Nebel verhängt den Kreuzberg. Regen zieht schräg über den Rothang. Wasser rauscht aus Rohren auf den Parkplatz. Kein guter Zeitpunkt, um über eine neue Ära der Kreuzberglifte zu sprechen. "Ach was", sagt Thomas Fuß, "als ich die Lifte 1986 von Otto Willert gepachtet habe, hatten wir auch keinen Schnee. Südströmung, wie jetzt. Das war damals schlecht. Und heute auch!" Der 64-Jährige blinzelt hinüber zu seinem Sohn Justin. Der 35-jährige Haselbacher ist seit 1. Januar der neue Betreiber der Kreuzberglifte.
Zeit seines Lebens – Justin Fuß ist im Dezember 1987 geboren – haben die Lifte an den Dreitannen, am Blick und am Rothang eine große Rolle gespielt in der Familie. Nicht nur im Winter. "Irgendwann kam bei mir der Gedanke, dass ich die mal übernehme von meinem Vater", sagt der gelernte Landmaschinenmechaniker. Mit sieben Jahren hatte ihn Papa Thomas schon mit in die Pistenraupe genommen, mit 14 hat er sie selbst gesteuert.
Landschaftspflege in der Hochrhön als Hauptbetrieb
Jetzt besitzt er vier Raupen. Zwei für den Winter am Berg, zwei für seinen Hauptbetrieb, der Landschaftspflege in der Hochrhön. Oder dort, wo seine Spezialgeräte sonst gebraucht werden. "Ich mache mir keinen großen Kopf, ob wir künftig weniger Schnee haben in der Rhön oder nicht. Die Lifte sind Nebenbetrieb. Liegt Schnee, fahren wir sie an. Liegt keiner, geht’s zum Mulchen." Rhöner Pragmatismus.
Den hat ihm offensichtlich sein Vater Thomas vererbt. Der hat in den 37 Jahren als Liftbetreiber alles erlebt, was sich an Wetter über der Rhön zusammengebraut hat. "Ich hab’ bei Minus 16 Grad mit meinem Bruder die Pistenraupe repariert. Mitten in der Nacht. Bei Extrem-Regen den Lift angemacht, weil Menschenmassen am Parkplatz standen und unbedingt Skifahren wollten. Aber auch Jahre gehabt, in denen überhaupt kein Schnee lag. Das ist nun mal so in der Natur."
"Und jetzt tut der Regen gut", blickt Justin Fuß in den wolkenverhangenen Himmel. "Das geht alles ins Grundwasser. Das braucht die Natur."
In der nächsten Woche soll in der Rhön Schnee fallen
Nächste Woche soll wieder Schnee fallen, auch in der Rhön. "Wenn 10 bis 15 Zentimeter liegen, könnten wir präparieren", sagt der junge Liftbetreiber. Die Voraussetzungen stimmen. Der Hang ist nass. Kalter Schnee verbinde sich gut damit, diese Auflage könne man verdichten "und wir müssen auf kältere Temperaturen hoffen", weiß er aus den zwei Jahrzehnten Erfahrung, die er mit seinem Vater am Berg gesammelt hat.
Die hat er nicht nur am Kreuzberg gesammelt. Seine Ausbildung als Landmaschinenmechaniker bei der BayWa, seine Berufsjahre im Außendienst für Kommunalgeräte und später für Agrargebäude haben seinen Horizont erweitert. 2012 hat sich der junge Haselbacher selbstständig gemacht. Er hat mit seiner Pistenraupe Mais geschoben für Lohnunternehmen. Zudem das Mulchen im Forst für die Landschaftspflege übernommen. 2013 war Justin Fuß für einige Monate in Lettland. Dort hat er Torfgebiete entbuscht. Mit seinem Spezialmulchsystem kämpft er in der Landschaftspflege gegen die Lupinen-Ausbreitung in der Rhön. Neben den vier Raupen zählen zu seinem Fuhrpark ein Kettenbagger und ein Sattelschlepper.
Mit Volkert Willert, dem Liftbesitzer, hat Justin Fuß einen neuen Pachtvertrag ausgearbeitet. "Dass der Liftbetrieb in einer Familie bleibt, finde ich eine gute Sache. Darüber bin ich sehr froh. Justin kennt die Vor- und die Nachteile eines solchen Betriebes", sagt Willert. Der Liftbesitzer forscht und lehrt als Professor Elektrotechnik an der TU Schweinfurt.
Die Skitage gehen von Saison zu Saison zurück
Nach seiner Einschätzung könne man in der Rhön noch 20 Jahre Ski laufen. Trotz Klimawandel. Und wenn die Lifte technisch noch mitmachen. Denn Rücklagen seien nicht vorhanden. "Ich kann nur in den Liftbetrieb investieren, wenn ich vorher etwas eingenommen habe", sagt Justin Fuß. "Millionäre werden wir nicht!"
Willert findet das eine "sehr sinnvolle" Einstellung. "Über den Daumen gepeilt sind bei uns in den vergangenen 20 Jahren die Skitage pro Saison zwar um ein Viertel zurückgegangen. Punktuell aber lief der Betrieb an den Liften häufig recht gut", bilanziert der Ingenieur. Und: "Wir hatten schon viele Januare, in denen kein Schnee lag."
Das weiß auch Thomas Fuß. Er erinnert sich an den Winter 1988, als sein Sohn Justin kurz zuvor zur Welt gekommen war. "Da hat es am 7. Februar geschneit. Am 9. Februar hatten wir den Lift in Betrieb – und einen Meter Schnee am Berg. Wir sind sechs Wochen gefahren."
Sollte sich das nun wiederholen, muss sich der neue Liftbetreiber sputen. Und Ski kaufen. Justin Fuß hat momentan keine.