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Bad Neustadt
Wohnungen der Dawonia in Bad Neustadt haben neuen Eigentümer - Was wird aus dem besonderen Kündigungsschutz?
Dawonia hat 411 Wohnungen in Bad Neustadt an die hessische Majo Immobilien GmbH verkauft. Ende Mai werden Teile der Sozialcharta unwirksam. Kann das Folgen haben?
Neuer Besitzer der 411 Wohnungen der Dawonia in Bad Neustadt ist die Majo Immobilien GmbH. Als Grund für den Verkauf gibt die Dawonia die Erzeugung von Investitionsmitteln an.
Foto: Sigrid Brunner | Neuer Besitzer der 411 Wohnungen der Dawonia in Bad Neustadt ist die Majo Immobilien GmbH. Als Grund für den Verkauf gibt die Dawonia die Erzeugung von Investitionsmitteln an.
Sigrid Brunner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:26 Uhr

Die Häuser der Dawonia in Bad Neustadt waren im letzten Jahr etliche Male in den Schlagzeilen. Das Münchner Wohnungsunternehmen hatte mehrere Balkone gesperrt, mit der Begründung, dass sie einsturzgefährdet seien. Nun gibt es wieder Nachrichten. Neue Schilder an den Hauswänden der Gebäude weisen auf eine Veränderung hin. Statt Dawonia steht dort jetzt Majo Immobilien GmbH. Auf Nachfrage dieser Redaktion teilt die Dawonia Management GmbH in München mit, dass alle 411 Bad Neustädter Wohnungen des Unternehmens verkauft wurden.

Zu dem Käufer machte die Dawonia selbst keine Angaben. Dass die Majo Immobilien GmbH der neue Besitzer der Wohnungen ist, bestätigt aber Objektverwalterin Maren Voigt von der Hausverwaltung Müller beziehungsweise der Majo Immobilien GmbH. Beide sind unter der gleichen Adresse im hessischen Friedberg zu finden. 

Weiterführende Fragen zur Majo Immobilien GmbH selbst, den Gründen für den Kauf und den Zukunftsabsichten bezüglich der 411 Wohnungen wollte das Unternehmen nicht beantworten. "Der neue Eigentümer möchte und wird keinerlei Stellungnahme abgeben", ließ Maren Voigt auf Anfrage ausrichten. 

Maren Holtermann, bei der Dawonia Abteilungsleiterin Kommunikation, äußerte sich zum Grund für den Verkauf. Er habe dazu gedient, "Investitionsmittel für den Bau neuer Wohnungen und für Modernisierungen zu generieren". Alle Mieterinnen und Mieter seien rechtzeitig informiert worden. Was kann der Verkauf nun für diese bedeuten?

Die Dawonia hieß bis 2018 "Gemeinnützige Bayerische Wohnungsgesellschaft"

Die Dawonia agierte bis 2018 unter dem Namen "Gemeinnützige Bayerische Wohnungsgesellschaft" (GBW) und hatte sich dem sozialen Wohnungsbau verschrieben.  Als die GBW in den 70er Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geriet, stieg die Bayerische Landesbank ein und die GBW wurde eine Tochtergesellschaft der Bayern LB. 2012, nach der Krise der Bayerischen Landesbank, startete diese den Verkauf der GBW

Den Zuschlag von der Landesbank erhielt 2013 ein von der Patrizia Alternative Investments GmbH geführtes Investorenkonsortium, das die Aktienmehrheit an der GBW erwarb. Beim Verkauf des Unternehmens wurde eine Sozialcharta vereinbart, die die Mieter über das gesetzliche Maß hinaus schützen soll.

Auf Letzteres weist auch die Dawonia in ihrer Stellungnahme gegenüber dieser Redaktion hin. Diese habe mit dem seinerzeitigen Aktienkaufvertrag vom 27. Mai 2013 "zum Schutz der Mieterinnen und Mieter diverse Pflichten übernommen", die auch dann weiter einzuhalten seien, wenn ein Objekt nicht mehr im Eigentum der Dawonia steht.

Zum Schutz der Mieter wurde eine Sozialcharta vereinbart

Die Sozialcharta soll vor allem vor Kündigungen wegen Eigenbedarfs schützen. Oder vor Kündigungen "wegen Verhinderung der angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks". 

Der Kündigungsschutz gelte, so Maren Holtermann, für Bestandsmieter, das heißt Mieterinnen und Mieter, die zum Stichtag des Aktienverkaufs 2013 schon Mieter der Dawonia waren. Für besondere Mietergruppen gelte dieser Kündigungsschutz lebenslang. Dazu zählen zum Beispiel Bestandsmieter, die bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatten oder schwerbehindert waren. 

Für alle anderen Bestandsmieter wurde jedoch dieser Kündigungsschutz nur für zehn Jahre festgelegt. Lange hält also dieser Passus nicht mehr seine schützende Hand über alle Mieterinnen und Mieter. Mit Stichtag 27. Mai 2023 läuft der zehnjährige Kündigungsschutz aus. Die Dawonia bestätigt, dass dann die gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten gelten würden.

Mieterverein: Verwertungskündigungen sind sehr selten

Wie schätzt der Mieterbund die Entwicklung ein? Bei Bernhard Ackermann, Rechtsanwalt und Vorsitzender des Mietervereins Schweinfurt und Umgebung, ist der Verkauf beziehungsweise die Sozialcharta aktuell noch nicht aufgeschlagen. Verwertungs- oder Eigenbedarfskündigungen schätzt er generell als wenig realistisch ein. "Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass so etwas kommen kann", erklärt Ackermann. Eigenbedarfskündigungen kämen eher bei Privatvermietern vor. Und Verwertungskündigungen seien sehr selten. "Ich habe einen derartigen Vorfall noch nie auf dem Tisch gehabt."

Was jedoch für ihn denkbar sei, seien Modernisierungen von Wohnungen und im Anschluss daran Mieterhöhungen, meint der Rechtsanwalt. Modernisierungskosten – nicht zu verwechseln mit Instandsetzungen, die sich nicht auf die Miete auswirken dürfen – können in Höhe von maximal acht Prozent auf die Jahresmiete umgelegt werden. 

Auch allgemeine Mieterhöhungen seien nicht auszuschließen, sagt der Vertreter des Mietervereins. Nach Gesetzeslage dürfen Mieten innerhalb von drei Jahren um maximal 20 Prozent erhöht werden.

Bezahlbarer Wohnraum: Wenige Sozialwohnungen in Bad Neustadt

Das Thema "bezahlbarer Wohnraum" ist auch in Bad Neustadt wichtig. Darauf angesprochen, sagt Bürgermeister Michael Werner, dass darüber immer wieder im Stadtrat diskutiert werde. Sozialwohnungen gebe es in Bad Neustadt relativ wenige. Wo die Stadt steuern könne, da würde sie es tun. So bei den Festlegungen in Bebauungsplänen. Generell beobachte man die Situation schon mit Sorge, gibt der Bürgermeister zu erkennen. "Oft sind der Stadt jedoch die Hände gebunden."

 
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