Daheim alt werden bis zum Ende – das ist der Wunsch der meisten Menschen. Dann jedoch, wenn die Pflege im familiären Umfeld nicht mehr zu leisten ist, führt der letzte Umzug viele Senioren in ein Seniorenheim außerhalb des Heimatortes, weg aus dem gewohnten örtlichen Umfeld, weg von Bekanntem und Bekannten. Nicht so in Frammersbach.
Dort entwickelt sich das vor gut einem halben Jahr eröffnete Seniorenheim „Haus Lohrtal“ zu einer Erfolgsgeschichte. Die auf 54 Bewohner ausgelegte Einrichtung ist bereits zu zwei Dritteln gefüllt – fast ausnahmslos mit Senioren aus Frammersbach. Sie können die letzte Etappe des Lebens mitten in ihrem Heimatort verbringen.
Es hat etwas von Kaffeekränzchen unter Freunden, wenn die Senioren im gemütlich eingerichteten Wohnzimmer einer der vier Wohngemeinschaften sitzen. Soweit es ihnen möglich ist, schwelgen sie in tiefem Frammersbacherisch in Erinnerungen. Besucher werden aufmerksam beäugt. An einem Tisch beschäftigen sich die Damen mit dem Zusammenlegen von Wäsche.
Man kennt sich halt
„Sie kennen sich, erzählen über alte Zeiten. Das ist so schön“, ist Marina Straub immer wieder angetan von der Atmosphäre. Die 28-Jährige ist Leiterin der Hauswirtschaft im Haus Lohrtal. Mit Pflegedienstleiter Christian Erb (31) bildet sie das junge Führungsteam der Einrichtung.
Farbenfroh ist es im Haus Lohrtal, auch geräumig, vor allem aber lebendig. Ein kleiner Hund huscht über den Gang, umkreist Bewohner wie Besucher. Er gehört einer Mitarbeiterin. Es ist ausdrücklich erwünscht, dass das Personal Haustiere mitbringt. Auch Kinder sind willkommen. Das Konzept will Abwechslung und Leben im Haus. Die Tage der Bewohner sollen möglichst deren früherem Alltag ähneln.
Für zwölf bis 14 Bewohner ist eine jede Wohngemeinschaft ausgelegt. Im Wohnzimmer steht ein Kaminofen, in dem es bei entsprechenden Temperaturen auch knistert. Das Wohnzimmer geht direkt über in die Küche. Hier helfen die Bewohner soweit sie es wollen und können bei der Zubereitung der Speisen mit. Am Nachmittag wird Kuchen gebacken.
Frammersbach gilt weithin als sportbegeisterter Ort. Das ist die eine Facette. „Doch wir wollen die Senioren nicht ausgrenzen, sondern sie mitten im Ort haben“, erklärt Bürgermeister Peter Franz, weswegen die Gemeinde bei der Umgestaltung des Ortskerns die Gelegenheit ergriffen und den Weg für das Seniorenzentrum geebnet hat.
Das Grundstück auf der Industriebrache des Wiedekind-Areals stellte Frammersbach dem Investor, der BeneVit Pflege in Bayen GmbH, kostenlos zur Verfügung. Daneben beteiligte sich die Kommune laut Franz mit 300 000 Euro am insgesamt rund sechs Millionen Euro teuren Bau. Dessen Volumen entspricht bei einer Nutzfläche von 3000 Quadratmetern dem von 20 Einfamilienhäusern.
Drei der vier Wohngemeinschaften sind bereits belegt. Die erste war schon nach vier Wochen ausgebucht. Mehrere Frammersbacher sind von Seniorenheimen aus der Umgebung in die Einrichtung in ihrem Heimatort zurückgezogen. Ein Bewohner zog gar aus Nürnberg nach Frammersbach, wo seine Tochter wohnt.
Das Familienunternehmen wächst
Das Frammersbacher Haus ist im Bundesgebiet das 24. unter der Regie von BeneVit. Demnächst eröffnet ein weiteres in Hamburg, zwei weitere Projekte sind im Laufen. Das Konzept des Familienunternehmens, das mittlerweile rund 2000 Mitarbeiter hat, sieht vor, mit den Häusern gezielt mitten in Ortszentren zu gehen.
Zum Programm gehört es auch, Besucher aus dem Ort ins Haus zu holen. Es gibt regelmäßige Feste, wie jüngst beim Aufstellen eines Maibaums im Garten. Im Erdgeschoss lädt ein Café Gäste ein. Jeden Mittwoch erfährt der Gottesdienst im Haus laut Pflegedienstleiter Christian Erb regen Zulauf aus dem Ort. Der Veranstaltungssaal, der beispielsweise für Kinoabende genutzt wird, heißt ganz passend für Frammersbach „Fuhrmannsstube“.
Aktuell kümmern sich gut 20 Mitarbeiter um die Bewohner. Wenn das Haus voll ist, was laut Erb in wenigen Wochen der Fall sein wird, sollen es rund 60 sein. Natürlich, so sagt er, sei der Mangel an Pflegekräften auch in Frammersbach ein Problem. Man versuche ihm zu begegnen, indem man ab Herbst auch ausbilde. In Kürze will das Haus Lohrtal auch Kurzzeitpflege anbieten, beispielsweise für den Fall, dass pflegende Angehörige in Urlaub fahren wollen. Auch drei oder vier Plätze für die Tagespflege sind laut Erb im Gespräch.
Noch frei sind derzeit die beiden Mietwohnungen im Haus Lohrtal. Doch die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass auch sie recht bald Bewohner finden, die es zu schätzen wissen, wohlumsorgt in der gewohnten Umgebung des Heimatortes alt zu werden – bis zum Ende.
Infos zum Haus Lohrtal im Internet unter www.benevit.net.