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Marktheidenfeld/Karlstadt
Trotz Trockenheit und Borkenkäfer: 3 junge Förster aus Main-Spessart sagen, was sie bei ihrer Arbeit antreibt
Der Wald wird sich verändern, aber nicht aussterben: Das sagen Christoph Müller, Thorsten Schwab und Thomas Bielmeier. Die Forstleute machen Hoffnung beim Kampf gegen den Klimawandel.
Christoph Müller (26 Jahre), Thomas Bielmeier (24) und Thorsten Schwab (31).
Foto: Katrin Amling, Katja Sander, AELF Karlstadt (2) | Christoph Müller (26 Jahre), Thomas Bielmeier (24) und Thorsten Schwab (31).
Katrin Amling
 und  Stefanie Koßner
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:46 Uhr

Die Auswirkungen des Klimawandels bekommen Förster jeden Tag an ihrem Arbeitsplatz zu spüren: Die Trockenheit ist das große Thema in den Wäldern und bereitet vielen Forstleuten Kopfzerbrechen. Christoph Müller, Thorsten Schwab und Thomas Bielmeier, junge Förster aus dem Landkreis Main-Spessart, lassen sich jedoch angesichts der Herausforderungen nicht entmutigen. Stattdessen begegnen sie dem Klimawandel mit kreativen Ideen und Anpassungsfähigkeit.

1. Christoph Müller (26), Förster in Marktheidenfeld: "Der Wald verzeiht viel"

Christoph Müller ist seit Februar 2020 Förster im Revier Marktheidenfeld II. 
Foto: Katrin Amling | Christoph Müller ist seit Februar 2020 Förster im Revier Marktheidenfeld II. 

Seit Februar 2020 ist Christoph Müller für das Forstrevier Marktheidenfeld II verantwortlich: Gut 4500 Hektar Wald rund um Birkenfeld betreut er. Das massive Personalproblem, das im Forstbereich gerade besteht, kam ihm zugute: Statt einer Springerstelle hat er gleich nach der Anwärterzeit an der Forstschule in Lohr ein eigenes Revier bekommen.

Damit geht natürlich viel Verantwortung einher und die hat dem heute 26-Jährigen zu Beginn auch ein wenig zu Schaffen gemacht. Denn die Region sei ohnehin schon sehr trocken, hinzu kämen die Probleme mit dem Borkenkäfer. Wenn man sich dann die Prognosen für die Klimaerwärmung anschaut: "Da kann schon ein wenig apokalyptische Endzeitstimmung aufkommen", erzählt der junge Förster.

Die hat er jedoch überwunden und ist inzwischen meistens optimistisch. "Jede Generation hat ihre Krise", lautet sein Motto. "Wir haben hier zwar wenig Wasser, aber gute Böden. Der Lehm speichert das Wasser sehr gut." Müller ist überzeugt davon, dass die Natur sehr viel mehr aushält, als es manchmal heißt: "Der Wald verzeiht viel und die Natur sucht sich ihren Weg." Das gewohnte Waldbild werde sich verändern, aber der Wald werde nicht aussterben.

"Jede Generation hat ihre Krise."
Christoph Müller, Förster in Marktheidenfeld

Neue Bäume kommen zahlreich nach und die Zeitrechnung im Wald ist eine andere als in vielen Branchen: "Zehn Jahre sind hier eine kurze Zeit. Der Wald ist langsam und gemächlich." Das nimmt ein wenig Druck von seinen Schultern und lässt ihm vieles relativ erscheinen.

Christoph Müller zeigt im Wald bei Birkenfeld junge Walnussbäume, die ihm Hoffnung im Umgang mit dem Klimawandel machen.
Foto: Katrin Amling | Christoph Müller zeigt im Wald bei Birkenfeld junge Walnussbäume, die ihm Hoffnung im Umgang mit dem Klimawandel machen.

Deshalb findet er es auch schwierig, dass derzeit fast nur Negatives über die Wälder zu hören sei. "Ich will nichts schön reden und in manchen Gegenden, zum Beispiel in Oberfranken, ist die Situation wirklich dramatisch", sagt er. Hier, auf der Fränkischen Platte, musste der Wald jedoch schon immer mit wenig Wasser auskommen und die Mischung aus Laub- und Nadelbäumen macht ihn widerstandsfähiger als reine Fichtenwälder, die viel stärker unter dem Borkenkäfer leiden.

Außerdem gebe es viele positive Entwicklungen. Sein persönliches Stück Hoffnung ist eine kleine Fläche mit Walnussbäumen und der Baumhasel aus der Türkei, die er bei Birkenfeld auf einem Stück angepflanzt hat, auf dem zuvor Fichten standen. "Jede Generation hat andere Ideen. Ein älterer Förster hätte vielleicht Eiche und Ahorn gepflanzt." Bisher sehen die jungen Pflanzen gut aus und Müller hofft, dass sich seine Experimentierfreude auszahlt.

2. Thorsten Schwab (31), Forstwirt in Lohr: "Wald wird es auch in 100 Jahren noch geben"

Thorsten Schwab (31) leitet seit sieben Jahren die Forstbetriebsgemeinschaft Main-Spessart-West. 
Foto: Katja Sander, AELF Karlstadt | Thorsten Schwab (31) leitet seit sieben Jahren die Forstbetriebsgemeinschaft Main-Spessart-West. 

Der 31-jährige Thorsten Schwab leitet seit sieben Jahren die Forstbetriebsgemeinschaft Main-Spessart-West, ein Zusammenschluss von über 820 privaten und kommunalen Waldbesitzern im Raum Lohr und Marktheidenfeld. Der studierte Forstwirt kümmert sich um die Holzabfuhr und die Holzvermarktung und er berät Waldbesitzende, die mit Dürre und Schädlingsbefall zu kämpfen haben. Die Forstbetriebsgemeinschaft betreut daneben größere Kommunalwälder, zum Beispiel in Frammersbach und Roden. Dabei verbringt er selbst noch viel Zeit im Wald.

"Wir helfen den Besitzern kleinerer Wälder, ihr Holz zu guten Preisen zu vermarkten", sagt er. Eine große Herausforderung dabei: Die mitunter winzigen und für Unterfranken typischen Waldparzellen, entstanden durch die Realteilung. Diese erschwerten auch die Aufarbeitung von Holz, das vom Borkenkäfer befallen ist: "Wir oder der Waldbesitzer sehen das zwar, aber durch die kleinen Strukturen kommen wir dort nur sehr schwer oder überhaupt nicht hin, weil wir über viele Nachbargrundstücke müssten."

Und selbst wenn es dann irgendwann gelinge, habe der Käfer möglicherweise schon die nächsten Bäume befallen. "Unser Ziel ist, auch hier ordentliche Waldbewirtschaftung zu betreiben – was extrem schwer ist. Nicht immer hat man eine Lösung parat." Schwab wünscht sich hier Hilfe vom Staat bei Waldtausch und Flurbereinigung. Denn der Bedarf sei insbesondere in Unterfranken sehr groß.

"Die Fichte und Nadelholz insgesamt werden zurückgehen und der Bestand laubholzreicher."
Thorsten Schwab, Geschäftsführer Forstbetriebsgemeinschaft Main-Spessart-West

Zu seinem Beruf ist Schwab über die Jagd gekommen: "Schon mit 16 war mir klar, dass ich in meinem Job einmal viel Zeit im Wald verbringen möchte." Die Veränderungen durch den Klimawandel, deren Tempo auch ihn erschreckt habe, nimmt er mit gemischten Gefühlen wahr: "Ich frage mich schon manchmal: Wie wird der Wald wohl in 100 Jahren aussehen?" Der 31-Jährige hofft, dass er artenreicher wird.

"Wir pflanzen bereits viele verschiedene Baumarten an, anstatt Monokulturen zu gründen." So soll das Baumsterberisiko minimiert und herausgefunden werden, welche Bäume mit den neuen Klimabedingungen gut umgehen können. In der Forstwirtschaft denke man allerdings in Zeiträumen von Jahrzehnten und sogar Jahrhunderten, kurzfristige Resultate seien die Seltenheit.

"Die Fichte und Nadelholz insgesamt werden zurückgehen und der Bestand laubholzreicher. Vielleicht auch strukturreicher mit mehr Löchern durch Käferbefall, Sturm oder Trockenheit", ist Schwabs Prognose. Er ist sich jedoch sicher: "Wald wird es auch in 100 Jahren noch geben." 

3. Thomas Bielmeier (24), Forstanwärter in Lohr: "Die Digitalisierung ist längst in der Waldarbeit angekommen"

Thomas Bielmeier (24) legt im Oktober seine Prüfung an der Lohrer Forstschule ab. 
Foto: Katja Sander, AELF Karlstadt | Thomas Bielmeier (24) legt im Oktober seine Prüfung an der Lohrer Forstschule ab. 

Thomas Bielmeier ist Forstanwärter am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Karlstadt und wird im Oktober seine Prüfung an der Lohrer Forstschule ablegen. Gebürtig stammt der 24-Jährige aus dem Bayerischen Wald, seine Eltern sind selbst Waldbesitzer. "Dadurch hatte ich schon früh Kontakt zu unserem Amtsförster." Nach seiner Ausbildung will Bielmeier selbst ein Revier übernehmen.

Während seiner einjährigen Vorbereitungszeit hat der 24-Jährige unter anderem im Revier Haseltal westlich von Marktheidenfeld gearbeitet. Hier habe er einen guten Eindruck von den Herausforderungen durch den Klimawandel gewonnen. "Davor habe ich zwar großen Respekt, trotzdem habe ich es nicht bereut, diesen Beruf ergriffen zu haben. Meine Grundhaltung ist eher kämpferisch – aufgeben ist keine Option." Auch wenn die Probleme durch Trockenheit und Borkenkäfer für die Wälder gerade sehr dramatisch erscheinen, sagt Bielmeier: "Ich denke, dass wir das bewältigen können."

2017 hat er sein Studium in Weihenstephan gestartet – "seitdem gab es im Wald keine 'normalen' Jahre mehr, außer 2021 war es sehr trocken". Auch Bielmeier ist davon überzeugt, dass in Deutschland in 50 oder 100 Jahren noch Wald stehen wird. "Er wird nur anders aussehen. Und dafür ist jetzt das Handeln der Förster gefragt."

"Meine Grundhaltung ist eher kämpferisch – aufgeben ist keine Option."
Thomas Bielmeier, Forstanwärter in Lohr

In Main-Spessart müssten künftig Nadelbäume reduziert werden, die größten Probleme gebe es mit Kiefer und Fichte. "Das sind Baumarten, die nicht direkt standortheimisch sind, aber hier angebaut wurden." Die Herausforderung sei jetzt, die Wälder zu Mischwäldern mit vielen heimischen Laubbäumen umzubauen, um Schäden durch Stürme, Trockenheit oder Schädlinge so gering wie möglich zu halten. "Wichtig ist, große Freiflächen zu vermeiden, in denen die Sonneneinstrahlung größer ist."

Bielmeier nennt ein Beispiel, das Mut macht: Im Esselbacher Kommunalwald gebe es auf einer Fläche von ein bis zwei Hektar große Schäden an Fichten durch Wind und Borkenkäfer. "Hier wurde mit Eichen aufgeforstet, die heimisch sind und sehr klimaresistent." Und tatsächlich: Die kleinen Bäume hätten den heißen Sommer 2022 auf der Freifläche gut überlebt. "Das ist etwas, das mich positiv stimmt", sagt Bielmeier.

Der 24-Jährige setzt bei der Waldarbeit auch auf moderne Hilfsmittel. "Die Technik erleichtert schon jetzt vieles." Im Wald immer dabei ist etwa das Toughbook – eine Art Laptop. Die Forstverwaltung hat dafür eine eigene Anwendung, die GPS-Informationen zum Revier liefert, etwa zu den Böden. "Das ist ein super Hilfsmittel, auch bei der Beratung von Waldbesitzern." Auch die Holzaufnahme laufe mittlerweile über entsprechende Programme ab – das kleine handgeschriebene Büchlein war gestern. Daneben gebe es erste Einsätze von Drohnen für die Borkenkäfersuche. Bielmeier: "Die Digitalisierung ist längst in der Waldarbeit angekommen."

 
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