart zu wenig. Das Foto entstand am 20. Januar 2024 auf der Wasserkuppe.

Volker Willert vom Kreuzberglift: "Wir machen weiter, solange es geht"

Am Kreuzberg liefen die Lifte im November und Dezember zwei Wochen lang. Drei Wochenenden konnten mitgenommen werden. Dann standen die Bügel für den Rest des Winters still. Der Schnee vom Januar habe nicht ausgereicht, um den Liftbetrieb wieder aufzunehmen, blickt Inhaber Volker Willert zurück. Im Jahr zuvor sei man auf drei Betriebswochen gekommen. 

"Wir machen weiter, solange es geht", meint auch er. Größere Investitionen seien aber unter diesen Umständen nicht rentabel. "Mit Wirtschaftlichkeit hat das nicht mehr viel zu tun."

Wie den Adrians ist es auch ihm wichtig, die Skitradition am Kreuzberg zu erhalten. "Wenn Schnee liegt, macht das Ganze ja auch viel Spaß", so Willert. Er müsse jedoch auch eine Mannschaft zusammenbringen, die die Arbeit macht. Jeder sei beruflich eingespannt. "Solange das noch funktioniert und die Menschen in der Region kommen, solange läuft es bei uns weiter."

Kunstschnee sei am Kreuzberg aufgrund der Naturschutzvorgaben schwierig zu realisieren, führt Willert weiter aus. Er habe auch schon an eine Mattenskianlage gedacht. "Aber das Risiko, dass diese nicht angenommen wird, ist mir zu groß."

Harald Jörges vom Zuckerfeld: "An Investitionen ist momentan nicht zu denken"

Im Gegenzug zum Kreuzberg wird auf dem Zuckerfeld bei Gersfeld in der hessischen Rhön auch künstlich beschneit. "Erstmals in unserer ganzen Geschichte sind wir zehn Tage lang nur auf Kunstschnee gefahren", sagt Harald Jörges vom Zuckerfeldlift. Das war Anfang/Mitte Januar. Zusammen mit zehn Tagen im November und Dezember kommt er insgesamt auf 20 Lifttage. Das sei viel zu wenig. "Unser Minimum sind 40 Tage." Im letzten Jahr liefen am Zuckerfeld an 37 Tagen die Lifte.

Glücklicherweise befinde man sich auf einem technisch guten Stand. "An Investitionen ist momentan nicht zu denken", betont er. "Wir sprechen nur noch von Erhaltung und hoffen, dass die nächste Saison nicht wieder eine Flaute wird."

Jörges schaut auch mit bitterem Blick auf den Corona-Winter 2020/2021 zurück, an dem die Skilifte geschlossen bleiben mussten. "Da hätten wir ein ordentliches Polster anlegen können." In dem Winter gab es Schnee, wie schon seit Jahren nicht. "Da wären 70 bis 80 Skitage zusammengekommen."

Es gebe jedoch auch positive Erfahrungen, so Harald Jörges. "Die Leute sind sehr dankbar für den Skibetrieb." Viele würden zu ihnen sagen: "Macht bitte weiter" oder auch "Haltet durch, wir hoffen, dass der nächste Winter besser wird."

Florian Heitmann von der Ski- und Rodelarena Wasserkuppe: "Wir müssen das Wetter nehmen, wie es ist"

Auf der benachbarten Wasserkuppe, wo ebenfalls künstlich beschneit wird, liefen immerhin an 46 Tagen die Lifte. Das ist für Hessens höchsten Berg jedoch nicht unbedingt der Maßstab. Im Jahr zuvor waren es 69 Lifttage. Der Durchschnitt liegt bei 60 Tagen. "Es ist halt so. Da können wir nichts machen. Wir müssen das Wetter nehmen, wie es ist", kommentiert das Florian Heitmann, Betriebsleiter der Ski- und Rodelarena.

Zu ungewöhnlich früher Zeit, am 2. Februar, habe man den Liftbetrieb einstellen müssen. Auch auf der Wasserkuppe blickt man auf einen "Superstart" im November mit sehr vielen Gästen zurück. Mitte Januar habe man bei Schnee, Sonnenschein und blauem Himmel das 60. Jubiläum der Skilifte feiern können. "Besser hätte es nicht sein können", so Heitmann. Bald darauf habe dann das Tauwetter eingesetzt. 

Die Investition in eine Beschneiungsanlage für Plustemperaturen sei für die Wasserkuppe keine Alternative, betont Florian Heitmann. "Das wollen wir nicht. Es soll schon Winter sein."

Nicht nur die Skiliftbetreiber ziehen eine negative Bilanz, auch die Langläufer blicken unzufrieden auf den Winter zurück. 
Foto: Martina Müller (Archivfoto) | Nicht nur die Skiliftbetreiber ziehen eine negative Bilanz, auch die Langläufer blicken unzufrieden auf den Winter zurück. 

Wolfgang Kemmerzell zieht Langlauf-Bilanz: "Das war kein Winter"

Wie lief es für die Langläuferinnen und Langläufer? "Es war eine Katastrophe", sagt Wolfgang Kemmerzell, Inhaber von "loipenpark.de". "Das war kein Winter." Am Loipenzentrum Rotes Moor kommt er gerade mal auf insgesamt 18 Schneetage. 15 im November und Dezember und dann nochmals drei Tage im Januar. Am Kreuzberg waren es 14 und an den Schwarzen Bergen zwölf Langlauftage. 60 bis 70 Schneetage seien notwendig, um mittelfristig die Infrastruktur weiterentwickeln zu können. 

"Die ersten Tage haben sehr hoffnungsvoll gestimmt und dann kam die Ernüchterung", fasst er die Langlaufsaison zusammen. "Das war der schlechteste Winter und vor allem der wärmste Februar, an den ich mich erinnern kann." Man müsse sich in der Rhön daran gewöhnen, dass es eher rückwärts als vorwärtsgeht. "So verdient man keinen einzigen Euro", ist Kemmerzell deprimiert. Das sei wirtschaftlich nicht mehr darstellbar. 

Für das Loipenzentrum am Roten Moor müsste ein neues Loipenspurgerät angeschafft werden. "Da fehlen die Argumente, um das zu realisieren."

Wie blickt Wolfgang Kemmerzell in die Zukunft? "Ich glaube nicht daran, dass es besser wird, aber ich lasse mich gerne überraschen", antwortet er.

 
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Kommentare
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  • Lars Hoffmann
    Warum sollte denn der Klimawandel gerade in den Mittelgebirgen ausgerechnet um die Rhön einen Bogen machen ?

    In meiner Schulzeit haben wir im Allgäu schifahren - alpin und nordisch - gelernt - über die Hälfte der Anlagen gibt es nicht mehr - viele haben zum Teil frühzeitig erfolgreich auf andere Formen des Fremdenverkehrs für aktive und frischluftorientierte Menschen umgestellt .

    es ist sehr schade , aber das Nachtrauern hilft genauso wenig wie der Versuch , das Ende kostspielig und naturfeindlich hinaus zu zögern

    Hans Sartoris
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  • Ingrid Reichelt-Schölch
    Richtig! Doch viele hören den alten Indianerspruch „Wenn das Pferd tot ist, steig ab!“ ungern.

    Allgemein wird es vermehrt Probleme geben. Bei vielen Klimathemen hörte man aus Gesprächen heraus, dass sich Investitionen, z.B. PV, nicht rechneten, man abwarte. Als ob Klima verhandelbar wäre! Nicht jeder kann alles, doch zusammen geht’s oft oder etwas mehr. Unser Nahwärmeprojekt 2023 ist auch gescheitert - die nachweislich fehlende Unterstützung der Stadt gepaart mit „Hinweisen“ des BGM auf die Risiken u. Probleme haben Interesse und somit das Projekt schnell erstickt.
    Notwendig wäre schon vor einigen Jahren Produktentwicklung für etliche voraussehbaren Probleme gewesen, um für Bürger oder gewünschte Zielgruppen Konzepte zu erarbeiten - u.a. auch für demograph. Wandel.
    Wieder keine offenen Ohren, es „läuft doch“!

    Lockdowns hatten alle.
    Manche Kommunen haben Chancen genutzt, hier haperts.
    „Wer zu spät kommt“ … kriegt Schlüsselzuwendungen, Art Sozialhilfe. Pech für fast alle dann.
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