Risse im Boden, staubtrockene Gersten-Ähren und dazwischen verdorrte Bäumchen, die bereits ihre schwarz gewordenen Blätter abwerfen – der Karlstadter Klimawald gibt ein trauriges Bild ab. Dabei stehen hier auf einer Fläche von rund 10.000 Quadratmetern im Stettener Wald besonders trockenheitsresistente Baumarten. Der extremen Trockenperiode in diesem Jahr konnten viele der knapp 4000 Pflänzchen dennoch nicht standhalten. "Wir haben erhebliche Ausfälle", sagt Claudia Stiglbrunner, Leiterin des Forstreviers Karlstadt, beim Rundgang über das Gelände. "Ich gehe davon aus, dass es mindestens die Hälfte nicht schafft."
Dabei war Stiglbrunner nach der Pflanzung im vergangenen November mit der guten Entwicklung des Klimawaldes Anfang des Jahres noch sehr zufrieden. "Durch den recht feuchten Winter sind die Bäumchen sehr gut angewachsen. Darüber haben wir uns sehr gefreut", sagt sie. Doch jetzt habe es seit Mai in der Region so gut wie nicht geregnet. Der Boden sei dadurch bis in etwa einen Meter Tiefe komplett ausgetrocknet.
Trotz extremer Trockenheit entschied man sich gegen die Bewässerung
"Etwa Mitte Juni haben wir gemerkt, dass es deutlich trockener wird", sagt die Försterin, "da haben die Bäume schon ihre Blätter zusammengekräuselt." Trotzdem habe man sich aktiv gegen eine Bewässerung der jungen Pflanzen entschieden. Zum einen, weil der Wetterbericht immer wieder Regen vorhergesagt habe, der jedoch nie kam, zum anderen, weil die Versuchsfläche möglichst den natürlichen Gegebenheiten vor Ort ausgesetzt bleiben soll. "Wir hatten von Anfang an geplant hier nicht tausende Liter Wasser zu verbraten, sondern den Wald Wald sein zu lassen", sagt Stiglbrunner, "er muss von selbst hochkommen".
Als der vorhergesagte Regen mehrfach ausblieb, sei der Boden dann aber bereits so ausgetrocknet gewesen, dass es für eine Bewässerung zu spät gewesen sei. Stiglbrunner erklärt das mit Forschungsergebnissen der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft. "Bewässerung macht nur dann Sinn, wenn noch Restfeuchte im Boden ist, damit die Wurzeln nicht komplett zerrissen werden, sondern das Feuchtigkeitslevel einigermaßen konstant gehalten wird", sagt sie. "Als wir so weit waren, doch über eine Bewässerung nachzudenken, war es dann aber eigentlich schon zu spät."
Das Ergebnis ist nun auf der Lichtung oberhalb Karlstadts für jede und jeden sichtbar. Auch Claudia Kohlmann und ihr Mann Manfred Kohlmann, die den Acker bis zur Pflanzung des Klimawaldes mit Getreide bewirtschafteten, konnten sich bereits ein Bild der Lage machen. "Wir haben davon gehört und sind dann hochgefahren, um uns das mal anzuschauen", sagt Claudia Kohlmann. Schön sei der Anblick natürlich nicht. Nach der letzten Ernte hätten sie das Feld noch einmal gegrubbert – jetzt mutet das Gelände an wie ein lichtes Getreidefeld. Das wenige Grün kommt vor allem von ein paar Disteln, die zwischen dem Getreide in die Höhe schießen.
Die Ähren, die aus dem Ausfallgetreide, den liegen gebliebenen Körnern der vorherigen Nutzung, aufgegangen sind, seien dazu gedacht gewesen, den Bäumchen etwas Schatten zu spenden, erklärt Stiglbrunner. "Außerdem geht dann nicht so viel Unkraut auf, wenn das Getreide hier wächst", sagt sie. Doch auch das hat offensichtlich nicht gereicht, um die Pflanzen ausreichend zu schützen.
Stadt Karlstadt will das Projekt trotz Rückschlag noch nicht aufgeben
Holzstecken markieren die Stellen, an denen eigentlich vitale Exemplare unter anderem des Schuppenrinden-Hickory aus Nordamerika, der Baumhasel, des französischen Ahorn, des Schneeball-Ahorn und der Orientbuche stehen sollten – alles Baumarten, die Trockenheit und Hitze gewachsen sein sollten. Doch gerade in den ersten Lebensjahren bräuchten auch diese mehr Feuchtigkeit, um etwa den Pflanzschock, den sie durch das Umpflanzen erleiden, zu überwinden, erklärt Stiglbrunner.
"Wenn dann so ein extremes Trockenjahr wie dieses kommt, kann man nicht sagen, es liegt an den Baumarten, dass sie nicht überlebt haben", sagt die Försterin. Schmerzvoll sei zudem die Erkenntnis, dass die gleiche Pflanzung im vergangenen Jahr aufgrund des recht feuchten Sommers vermutlich überlebt hätte, gibt Stiglbrunner zu bedenken.
Besonders traurig dürfte der Zustand des Klimawaldes auch für die Menschen sein, die die Bäume für seine Pflanzung gespendet hatten. Schon deshalb wolle man das Projekt nach diesem Rückschlag noch nicht aufgeben, sagt Martha-Bolkart-Mühlrath, zweite Bürgermeisterin Karlstadts. Die Stadt unterstützt das Projekt jährlich mit 10 000 Euro. "Wir werden das Projekt auf jeden Fall noch eine Weile unterstützen", sagt Bolkart-Mühlrath.
Immerhin habe man hier bewusst eine Versuchsfläche geschaffen, sodass man auch mit Rückschlägen klarkommen müsse. "Das ist auch eine Erfahrung", sagt die Bürgermeisterin beim Blick über das vertrocknete Gelände, "zwar eine schlechte, aber spätestens jetzt wissen wir, wie schlimm es wirklich steht – wenn nicht einmal eine Aufforstung etwas bringt, ohne dass man dauerhaft den Regen ersetzt."
Hoffen auf Spenden für eine erneute Pflanzung des Klimawaldes
Wie hoch der Ausfall tatsächlich ist, lässt sich erst in wenigen Wochen, nach der Bestandsaufnahme durch Försterin Claudia Stiglbrunner, sagen. Voraussichtlich sei er jedoch so hoch, dass man die für dieses Jahr geplante Bepflanzung des zweiten Hektars Versuchsgelände verschieben müsse, meint Stiglbrunner. "Es wäre auch gegenüber den Spendern, die hier so tolle Arbeit geleistet haben, nicht fair, den ersten Hektar jetzt links liegen zu lassen", sagt sie.
Sie hoffe nun auf das Verständnis der Bevölkerung und auf eine große Bereitschaft, ein weiteres Mal Bäumchen für die erneute Pflanzung des Klimawaldes kommenden November zu spenden. Ansonsten bleibe nur zu hoffen, dass das kommende Jahr nicht noch einmal so ein Extremjahr wird wie dieses, sagt Stiglbrunner. Sollte dem aber so sein, werde man das Konzept des Klimawaldes wohl noch einmal überarbeiten müssen.
Für mich klingt die Erklärung der Försterin daher wie eine Ausrede für das Versagen der Verantwortlichen.