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Main-Spessart
Landtagswahl: Main-Spessarter AfD-Kandidat Falko Keller hat viele widersprüchliche Positionen
Der Kandidat aus Aschaffenburg will ein friedliches Miteinander mit anderen Parteien, beschimpft diese jedoch als "Volksverräter".
AfD-Landtagskandidat Falko Keller aus Aschaffenburg.
Foto: Björn Kohlhepp | AfD-Landtagskandidat Falko Keller aus Aschaffenburg.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:16 Uhr

Der in Aschaffenburg lebende AfD-Landtagskandidat für Main-Spessart ist ein Mann voller Widersprüche. Auf die Frage, was Falko Keller als Landtagsabgeordneter als erstes machen würde, teilt er mit: "für offene Gespräche zwischen allen Parteien sorgen, friedlich, und im Sinne der Verbesserung der Politik in Bayern". Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Lohr hingegen blies er mit "Jagen wir diese Volksverräter aus dem Maximilianeum!" zum Halali. Ob so etwas einem friedlichen Miteinander zuträglich ist und der Begriff "Volksverräter" nicht recht radikal? Er meine ja nur die "Altparteien" von ihrem Programm her, sagt er im persönlichen Gespräch, und schließlich sei ja Wahlkampf.

Nächstes Beispiel Einwanderung: Auf der einen Seite ist er für geschlossene Grenzen. Er war acht Jahre in Norwegen als Busfahrer tätig und habe von dort verfolgt, wie es 2015 in Deutschland, so Keller, "komplett den Bach runtergeht", womit er die vielen Flüchtlinge meint. Auf der anderen Seite ist er in dritter Ehe mit einer Frau aus Thailand verheiratet und ärgert sich, dass es ein ziemlicher bürokratischer Akt war, bis seine Schwägerin kürzlich zu Besuch kommen konnte.

"Gewerkschaften sind für mich einfach nur der lange Arm der Bundesregierung."
AfD-Kandidat Falko Keller

Er ist auch der Meinung, dass es Einwanderung braucht, und fragt sich, wie Deutschland attraktiv für Fachkräfte wird. Dass die AfD Stimmung gegen Ausländer macht, was die Wirtschaft angesichts des Rufes nach Fachkräften aus dem Ausland unruhig werden lässt, könne er so jedoch nicht erkennen.

Rechtsextremismus in der AfD? Keller macht sich keine Sorgen um seine Frau und seine jüngste Tochter

Er mache sich deshalb auch keine Sorgen, dass seine Frau und seine jüngste Tochter – Keller hat vier Kinder aus zweiter Ehe und ist auch schon Großvater – unter einem von der AfD angeheizten ausländerfeindlichen Klima leiden könnten. "Nein, wenn man in der Partei drin ist und sieht, dass das nicht stimmt, macht einem das keine Sorgen mehr." Keine rechtsextreme Tendenzen in der Partei? "Das sind Einzelpersonen." Es gebe in der AfD halt unterschiedliche Positionen.

Keller war Mitte der 80er ein paar Monate Mitglied der Grünen. Er macht sich Gedanken um den Flächenverbrauch von Solarparks, Windrädern und Straßen, um Natur und Umwelt, trägt Regenwasser mit Eimern ins Haus, um damit die Toilette zu spülen, ruft zum Energiesparen auf und fände die Reaktivierung der Werntalbahn und eine ÖPNV-Abgabe für alle, auch für Nicht-ÖPNV-Nutzer, gut, um den Nahverkehr kostenlos zu machen. Dennoch sagt er: "Ich hasse die Grünen." Die würden die Leute nur "verarschen". Er ist für Zusammenhalt in der Gesellschaft, aber "Gewerkschaften sind für mich einfach nur der lange Arm der Bundesregierung". Forderungen nach höherem Lohn heizten nur die Inflation an.

Der Kandidat spricht von "Klimawahn", macht sich jedoch Sorgen um die Erde

Keller macht sich Sorgen um die Erde und die Gletscher, spricht aber von "Klimawahn". CO2? Für ihn nach saurem Regen und Waldsterben "die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben wird". Er spricht statt von Klimawandel von einer "Verschiebung der Klimazonen" – "nichts, worauf wir Einfluss haben könnten" –, fürchtet aber, dass der Mensch "alles kaputt macht". Früher war er gegen Atomkraft, heute dafür.

"Ich bin ein sehr gläubiger Mensch und bin deswegen in keiner Religion", sagt er. Für ihn kein Widerspruch. Keller: "Das Letzte, was Gott braucht, um mir zu sagen, was ich tun soll, ist ein Buch." Weil er stattdessen an Evolution glaubt, hat er, der im Anzug ein wenig an AfD-Gründer Lucke erinnert, einen Affenkopf auf den Arm tätowiert. Außerdem zieren seine Arme ein Indianerhäuptling, ein Harley-Davidson-Tattoo und ein Baum mit Fledermaus – außerdem ein Tattoo aus der Zeit der Tierbefreier, denn Keller hat in den 80ern den Bundesverband der Tierbefreier mitgegründet.

Keller findet, dass Judentum und Islam hier nichts verloren haben

Vor eineinhalb Jahren wurde ein Facebook-Post von ihm vom ARD-Magazin "Monitor" als ein Beleg genommen, dass die AfD sich weiter radikalisiere. Zu brennenden israelischen Flaggen vor Synagogen in NRW hatte er 2021 geschrieben, "dass die jüdische und muslimische Religion voller Hass ist, und hier nichts verloren hat." Das sei ihm als antisemitisch ausgelegt worden, obwohl er doch, so Keller, im selben Satz auch über die Muslime – die Übeltäter waren wohl muslimisch – gesprochen habe.

Die Unterstützung der überfallenen Ukraine findet er falsch, auch Flüchtlinge von dort würde er nicht aufnehmen. Waffenlieferungen forcieren in seinen Augen Leid und Zerstörung. Keller findet, Selenskyi solle sich mit Putin an einen Tisch setzen "und die Problematik, die sie haben, ausdiskutieren". "Deutschland hat in keinem Krieg mehr etwas verloren, wir haben so viel Leid über die Welt gebracht", sagt er. Zugleich will er als 1967 Geborener diese Schuld nicht mehr aufgebürdet bekommen.

Steckbrief Falko Keller

Wann und wo sind Sie geboren? 18. Juli 1967 in Seligenstadt am Main
Wie ist die familiäre Situation? Verheiratet, fünf Kinder, eine Enkelin
Welchen Beruf haben Sie? Busfahrer
Wie verlief Ihre "politische Karriere"? Mitgliedschaft in der AfD 2019, direkt Vorsitzender im Stadtverband, seit 2020 Stadtrat/Aufsichtsrat (Stadtwerke) in Aschaffenburg
Was sind weitere Ehrenämter und Hobbys? Wandern
Was ist Ihr Lieblingsplatz im Stimmkreis? Vor und im Schloss Lohr.
Haben Sie ein politisches Vorbild? Kissinger, der noch im hohen Alter für den Frieden unterwegs ist.
(bjk)
 
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Kommentare
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  • Peter Koch
    Wer so widersprüchliche Positionen einnimmt kann eigentlich nur aus verschiedenen Persönlichkeiten bestehen. Wie soll denn das Wahlvolk wissen welches der verschiedenen Ichs des Herrn Keller da wirklich zur Wahl stellt und dann im Landtag antritt.
    Der kann doch eigentlich von den Rechten gar nicht gewählt werden weil er plötzlich linksgrün werden könnte.
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  • Peter Koch
    Wie soll das in einer Partei gehen die voll auf Atomstrom, Erdöl, Braunkohle und Putin setzt. Da müsste man schon arg schizophren sein um das Geistig verarbeiten zu können.
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  • Paula Werthmann
    Heuchler! Ist gegen Einwanderung und für geschlossene Grenzen - und ist mit einer Thai verheiratet. Und wie verträgt sich eine solche Haltung mit " es braucht Einwanderung "? Er fragt sich, wie Deutschland attraktiv für Fachkräfte (aus dem Ausland) wird. Also da kann ich nur sagen: Heuchler
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  • Emilie Krenner
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