Am Balthasar-Neumann-Gymnasium neigen sich die Sommerferien schon wieder dem Ende zu. Sechs Wochen lang durchschnaufen hieß es für alle Schülerinnen und Schüler – nicht aber für ihre Lehrerin Pamela Nembach. Die 47-Jährige unterrichtet an der Marktheidenfelder Schule Deutsch, Französisch und Ethik. In diesem Sommer aber gilt für sie: Wahlkampf statt Ferien, denn sie ist Direktkandidatin der SPD für die Bayerische Landtagswahl.
Was Wahljahre bedeuten und auch von einem abverlangen, weiß sie. 2019 bewarb sie sich als Kandidatin bei der Landratswahl. Seit dem ist sie bekannter geworden, auch durch ihr Amt als stellvertretende Landrätin. Wie sie wahrgenommen wird? "Die Menschen kommen mehr mit ihren Anliegen zu mir, speziell, wenn es um Dinge rund um das Landratsamt geht", erzählt sie.
Was sie ärgert? Zum Beispiel Populismus auf Kosten von Minderheiten
Politisch geworden ist Pamela Nembach erst mit 35 Jahren. 2011 trat sie in Wertheim in die SPD ein. 2014 folgte die Kandidatur zum Wertheimer Gemeinderat. Als ein Jahr später ihr Mann Michael Nembach als Kunsterzieher ans Balthasar-Neumann-Gymnasium wechselte, beschloss die Familie den Umzug in ein Fachwerkhaus im Marktheidenfelder Stadtteil Glasofen. 2015 übernahm sie den Vorsitz im SPD Ortsverein Marktheidenfeld. 2016 wurde sie stellvertretende Vorsitzende im SPD Kreisverband.
Warum SPD? Weil ihr Weltbild hier die meisten Überschneidungen gehabt habe, erklärt sie. "Zum Beispiel, dass wir eine Mitverantwortung auf der Welt haben", sagt sie. Wie arm andere Menschen leben, prägte sich ihr bei Auslandsaufenthalten in Honduras und Haiti ein. "Das sind Bilder im Kopf, die vergisst man nie."
Was sie aus dieser Zeit aber auch mitgenommen hat: "Ich habe ein großes Problem mit Rassismus", sagt sie. Vor allem das Thema "Alltagsrassismus" beschäftigt sie. Dabei ärgere sie sich manchmal auch über sich selbst. "Es wäre schon viel gewonnen, wenn man sich selbst eingestehen würde, nicht immer frei von Vorurteilen zu sein", sagt sie.
Populismus auf Kosten von Minderheiten, wie sie ihn vor allem jetzt vor den Wahlen erlebe, regt sie auf. "Die AfD nachzuahmen, um Wählerstimmen zu bekommen, öffnet Rassismus Tür und Tor. Das halte ich für fatal", sagt sie. Wie argumentiert sie in Diskussionen rund um das Thema Zuwanderung? "Ich frage zum Beispiel, ob es der Person konkret schlechter geht als sonst? Und was sie meinen, wie es am Klinikum Main-Spessart aussehen würde ohne Zuwanderung?"
Schulthemen im Fokus: Multiprofessionellen Teams könnten Lehrer entlasten
Ein Thema, was der Lehrerin berufsbedingt unter den Nägeln brennt, ist die Bildung: Vor allem plädiert sie eindringlich für die Einführung von multiprofessionellen Teams an Regelschulen, also Sozialpädagogen, Erzieher, Psychologen. "Nur so kann die Inklusion von Schülern mit besonderen Anforderungen gewährleistet werden", sagt sie. Lehrkräfte müssten in der konkreten Unterrichtssituation 30 Kindern gleichzeitig Aufmerksamkeit schenken. Zudem steige der Bedarf an Beratung von Familien. "Nicht alle Kinder kommen aus intakten Familien", erläutert Nembach. Nicht zuletzt könne man durch die Teams Lehrkräfte entlasten, die sich oft aufreiben durch die Arbeiten, die über das reine Unterrichten hinaus anfallen.
Ebenso für richtig und wichtig hält sie die Einführung von Gemeinschaftsschulen als Alternative zum dreigliedrigen Schulsystem. An diesen Schulen wird schulformübergreifend gearbeitet und die Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, alle Abschlüsse zu machen. "Das hilft zum Beispiel allen, die mit Förderbedarf an die Schule kommen", sagt sie. Zudem mischten sich die Milieus, wodurch die Schüler weniger sozial gespaltet würden.
Wahlrecht ab 16 Jahren: Das politische Interesse von Jugendlichen wecken
Auch das Thema Lehrermangel treibt sie um: Dass die Lage so ist, wie sie ist, wundert sie nicht. Jahrelang sei versäumt worden, gute Leute zu übernehmen oder ihnen eine Stelle anzubieten. Quereinsteiger seien mit Jahresverträgen im Kettenmodus vergrämt worden. Wenn sie am Zug wäre, würde sie insofern auch als erstes eine Quereinsteiger-Einstiegshilfe auf die Beine stellen.
Ebenfalls gut findet sie, das Wahlalter auf 16 Jahre abzusenken. Ihrer Erfahrung nach ein Alter, in dem Jugendliche sehr interessiert seien an den Themen Bildung, Ökologie, Ausbildung oder ÖPNV. "Und warum sollte ich mich mit Parteien auseinandersetzen, wenn ich sie eh nicht wählen kann?", fragt sie.