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Gemünden
Neues Kreisseniorenzentrum in Gemünden soll 40 Prozent weniger Pflegeplätze haben - bei steigendem Bedarf
Wenn die Babyboomer in Rente gehen, steigt auch die Zahl der Pflegebedürftigen. Nur fragt sich, wer die betreuen soll und wo. Das kreiseigenen Pflegeheime jedenfalls werden kleiner.
Das bestehende Kreisseniorenzentrum in Gemünden. Der Neubau mit nur noch 78 statt bisher 132 Betten soll im Garten daneben entstehen.
Foto: Björn Kohlhepp | Das bestehende Kreisseniorenzentrum in Gemünden. Der Neubau mit nur noch 78 statt bisher 132 Betten soll im Garten daneben entstehen.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:49 Uhr

Das Kreisseniorenzentrum in Gemünden soll im Park des bisherigen Seniorenheims neu gebaut werden, mit Einzelzimmern und rollstuhlgerecht. Allerdings soll sich, so das bisherige Konzept, im neuen Alten- und Pflegeheim – Bauzeit womöglich 2024 bis 2025/26 – die Zahl der Pflegeplätze stark verringern: von jetzt 132 auf dann nur noch 78, aufgeteilt auf sechs Wohngruppen. Hauptgrund für die geringere Bettenzahl ist der derzeit herrschende Mangel an Pflegekräften. "Bei dieser Größe gehen wir davon aus, dass die Einrichtung in der Zukunft stabil zu betreiben ist und alle Vorschriften des Altenpflegewohngesetztes erfüllt werden", schreibt dazu auf Anfrage das Klinikum Main-Spessart, angedacht seien außerdem 15 Wohneinheiten für betreutes Wohnen.

Momentan, so hieß es in der jüngsten Sitzung des Gemündener Seniorenbeirats, könnten aufgrund von Personalmangel 30 Betten nicht belegt werden. Warum baut das Klinikum nicht wenigstens ein Heim für 100 Betten, im Moment würde das Personal dafür ja reichen? Der Landkreis erwartet, dass sich der Fachkräftemangel durch den demografischen Wandel in den nächsten Jahren verschärfen wird, weil die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen.

Im gesamten Landkreis stehen derzeit 300 von etwa 1450 Pflegeplätzen in Alten- und Pflegeheimen wegen fehlenden Personals nicht zur Verfügung. Die Nachfrage nach stationären Pflegeplätzen hingegen ist hoch – und wird weiter steigen. Schon derzeit gibt es nach Auskunft des Landratsamts Wartelisten. Weil auch die Sozialstationen mit fehlendem Personal zu kämpfen haben, sei das Beratungsaufkommen im Pflegestützpunkt Main-Spessart im 1. Quartal 2023 höher als im Jahr 2022. Emelie Schneider, Leiterin des Caritas Seniorenzentrums in Lohr, wo wegen fehlender Pflegekräfte derzeit ein ganzes Stockwerk mit 16 Plätzen leer stehe, sagt: "Wir kriegen unglaublich viele Anfragen."

"Wir kriegen unglaublich viele Anfragen."
Emelie Schneider, Leiterin des Caritas Seniorenzentrums Lohr

In den nächsten 20 Jahren rechnet das Landratsamt gemäß des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts mit einem Mehrbedarf von circa 40 Prozent an stationärer Pflege. Das Klinikum will auch das zweite Kreisseniorenzentrum in Marktheidenfeld neu bauen – "in gleicher Größe und Struktur" wie das Gemündener, was dort immerhin nur eine Reduzierung der Kapazität von 86 auf 78 bedeutet. Ein steigender Bedarf bei gleichzeitigem Abbau der Kapazitäten?

Entwurf für den Neubau des Kreisseniorenzentrums in Gemünden. Zur Orientierung: Das Gebäude  Gebäude ganz links im Bild ist das Amtsgericht.
Foto: NIIL Architekten GmbH | Entwurf für den Neubau des Kreisseniorenzentrums in Gemünden. Zur Orientierung: Das Gebäude Gebäude ganz links im Bild ist das Amtsgericht.

Wie da die Zukunft aussehen wird, sagt Dieter Reichert, Geschäftsführer der Otto und Anna Herold-Altersheim-Stiftung in Karlstadt: "Es wird zu Versorgungsengpässen führen, das wird sich nicht vermeiden lassen." Jetzt stünden wir erst am Anfang des Problems, die geburtenstarken Jahrgänge kämen erst in vielleicht zehn Jahren. Er könne in seinem Seniorenheim in Karlstadt der hohen Nachfrage jetzt schon nicht mehr gerecht werden.

Gemündener Seniorenbeiratsvorsitzende bedauert Entscheidung für kleineres Pflegeheim

Die Gemündener Seniorenbeiratsvorsitzende Martina Dittmeier bedauert, dass das Kreisseniorenzentrum wegen Personalmangels seine Kapazität so abbaut. Wenn nicht ein neues Pflegeheim gebaut werde, etwa am Standort der mittelfristig abzureißenden Scherenberghalle, sehe es in Gemünden künftig düster aus. Bürgermeister Jürgen Lippert, der auch im Kreistag sitzt, sagt, dass das letzte Wort beim Neubau des Kreisseniorenzentrums noch nicht gesprochen sei. Ihm sei natürlich daran gelegen, dass der Landkreis die Pflegeplätze in Gemünden aufrechterhält, aber es bringe auch nichts, wenn man das Heim wegen fehlenden Personals dann nicht voll bringe. Ein Pflegeplatz koste in der Entstehung etwa 150.000 Euro, schreibt das Klinikum Main-Spessart, weswegen es angesichts der derzeit ungenutzten Betten im Landkreis wenig Sinne mache, weitere leer stehende Betten dazuzustellen.

In der Dreiflüssestadt gibt es noch ein zweites Alten- und Pflegeheim, das privat betriebene Gesundheitszentrum Main-Spessart. Dort sind derzeit aufgrund der gesetzlichen Fachkraftquote von 50 Prozent rund 40 Plätze und damit ein Viertel nicht belegt.

"Es wird zu Versorgungsengpässen führen, das wird sich nicht vermeiden lassen."
Dieter Reichert, Geschäftsführer der Herold-Altersheim-Stiftung in Karlstadt

In Burgsinn will man die Versorgung alter Menschen mit einem neuen Pflegeheim mit 53 Plätzen sichern. Bürgermeister Robert Herold ist sich sicher: "Das würden wir im Sinngrund vollkriegen." Wer im Sinngrund ein Seniorenheim brauche, müsse derzeit etwa nach Brückenau, Gemünden oder Karlstadt oder noch weiter ausweichen. Viele griffen auch auf osteuropäische Pflegekräfte zurück, weil sie keinen Heimplatz fänden. Doch dass aus dem seit über zehn Jahren im Gespräch befindlichen Altenheim in Burgsinn etwas wird, ist alles andere als sicher.

Was wird aus den Plänen für ein neues Pflegeheim in Burgsinn?

Der private Anbieter BeneVit, der bereits in Frammersbach ein Pflegeheim betreibt, sehe ein auch von der Gemeinde favorisiertes Konzept mit einer Mischung aus ambulanter und stationärer Pflege vor, das nicht so personalintensiv wäre und das für Bewohnerinnen und Bewohner günstiger käme. Allerdings gebe es für ein solches Haus, für das der ambulante Teil über die Krankenkasse und der stationäre Teil über die Pflegekasse abzurechnen wäre, noch keine Rechtsgrundlage. Dieses Jahr soll die Gesundheitsministerkonferenz darüber entscheiden, ob ein solches Konzept machbar wäre. Sollte es nichts werden damit, würde man entweder nur einen ambulanten Dienst oder eine nur vollstationäre Einrichtung aufbauen, sagt Herold.

Dieter Reichert glaubt, dass weniger personalintensive teilstationäre Angebote, etwa Tagespflege oder Nachtpflege, zunehmen werden. Die Karlstadter Heroldstiftung will sich zudem um Pflegekräfte von den Philippinen bemühen. Carmen Passe, Pflegedirektorin am Klinikum Main-Spessart, geht davon aus, dass wegen fehlender Fachkräfte viele Pflegebedürftige künftig eher zu Hause mit unterstützenden Angeboten betreut werden als in einer Pflegeeinrichtung, wie sie der Redaktion kürzlich sagte. Das laut Landratsamt jetzt bereits sehr gefragte Angebot der psychosozialen Angehörigenberatung durch die "Fachstelle pflegende Angehörige" des Caritasverbands Main-Spessart könnte also künftig noch gefragter sein.

 
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  • W. M.
    Die Pharmaindustrie sollte zur Kasse gebeten werden. Dank dieser Industrie werden die Menschen immer älter. Früher war Ü-85 die Ausnahme, heute die Regel, dank eines grandiosen Medikamentenplans. Wer verdient? Die abzockenden Konzerne der Pharmaindustrie. Die sollten für ihre Gewinne einen Ausgleich für die Pflege ihrer Kundschaft zahlen. Der Pflegeberuf und der alternde Menschen bedürfen nämlich auch eine Art der Wertschätzung, die entsprechend vergütet werden muss.
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  • N. B.
    Die Heimplätze werden in Zukunft ausreichen. Warum? Weil sich die Kosten von 2800 € und mehr Eigenanteil pro Person, niemand mehr leisten kann. Vor 7 Jahren mussten wir für unseren Vater, Pflegestufe 3 schon 2050€ Eigenanteil zahlen........
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  • K. S.
    Kennt jemand Antwort auf die Frage; was mache ich dann mit meinem Angehörigen, wenn ich auf die Arbeit gehen muss, um mein Leben zu finanzieren? Vors Gesundheitsministerium fahren und alles Gute für die humane Betreuung wünschen?
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  • M. W.
    Die Leute wären ja eigentlich schon hier im Land, nur dürfen sie dank der Unions-Politik nicht arbeiten. Das nenne ich grotesk.
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  • K. S.
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  • M. W.
    @anna.mpnews: Warum soll das nicht sinnvoll sein? Uns fehlen Tausende, und es sind Millionen Asylsuchende im Land. Das sind Menschen, die sich liebend gerne einbringen möchten. Niemand möchte als Bittsteller dastehen.
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  • M. W.
    @anna.mpnews: Von „drängen“ kann doch keine Rede sein. Man müsste nur die Menschen lassen, die den Beruf in unserem Land gerne ausüben möchten. Konservative Politiker und die Bürokratie haben das in den letzten 10 Jahren erfolgreich verhindert.
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