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Wahlkampf
Abschreckende Plakate: Wer steckt hinter der Kampagne "#AfDnee"?
Die Kampagne "#AfDnee" sorgt derzeit für Wirbel in den sozialen Medien. Mit Schockplakaten sollen Protestwähler vor der AfD gewarnt werden. Was die Initiatoren jetzt vorhaben.
419676436.jpg       -  Die Kampagne '#AfDnee' will Protest- und Wechselwähler erreichen, die potenziell die AfD wählen könnten.
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, dpa (Symbolbild) | Die Kampagne "#AfDnee" will Protest- und Wechselwähler erreichen, die potenziell die AfD wählen könnten.
Dominik Schätzle
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:27 Uhr

Ein breites Lächeln hier, eine Wohlfühl-Botschaft dort: Plakate transportieren im Wahlkampf die Standpunkte der Parteien, wenn auch oft in sehr verkürzter Form. Doch in den sozialen Medien sorgen jetzt einige ungewöhnliche Plakate für reichlich Wirbel – ungewöhnlich deshalb, weil sie eine düstere Zukunft zeichnen. Zu lesen ist da etwa: "Mir waren nur die da oben zu weltfremd. Jetzt wird jedes Jahr meine Miete noch stärker erhöht." Es ist die Aussage des fiktiven Wählers "Thomas Berl, Landschaftsgärtner" im Mai 2025. Auf einem anderen sagt ein Handwerksmeister im Jahr 2027: "Ich wollte nur, dass weniger Ausländer ins Land kommen. Jetzt finde ich keine Azubis mehr." Die Kampagne, die hinter den Motiven steckt, heißt "#AfDnee" und richtet sich, wie der Name unschwer erkennen lässt, gegen die AfD.

Philipp Jacks von #AfDnee: "Die AfD ist eine Gefahr für die Demokratie"

Doch wer eine andere Partei als Initiatorin vermutet, der irrt. Träger ist der Frankfurter Verein "Demokult e. V. – Verein zur Förderung demokratischer Bildung und Kultur". Dessen Vorsitzender, Philipp Jacks, erklärt gegenüber unserer Redaktion die Idee hinter der Kampagne, die aufklären solle: "Die AfD ist eine Gefahr für die Demokratie", so Jacks – das betone auch der Präsident des Bundesverfassungsschutzes immer wieder. Gerichte und das Deutsche Institut für Menschenrechte bescheinigten der AfD zudem Verfassungsfeindlichkeit.

Deshalb will der Verein potenziellen Wählerinnen und Wählern aufzeigen, was die Politik der AfD für sie bedeuten würde. Die AfD stelle sich als "Partei der kleinen Leute dar", kritisiert Jacks, tatsächlich "würde die Umsetzung der AfD-Wahlprogramme aber der Mehrheit der Bevölkerung und der Wirtschaft dramatisch schaden". Zu einem ähnlichen Ergebnis war kürzlich eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW gekommen. Es trete ein "bemerkenswertes Paradox" auf, hieß es darin: "Menschen, die die AfD unterstützen, würden am stärksten unter der AfD-Politik leiden, und zwar in Bezug auf fast jeden Politikbereich."

#AfDnee-Kampagne bald auch mit Plakaten außerhalb von Social Media

Gerade in vermeintlichen AfD-Hochburgen traue sich aber kaum noch jemand, "dem stumpfen AfD-Populismus etwas entgegenzustellen", glaubt Demokult-Vorsitzender Jacks. Über die sozialen Medien könne der Verein Diskussionen wieder anstoßen, die sonst nicht mehr stattfänden. Um die Plakate mit Argumenten zu unterfüttern, finden sich auf der #AfDnee-Webseite verschiedene Faktenchecks, die jeweils auf Positionen der Partei verweisen. Ursprünglich war die Kampagne nur für Social Media konzipiert. Wegen des großen Zuspruchs sei der Verein aber dabei, auch Plakatvorlagen zur Verfügung zu stellen.

Dass die Aktion gerade jetzt läuft, hat mit der Landtagswahl in Hessen zu tun, wo parallel zu Bayern am 8. Oktober gewählt wird. Eigentlich sollte die Kampagne nur darauf begrenzt sein, doch nun wird sie wohl räumlich ausgeweitet. "Aktuell bekommen wir Zuschriften aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, ob wir die Initiative auf andere Bundesländer ausweiten können, ob wir Plakate, Flyer und Aufkleber haben. Da sind wir jetzt dran", so Jacks.

Kampagne sei "parteiunabhängig" – keine Spenden von Parteien

Das Geld, das der Verein dafür braucht, wird durch Spenden eingesammelt. Da immer wieder vermutet wird, dass auch Parteien an der Kampagne beteiligt sein könnten, betont Jacks, dass diese zwar nicht unpolitisch, "aber parteiunabhängig" sei, weshalb keine Spenden von Parteien angenommen würden. Auch eine formelle Beziehung zu Gewerkschaften bestehe nicht – trotz der persönlichen Verbindungen: Sowohl Jacks, der DGB-Geschäftsführer der Region Frankfurt-Rhein-Main ist, als auch seine beiden Vereins-Stellvertreter Michael Erhardt (bei der IG Metall Frankfurt) und Alexander Klein (Bezirksgeschäftsführer von ver.di Frankfurt am Main und Region) sind eng mit Gewerkschaften verbunden.

Die AfDnee-Initiative werde aber von Gewerkschaften finanziell unterstützt, so Jacks. Neben diesen spendeten auch Unternehmen, Religionsgemeinschaften, Jugendverbände, Umwelt- und Sozialverbände – der Großteil stamme aber von Privatpersonen.

Kritik: Bedient sich die Kampagne der gleichen Mittel wie die AfD?

Dass die Kampagne auch online gut ankommt, belegen die nach oben kletternden Followerzahlen. Auf Instagram folgen der Kampagne bereits über 10.000 User, ebenso auf X (ehemals Twitter). Doch es gibt auch Kritik an ihr – nicht nur von AfD-nahen Bloggern, die teils unter "#AfDjaa" versuchen, gegenzuhalten. So wird von einzelnen Nutzerinnen und Nutzern etwa kritisiert, die Kampagne schüre Ängste und arbeite somit mit dem gleichen Mittel, dessen sich die AfD selbst bediene. Jacks sieht das anders: "Wir warnen vor den Konsequenzen, die eine AfD-Regierungsbeteiligung hätte. Wir belegen das alles mit dem Wahlprogramm der AfD Hessen und den bundesweiten Positionen der AfD. Der Faktencheck ist komplett mit Quellenangaben hinterlegt", sagt er.

Jacks und seine Mitstreiter glauben indes nicht, dass dem Verein wegen seiner politischen Agenda vom Finanzamt die Gemeinnützigkeit entzogen werden könnte. Die offiziellen Vereinszwecke seien die Förderung des demokratischen Staatswesens, Toleranz und Völkerverständigung sowie die Gleichberechtigung von Männern und Frauen. "Gegen alle diese gemeinnützigen Werte verstößt die AfD nachweislich, und darüber klären wir auf. Darum sehen wir unsere Initiative voll im Geltungsbereich der Abgabenordnung." 2014 war dem globalisierungskritischen "Attac"-Bündnis wegen seiner "allgemeinpolitischen" Ausrichtung die Gemeinnützigkeit aberkannt worden. Selbiges gilt für die Kampagnen-Organisation "Campact", die 2019 das gleiche Schicksal ereilte. Wird einem Verein die Gemeinnützigkeit aberkannt, darf er unter anderem keine absetzbaren Spendenquittungen mehr ausstellen.

 
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