Die Landtagswahl hat im Landkreis Main-Spessart zwei große Gewinner hervorgebracht: Thorsten Schwab, der für die CSU das Direktmandat verteidigte, und die AfD, die zum Beispiel in Aura mehr als 26 Prozent erreicht hat.
Falko Keller von der Alternative für Deutschland (AfD) gab sich im Gespräch mit der Redaktion entsprechend hocherfreut. Die Ergebnisse habe er gemeinsam mit dem Team in seinem Wohnzimmer verfolgt: "Wir sind schön am Feiern."
Im Gegensatz zur öffentlichen Debatte, die der AfD maßgeblich "Protestwähler" zuschreibt, führt Keller das Stimmenplus von gut fünf Prozentpunkten gegenüber 2018 vielmehr auf die Mobilisierung von Nichtwählern zurück. Und darauf, dass die AfD den Menschen im Gegensatz zu anderen Parteien klar aufzeige, wo die Probleme lägen und wie diese zu lösen sind. Dass es sich die AfD mit Lösungen zu leicht macht, wird der Partei oft vorgeworfen – Keller sieht darin jedoch einen Vorteil.
Thorsten Schwabs Mandat wird verlängert
Auch Thorsten Schwab zeigte sich am Sonntagabend zufrieden. Über sein Ergebnis könne man "nicht meckern", auch wenn bayernweit die Zahlen natürlich besser sein könnten. Grundsätzlich habe seine Partei aber eine "stabile Mehrheit" eingefahren.
Die AfD-Ergebnisse hätten ihn erschreckt. "Interessant finde ich, dass die AfD von Ort zu Ort so unterschiedlich abschneidet", so Schwab. Ob er daraus Schlüsse zieht für seine parlamentarische Arbeit in den kommenden Jahren, andere Themen in den Fokus rückt? Nein, sagt Schwab, er kümmere sich ohnehin um alle Themen.
Für Schwab war es schon der dritte Wahlkampf. Bei den Gesprächen, die er auf Tour im Landkreis geführt habe, sei vom Konflikt in China und Taiwan bis zu verunreinigten Stellen in den Gemeinden inhaltlich alles dabei gewesen. Die Flugblatt-Affäre und das frühe Bekenntnis Söders zu seinem Koalitionspartner Aiwanger sei ein bis zwei Wochen lang das dominierende Thema gewesen, in den letzten drei Wochen vor der Wahl jedoch nicht mehr. Am Dienstagmorgen beginnt für ihn die neue Legislaturperiode mit einer Fraktionsbesprechung.
Für Anja Baier gibt es erst in den kommenden Tagen Gewissheit
Bei der Wahlparty der Grünen im Hotel Mainpromenade lag um kurz vor 18 Uhr Anspannung in der Luft, dann folgten Jubelrufe und Applaus auf die erste landesweite Prognose. "Es wird auch darum gehen, wer die Oppositionsführung übernimmt", sagt Kreisvorsitzender Gerhard Kraft. Erleichterung machte sich breit, als feststand, dass die Partei wohl keine größeren Verluste eingefahren hat. "Bedrückend ist natürlich das Ergebnis der AfD", sagte auch Bezirkskandidatin Bärbel Imhof. Prognosen für Main-Spessart und Unterfranken sind schwieriger: "Der Abend wird sehr lang", dieser Satz fällt häufig auf der Party.
Auch Direktkandidatin Anja Baier rechnet damit, erst am Montag oder Dienstag mehr darüber zu erfahren, ob es für sie mit einem Sitz im Landtag klappt. "Das wird eng", sagt Baier. Nur der Hauch einer Chance bestehe ihrer Meinung nach. Tendenziell wähle der Landkreis in Unterfranken am wenigsten grün. Zufrieden zeigte sich Baier dennoch mit dem Wahlkampf der Grünen in Main-Spessart. "Wenn es nach München ginge, wäre für mich natürlich das Thema Gesundheit und Daseinsvorsorge ganz oben auf der Agenda." Für die Grünen in Unterfranken wünscht sie sich, dass sie den Landesschnitt erreichen – und dass Patrick Friedl in Würzburg das Direktmandat verteidigen kann. Wer zu Friedl und Kerstin Celina in den Landtag komme, werde man sehen.
Stolz in München nicht ohne Anspannung
Die Kandidatin der Freien Wähler (FW), Anna Stolz, verbrachte den Wahlabend gemeinsam mit der Fraktionsspitze in der Landeshauptstadt. Die Stimmung im Münchener Landtag sei nach den ersten Prognosen kurz nach 18 Uhr "sehr gut" gewesen, so Stolz. Die Partei könnte mit rund drei Prozentpunkten mehr als 2018 ein Rekordergebnis einfahren. Stolz wertet das als "tolle Bestätigung für die Arbeit der Freien Wähler". Wie man in der Vergangenheit bereits bei der FDP beobachtet habe, sei es als Juniorpartner in einer Regierungskoalition nur schwer möglich, sich durchzusetzen.
Bei der vergangenen Wahl musste Anna Stolz am Wahlabend und in den Tagen danach lange um ihren Einzug in den Landtag zittern. Auch wenn sie dieses Mal Listenplatz eins habe, sei sie dennoch nicht frei von Anspannung gewesen: "Das ist man natürlich immer. Prognosen sind das eine – Wahlen das andere."
Inwiefern dem voraussichtlich guten Ergebnis die Flugblattaffäre von Parteichef Hubert Aiwanger in die Karten gespielt habe? Schwer zu beurteilen, meint Stolz. Ein deutliches Plus nach Bekanntwerden sei nicht zu verneinen. Doch auch vorher seien den Freien Wählern in Umfragen stabile zehn bis zwölf Prozent zugeschrieben worden.
Enttäuschung bei Pamela Nembach und der SPD
Enttäuscht zeigte sich SPD-Kandidatin Pamela Nembach, als die ersten Hochrechnungen mit 8,5 Prozent für die Sozialdemokraten kamen. Allerdings habe sich das schlechte Abschneiden schon im Vorfeld angedeutet, so Nembach, die im Kreis von rund 15 SPD-Anhängern im Lohrer Fußballerheim die Wahlsendung des BR verfolgte.
Den Wahlkampf habe sie als "seltsam" empfunden, so Nembach. Zum einen, weil "Menschen, die eigentlich über eine Affäre hätten stolpern müssen, Zugewinn hatten" – gemeint waren die Freien Wähler. Zum anderen, weil man die Leute mit bayerischen Themen nicht habe erreichen können, stattdessen sei das Migrationsthema bedeutend gewesen. Nembach bedauerte, dass die AfD so stark geworden ist. Das liege wohl daran, dass in der gegenwärtigen instabilen Zeit viele Menschen krisenmüde seien und sich nach einfachen Antworten sehnten. Die SPD habe "nicht ganz so einfache Antworten" – allerdings seien die Probleme auch nicht so einfach.
FDP will am Wiedereinzug arbeiten
"Wir haben bis zum letzten Moment gekämpft", sagt FDP-Direktkandidat Simon Ruck. Gemeinsam mit der Miltenberg-FDP verfolgte er die Ergebnisse in Obernburg. "Wir wussten aus den Umfragen, dass es schwierig wird – aber wir sind eine Partei der Optimisten", sagt Ruck. Nun müsse die Partei von Tag eins nach der Wahl an für den Wiedereinzug arbeiten. Innerhalb der Ampel hätte sich die FDP seiner Meinung nach stärker positionieren müssen, das sei ein Grund für das niedrige Landtagswahlergebnis. Es gebe viele Punkte, die die Ampel gut gemacht hätte; das Problem liegt für Ruck in der Kommunikation dieser Punkte.