Jetzt scheint es nachgewiesen: Der Einstieg in die Produktion von grünem Wasserstoff in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld ist machbar. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine Studie, die im feierlichen Ambiente des Abteisaales in Maria Bildhausen präsentiert wurde. Die Energiewende in der Region ist damit nach Überzeugung von Teilnehmern einen kleinen, aber nicht unwichtigen Schritt vorangekommen.
Warum wurde die Wasserstoff-Studie beauftragt?
Grüner Wasserstoff gilt als ein Energieträger für eine klimaneutrale Zukunft - auch für die regionale Wirtschaft. Damit stellt sich auch in der Region die Frage: Ist eine großtechnische Produktion von Wasserstoff (H2) aus regenerativ erzeugtem Strom in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld technisch und vor allem auch wirtschaftlich möglich? Klären sollte das eine Studie, mit der die R3 RegionalEnergie GmbH aus Münnerstadt gemeinsam mit den Energieversorgern der Region eine darauf spezialisierte Siemens-Tochter beauftragte. Auf Einladung des Münnerstädter Klimamanagers Stefan Richter trafen sich nun etwa 70 Kommunalpolitiker, Wissenschaftler, Verantwortliche von Energieversorgern und regionalen Unternehmern in Maria Bildhausen. Hier stellte Dr. Rainer Saliger, Projektentwickler für dezentrale Energiesysteme bei Siemens, die komplexe Studie vor.
Warum soll grüner Wasserstoff produziert werden?
Nicht zuletzt mit dem Bau des Windparks Bildhäuser Forst und zahlreicher neuer Photovoltaikanlagen will man im gemeinsamen Oberzentrum Bad Kissingen und Bad Neustadt auf dem Weg zu einer bürgerschaftlich getragenen Energiewende vorankommen. Als eine Komponente dabei sieht man die Umwandlung von überschüssigem Strom, den die wachsende Zahl dieser Anlagen künftig liefert, in grünen Wasserstoff. Der stünde dann als speicherbarer und universeller Energieträger zur Verfügung. Unternehmen hätten die Möglichkeit, mit grünem Wasserstoff fossile Energieträger zu ersetzen, zudem könnte er an Wasserstofftankstellen angeboten, in das Gasnetz eingespeist oder bei Bedarf erneut verstromt werden. Bei der Umwandlung von Strom in Wasserstoff mit einem sogenannten Elektrolyseur fällt zudem Wärme an, die für Nahwärmenetze genutzt werden könnte.
Was wurde in der Studie untersucht?
In der Studie wurde geprüft, ob es technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist, hier in die großtechnische Wasserstoffproduktion einzusteigen. Dazu wurde untersucht, ob in der Region in absehbarer Zeit überhaupt ausreichend erneuerbare Energie zur Verfügung steht, um genügend Wasserstoff zu produzieren. In einem weiteren Schritt wurden geeignete Standorte für einen Elektrolyseur in der Region ermittelt. Schließlich sollte der Weg bis zum Bau einer solchen Anlage vorgestellt werden.
Gibt es in der Region ausreichend Potenzial für grünen Wasserstoff?
Die Antwort der Studie ist hier ein klares Ja. Wie Rainer Saliger ausführte, geht man davon aus, dass ausreichend Strom vorhanden sein wird, um ohne Probleme auch mehrere Wasserstoff-Erzeugungsanlagen "im Multi-Megawattbereich" auszulasten. In der Studie wird von einem Zubau von neuen Wind- und Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von bis zu 2000 Megawatt in beiden Landkreisen ausgegangen, um den steigenden Strombedarf von Elektroautos oder Wärmepumpen künftig decken zu können. Bei günstiger Witterung werden dann Strom-Überkapazitäten produziert. Bisher standen dann zum Beispiel Windräder still. Nun sollen die Überkapazitäten in Wasserstoff umgewandelt werden. Das Fazit der Studie: Die Region bietet bei den angenommenen Ausbaupfaden ausreichend Potenzial an erneuerbaren Energien, um Wasserstoff sinnvoll zu erzeugen.
Wo sind mögliche Standorte für Wasserstofferzeugungsanlagen?
Die Studienersteller haben die größeren Städte in den beiden Rhön-Landkreisen auf ihre Eignung als Standorts für die Installation eines Elektrolyseurs untersucht. Kriterien waren dabei unter anderem geeignete Flächen, potenzielle Abnehmer für den Wasserstoff, die Entfernung zu Abnehmern, zur Stromversorgung oder auch zu Wind- und Solarparks. Am besten schnitt dabei das Gewerbegebiet in Bad Neustadt/Brendlorenzen mit seiner Nähe zum Umspannwerk, zu Siemens oder auch der Spedition Geis ab. Fast ebenso gut wurde ein Standort bei der Firma Nipro in Münnerstadt bewertet. Auch ein Standort in Bad Kissingen, möglicherweise an der Würzburger Straße, gilt als geeignet.
Was sind die möglichen nächsten Schritte?
Bei dieser Frage wurde der Experte konkret. Ein Standort aus jedem Landkreis könnte über ein bayerisches Programm mit bis zu fünf Millionen Euro gefördert werden. Bevorzugt würden dabei Anlagen mit fünf Megawatt, deren Kosten Saliger auf etwa 20 Millionen Euro bezifferte. Entscheidend sei nun, dass sich Akteure zusammenfinden, die ein schlüssiges Konzept für die Antragstellung entwickeln. Bis Ende Juni müsse eine Projektskizze eingereicht werden. Dazu wiederum gehört die Sicherstellung von H2-Abnahmemengen, die Suche nach möglichen Partnern für eine Betreibergesellschaft und nach Unternehmern aus der Region, die sich finanziell beteiligten. Aber auch die Politik müsse nachweislich hinter den Planungen stehen. Für die Planungs-, Genehmigungs- und Bauphase setzte Saliger zwei bis drei Jahre an. Die Produktion von grünem Wasserstoff könne somit frühestens 2027 oder 2028 erfolgen.
Welche Standorte kommen infrage?
Das dürfte eine spannende Frage werden. Hier rechnen sich nämlich sowohl die Verantwortlichen in Münnerstadt als auch in Bad Neustadt gute Chancen aus. Wie am Rande der Veranstaltung deutlich wurde, spricht für Münnerstadt das hohe Interesse und Engagement von Nipro mit seiner energieintensiven Produktion von Glasprodukten. Für einen Standort in Bad Neustadt sprächen die Bedarfe der großen Unternehmen wie Siemens oder Geis, die sich schon an der Studie beteiligten. Dazu komme, wie am Rande der Veranstaltung deutlich wurde, der große Rückhalt aus dem Landratsamt in Bad Neustadt.
Wie kommt das Wasserstoffangebot an?
Das Interesse an grünem Wasserstoff ist groß. Der entscheidende Nachteil ist der Preis. Um auf das Preisniveau von Erdgas zu kommen, wird es noch dauern, falls er jemals erreicht werden kann, erklärte Saliger. Andererseits ist grüner Wasserstoff eine Option für die Dekarbonisierung, die von vielen Betrieben angestrebt wird. Entsprechend interessiert zeigten sich bei einer anschließenden Podiumsdiskussion der Bad Neustädter Siemens-Chef, Peter Deml und Marcus Wiesner, Leiter Nachhaltigkeit bei der Geis Gruppe Deutschland am Bezug von grünem Wasserstoff. Für die beiden Vertreter der Wirtschaft war Planungssicherheit ein entscheidendes Kriterium für ihren Einstieg. So forderte Deml verlässliche Informationen über das Wasserstoffangebot und den Preis. So müsse etwa 2027 entschieden werden, mit welcher Energie das Unternehmen ab 2030 CO₂-neutral arbeiten will.
Alternative: Pumpspeicher im Hochgebirge, zugleich Wasserspeicher für Trockenperioden.
Ansonsten: "Wind und Wasser kostet nichts"
Man sollte allerdigs nicht dem Irrtum verfallen, Wasserstoff könnte Erdgas in Heizungsanlagen voll und ganz ersetzen. Wer das wollte, müsste sich schon ein Wasserstofflager anlegen, das ihn so an die 100000 € kosten kosten würde. Vorsicht ist also geboten bei Heizungsbauern, die "wasserstofftaugliche" Erdgas-Heizungen anbieten.
https://www.homepowersolutions.de/produkt/
Da ist ja alles drin, um autarke zu sein, wobei man ja den Wasserstoff selbst erzeugt und speichert.
Mit Wasserstoff heizen ist noch was anderes, wobei - wenn ich richtig informiert bin- der Bedarf an Wasserstoff durch die Wirtsacht so groß sein wird, dass man den verfügbaren grünen Wasserstoff definitiv nicht zum Heizen benutzen wird. Das sind Prognosen, die ich gelesen habe…..
Zur Wasserstoffspeicherung gibt es interessantes aus Deutschland https://www.zess.fraunhofer.de/de/schwerpunkte/zess_wasserstofftechnologien.html
Wetten, dass das bei uns verpennt wird weil ja ohne staatliche Förderung in der Industrie nix geht und Förderung geht wegen Schuldenbremse nicht.