Marktheidenfeld musste sich um Geld lange keine Gedanken machen, die Gewerbesteuereinnahmen sprudelten. Daran hat auch die Pandemie nichts geändert – für die Stadt hat Corona sogar höhere Einnahmen gebracht. Damit könnte jetzt aber Schluss sein. Auf Marktheidenfeld kommen hohe Investitionen zu und über allem hängt der Schatten des Wonnemars. Kämmerin Christina Herrmann erklärt, worauf sich die Marktheidenfelder in den kommenden Jahren einstellen müssen – welche Leistungen und welchen Luxus kann man noch von der Stadt erwarten?
Christina Herrmann: Es gab auch schon andere Zeiten, da ging es Marktheidenfeld gar nicht gut, aber das ist lange her. Als Kämmerin ist es auch manchmal schwierig, wenn man zu viel Geld hat. Eine hohe Rücklage bedeutet, dass es auch viele Begehrlichkeiten gibt. Wenn wir am Jahresanfang 47 Millionen Euro Rücklage habe, dann ist es schwierig zu erklären, warum ich jetzt gerne ein bisschen auf die Bremse treten möchte. Eine Rücklage kann auch ganz schnell weg sein, weil eine Gewerbesteuerrückzahlung kommt oder ein Fall wie das Wonnemar.
Herrmann: Nein. Aber ich plane die Zahlen gerne vorsichtig.
Herrmann: Ich rechne schon viel mit Zahlen, die ich im Privatleben nicht nutzen würde. Wenn ich eine Null zu viel oder zu wenig rechne, hat das riesige Auswirkungen. Aber das ist eben mein Job. Man muss konsequent und konzentriert arbeiten, damit keine Fehler passieren.
Herrmann: Es wurde prophezeit, dass während der Pandemie die Gewerbesteuereinnahmen sinken würden. Das war in Marktheidenfeld nicht der Fall – wir haben ja nochmal richtig hohe Einnahmen gehabt, mit einer Nachzahlung von 33 Millionen Euro 2020. Aber auf dem Hoch kann es eigentlich nicht weiter gehen.
Herrmann: Naja. Wir haben hier einige große Firmen, die haben in den Corona-Jahren gute Umsätze gemacht, weil viele Menschen nicht in den Urlaub gefahren sind und dafür an ihrem Haus etwas gemacht haben.
Herrmann: Das stimmt, es müssen nur ein oder zwei große Unternehmen Teilbereiche auslagern oder Gewinne umverteilen. Dann muss die Stadt Gewerbesteuer zurückzahlen, das fällt dann ziemlich ins Gewicht. Wir brauchen eine solide Basis an Betrieben, damit wir einen Grundstock an Gewerbesteuer haben. Diese Betriebe müssen nicht extrem groß sein. Deswegen sind Gewerbegebiete wie die Söllershöhe in Altfeld wichtig.
Herrmann: Wir schaffen es im Moment nicht, aus dieser sogenannten Zuführung unsere Kredite zu tilgen. Das gibt mir noch kein schlechtes Gefühl. Es ist ein Plus da – wir hatten auch schon Jahre, in denen wir keins erwirtschaften konnten.
Herrmann: So ungefähr. Das ist das Ziel. Ich versuche, die Rücklage so lange wie möglich zu erhalten. Dieses Jahr brauche ich – Stand jetzt – 17 Millionen Euro. Wir haben eigentlich recht vorsichtig geplant, das könnte funktionieren.
Herrmann: Im Vergleich zu anderen Städten in unserer Größe haben wir schon eine hohe Rücklage gehabt, da hat uns jeder beneidet. Aber die Investitionen müssen finanziert werden. Positiv ist: Wir brauchen dafür keine Kredite. Die Zinsen steigen wieder, deswegen bin ich froh über unsere Rücklage.
Herrmann: Genau. Jede Stelle muss mir bis etwa September mitteilen, was sie für das nächste Jahr plant und welche Wünsche sie hat. Ich muss dann bewerten, ob wir das umsetzen können, oder ob ich an einer anderen Position etwas einsparen kann. Ich kann nicht jedes Jahr das Budget für jeden Posten erhöhen, irgendwann ist ein Limit erreicht. Dann muss ich diskutieren und sagen: Tut mir leid, dieses Jahr geht es nicht.
Herrmann: Die meisten Wünsche konnten wir dieses Jahr erfüllen. Die Kollegen verstehen auch, dass ich etwas jonglieren muss. Ich stelle einen ersten Entwurf auf und gehe dann mit dem Bürgermeister alles durch, bevor wir den Entwurf dem Stadtrat vorstellen.
Herrmann: Ich bin in den Sitzungen oft dabei und habe manchmal eine ganz andere Meinung als unser Stadtrat, muss den Beschluss aber umsetzen. Marktheidenfeld macht schon viel für seine Bürger. Auch nach der Erhöhung sind die Kita-Gebühren immer noch sehr günstig.
Herrmann: Das ist eine politische Entscheidung. Ich weiß nicht, was unser Stadtrat tun wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Angebot reduziert wird – außer wir haben wirklich finanzielle Einbrüche. Dann muss auch unser Stadtrat sagen: Es geht nicht mehr.
Herrmann: Der geschäftsleitende Beamte ist wohl die Nummer zwei, aber dann komme wahrscheinlich ich. Ich muss einen guten Überblick über die komplette Stadt haben und wissen, was wo läuft, damit ich reagieren kann.
Herrmann: Wir haben in den letzten zehn Jahren viel in die Höhe gebaut, zum Beispiel das Rathaus, die Feuerwache oder die neuen Bürgerhäuser. Das muss erstmal geleistet werden, auch personell im Bauamt. Da muss man sagen, dass der Straßenbau ein bisschen auf der Strecke geblieben ist.
Herrmann: Das kann man so sagen, denn ich weiß nicht, was kommt. Es laufen im Moment viele Verfahren zeitgleich. Alles, was ich im Haushalt planen würde, wäre vermutlich falsch. Deswegen habe ich es quasi nicht berücksichtigt. Im Haushalt 2021 haben wir eine Rücklage von 500.000 Euro gebildet, die ist noch da. Sollten wir das Wonnemar jetzt zurückbekommen, dann müssten Gutachter das ganze Bad genau anschauen. Und sollte jetzt zeitnah irgendwas passieren – dann muss ich sowieso einen Nachtragshaushalt machen. Ich hoffe, dass wir zu den Haushaltsberatungen für 2024 mehr wissen.
Herrmann: Das würde ich so nicht sagen, insgesamt ist die Haushaltslage gut. Aber klar ist: Unsere Einnahmesituation sollte der Stadtrat langsam überdenken und sich fragen, ob wir nicht an manchen Stellen Gebühren erhöhen müssen, wie eben bei den Kitas. Wir haben so eine tolle Stadtbibliothek, die Bürger jahrelang kostenlos nutzen konnten. Jetzt gibt es einen kleinen Jahresbeitrag, und das finde ich in Ordnung. Oder der Wohnmobilstellplatz: Der ist im Sommer brechend voll und kostet jetzt zehn Euro am Tag. Das sind nur kleine Einnahmen, aber man merkt das in der Gesamtheit. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass wir nochmal Jahre haben wie 2020 mit 33 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen.