Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen wäre ein "kurzfristig realisierbarer, kostengünstiger und wirksamer Beitrag", um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, schreibt das Umweltbundesamt auf seiner Homepage. Diskutiert wird darüber schon seit vielen Jahren. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der Abhängigkeit von russischen Energieimporten rückt die Geschwindigkeitsbegrenzung erneut in den Fokus. Doch was halten Institutionen, Politiker und Bürgerinnen und Bürger aus Main-Spessart von einem Tempolimit?
Bund Naturschutz: Tempolimit nicht nur auf Autobahnen
"Wir sind ganz klar der Meinung, wir brauchen ein Tempolimit auf Autobahnen", sagt Erwin Scheiner, Vorsitzender der Kreisgruppe Main-Spessart des Bund Naturschutz (BN). Der BN geht sogar noch einen Schritt weiter, er setzt sich für ein Tempolimit von maximal 90 Stundenkilometern auf Staatsstraßen ein. Zudem solle Kommunen ermöglicht werden, das Tempo innerorts auf 30 zu reduzieren, sagt Scheiner. Er ist beim BN auch stellvertretender Sprecher des Landesarbeitskreises Bayern ist und arbeitet im Bundesarbeitskreis Verkehr mit.
"Es ist verrückt, mit einem Tempolimit könnten wir vier bis neun Prozent Sprit einsparen, und die Maßnahme kostet nix", sagt Scheiner. Bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung fahre man viel effektiver, die Durchschnittsgeschwindigkeit sei am Ende sogar höher. Für den Körper "ist es eigentlich brutaler Stress, auf deutschen Autobahnen zu fahren", so Scheiner. Aus seiner Sicht spreche alles für ein Tempolimit, vor allem auch die Sicherheit auf den Straßen.
Fahrschule in Main-Spessart: Tempolimit zwischen Spaß und Vernunft
In den Autobahn-Fahrstunden halte sich Thorsten Heidingsfelder von der gleichnamigen Fahrschule aus Marktheidenfeld normalerweise an die Richtgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern. Aber ab und an dürften die Fahrschülerinnen und Fahrschüler "mal für zehn bis fünfzehn Minuten schneller fahren, weil ich weiß, dass die meisten jungen Leute nach der Fahrschule sowieso schneller unterwegs sind".
Grundsätzlich lehne er ein Tempolimit nicht ab, "weil ich glaube, dass wir einen besseren Verkehrsfluss bekommen, wenn die Geschwindigkeitsunterschiede nicht ganz so krass sind". Zwar mache es "wirklich Spaß, auch mal schneller zu fahren". Aber mit Blick auf die Umwelt, die Verkehrssicherheit und die Vernunft müsse man "irgendwann mal auf die Bremse drücken".
Verkehrswacht Gemünden betreut keine Autobahnen
Da sich die Gebietsverkehrswacht Gemünden nicht um Autobahnen kümmern muss, "brauchen wir uns von offizieller Seite keine Meinung zu bilden, sagt deren Vorsitzender Uwe Friedel. "Persönlich habe er "als junger, ungestümer Mensch die Welt nicht verstanden, als es in den 80er Jahren um Geschwindigkeitsbegrenzungen ging".
Da verschiedene Studien und Versuche bewiesen hätten, dass ohne ein Tempolimit auf Autobahnen "so gut wie gar nichts gewonnen wird, sondern vor allem Stress für den Körper entsteht", sei er inzwischen seit einigen Jahren der Meinung, dass ein generelles Tempolimit Sinn mache.
Motorsportclub Zellingen: Tempolimit hat keinen direkten Einfluss auf den Sport
"Wir als Motorsportclub fügen uns grundsätzlich jeder Entscheidung, die die Politik zu diesem Thema treffen wird und nehmen hierzu eine neutrale Position ein", teilt der Motorsportclub Zellingen (MSC) auf Nachfrage der Redaktion mit. Denn unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten sei ein Tempolimit "sicherlich als sinnvoll zu erachten".
Auf die Ausübung des Sports hätte ein generelles Tempolimit keinen direkten Einfluss. Die Veranstaltungen des MSC "finden zwar im öffentlichen Straßenverkehr statt, jedoch immer im Rahmen der Straßenverkehrsordnung und normalerweise bei einem Geschwindigkeits-Durchschnitt von maximal 50 Stundenkilometern". Schneller Motorsport finde aus Sicherheitsgründen grundsätzlich immer auf abgesperrten Straßen oder auf speziellen Rennstrecken statt, beides wäre von einem Tempolimit nicht betroffen.
Politiker aus Main-Spessart: Geteilte Meinungen zum Tempolimit
Die Bundestagsabgeordneten Bernd Rützel (SPD) aus Gemünden und Alexander Hoffmann (CSU) aus Retzbach vertreten einen unterschiedlichen Standpunkt. Rützel positioniert für ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen. "Es gibt keinen Grund dagegen, aber sehr viele dafür", sagt er. Die Sicherheit steige und der Energieverbrauch sinke. "Auf unseren dicht befahrenen Autobahnen kommt man mit einem Tempolimit vielleicht sogar noch schneller vorwärts, weil der Verkehr dann besser fließt."
"Ich bin klar gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen", sagt Hoffmann. Nicht jeder, der auf freier Strecke mal schneller als 130 Stundenkilometer fahre, sei gleich ein Raser. Seinem Verständnis nach solle die Politik "nicht alle Lebensbereiche der Menschen bis ins Kleinste" durchregulieren. "Ein generelles Tempolimit hätte nachweislich keinen essenziellen Spritspar-Effekt und wäre vielmehr die Hinwendung zu einer typisch grünen Verbotspolitik unter dem Deckmantel des Klimaschutzes", so Hoffmann.
Kundinnen und Kunden an Marktheidenfelder Tankstelle unentschlossen
An einer Tankstelle in Marktheidenfeld ist die Meinung gespalten. "Ein Tempolimit ist längst überfällig, ich bin seit vielen Jahren dafür", sagt ein Mann. Er fahre öfters nach Frankreich, dort gebe es ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde. Ein anderer Tankstellen-Kunde empfindet das Autofahren als "ein Stückchen Freiheit". Ihm zufolge gebe es sowieso schon oft genug Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Baustellen auf den Autobahnen. "Ich bin noch unentschlossen", sagt eine Frau. Aus ihrer Sicht habe ein Tempolimit sowohl Vor- als auch Nachteile.
Polizeipräsidium Unterfranken: Keine Auskunft zum Tempolimit
Die Pressestelle des Polizeipräsidiums Unterfranken bittet auf Nachfrage der Redaktion um Verständnis dafür, dass sie keine Einschätzung zum Tempolimit abgeben kann.
Stammtischniveau.
Nur weil es kein Tempolimit gibt, muß/will nicht jeder mit "200 und mehr " über die Autobahn "brettern".
In der Regel ist sowieso durch die hohe Verkehrsdichte, durch Baustellen und durch bestehende Tempolimits sowieso kein schnelleres Fahren möglich.
Aber es spricht nichts dagegen, wenn man nachts mutterseelenallein auf der Autobahn ist, auch mal 150 oder 160 zu fahren. Das sei jedem SELBST überlassen, mit "Geschoß" oder "Adenalin" hat das nichts zu tun.
Und wer will kann auch nachts gerne 100 fahren.
Fakt ist, die meisten Menschen, die auf Autobahnen rasen, tun dies tagsüber. Und mit „rasen“ meine ich Geschwindigkeiten jenseits der 200, auch bei regem Verkehr.
Es geht um die Stellen und Situationen wo es keinen Grund dafür gibt, langsam schleichen zu müssen.
Und selbst wenn sich ein bestimmter Streckenabschnitt nachweislich als unfallträchtig erweist – die rechtlichen Voraussetzungen für die behördliche Anordnung also gegeben sind – ist immer noch nicht sicher, dass die Behörden tatsächlich handeln. Manchmal muss man sie auch verwaltungsgerichtlich dazu zwingen. Oder es muss ein Unfallgeschädigter bzw. dessen Versicherung bzw. deren Rechtsvertreter auf die Idee kommen, die genauen Umstände an dem Unfallort näher zu untersuchen. Dann kommt man, mit viel Glück, darauf, dass dort öfter Unfälle passieren, kann es auch nachweisen und plötzlich steht auf wundersame Weise dort ein Schild, welches die Geschwindigkeit begrenzt.
Langer Rede kurzer Sinn: Von Ihren Gründen gegen ein generelles Tempolimit haben Sie mich immer noch nicht überzeugt.
Ist die Eigenverantwortung etwas falsch?
Wer so empfindet sollte seinen Führerschein abgeben!