Der in Aschaffenburg lebende AfD-Landtagskandidat für Main-Spessart ist ein Mann voller Widersprüche. Auf die Frage, was Falko Keller als Landtagsabgeordneter als erstes machen würde, teilt er mit: "für offene Gespräche zwischen allen Parteien sorgen, friedlich, und im Sinne der Verbesserung der Politik in Bayern". Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Lohr hingegen blies er mit "Jagen wir diese Volksverräter aus dem Maximilianeum!" zum Halali. Ob so etwas einem friedlichen Miteinander zuträglich ist und der Begriff "Volksverräter" nicht recht radikal? Er meine ja nur die "Altparteien" von ihrem Programm her, sagt er im persönlichen Gespräch, und schließlich sei ja Wahlkampf.
Nächstes Beispiel Einwanderung: Auf der einen Seite ist er für geschlossene Grenzen. Er war acht Jahre in Norwegen als Busfahrer tätig und habe von dort verfolgt, wie es 2015 in Deutschland, so Keller, "komplett den Bach runtergeht", womit er die vielen Flüchtlinge meint. Auf der anderen Seite ist er in dritter Ehe mit einer Frau aus Thailand verheiratet und ärgert sich, dass es ein ziemlicher bürokratischer Akt war, bis seine Schwägerin kürzlich zu Besuch kommen konnte.
Er ist auch der Meinung, dass es Einwanderung braucht, und fragt sich, wie Deutschland attraktiv für Fachkräfte wird. Dass die AfD Stimmung gegen Ausländer macht, was die Wirtschaft angesichts des Rufes nach Fachkräften aus dem Ausland unruhig werden lässt, könne er so jedoch nicht erkennen.
Rechtsextremismus in der AfD? Keller macht sich keine Sorgen um seine Frau und seine jüngste Tochter
Er mache sich deshalb auch keine Sorgen, dass seine Frau und seine jüngste Tochter – Keller hat vier Kinder aus zweiter Ehe und ist auch schon Großvater – unter einem von der AfD angeheizten ausländerfeindlichen Klima leiden könnten. "Nein, wenn man in der Partei drin ist und sieht, dass das nicht stimmt, macht einem das keine Sorgen mehr." Keine rechtsextreme Tendenzen in der Partei? "Das sind Einzelpersonen." Es gebe in der AfD halt unterschiedliche Positionen.
Keller war Mitte der 80er ein paar Monate Mitglied der Grünen. Er macht sich Gedanken um den Flächenverbrauch von Solarparks, Windrädern und Straßen, um Natur und Umwelt, trägt Regenwasser mit Eimern ins Haus, um damit die Toilette zu spülen, ruft zum Energiesparen auf und fände die Reaktivierung der Werntalbahn und eine ÖPNV-Abgabe für alle, auch für Nicht-ÖPNV-Nutzer, gut, um den Nahverkehr kostenlos zu machen. Dennoch sagt er: "Ich hasse die Grünen." Die würden die Leute nur "verarschen". Er ist für Zusammenhalt in der Gesellschaft, aber "Gewerkschaften sind für mich einfach nur der lange Arm der Bundesregierung". Forderungen nach höherem Lohn heizten nur die Inflation an.
Der Kandidat spricht von "Klimawahn", macht sich jedoch Sorgen um die Erde
Keller macht sich Sorgen um die Erde und die Gletscher, spricht aber von "Klimawahn". CO2? Für ihn nach saurem Regen und Waldsterben "die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben wird". Er spricht statt von Klimawandel von einer "Verschiebung der Klimazonen" – "nichts, worauf wir Einfluss haben könnten" –, fürchtet aber, dass der Mensch "alles kaputt macht". Früher war er gegen Atomkraft, heute dafür.
"Ich bin ein sehr gläubiger Mensch und bin deswegen in keiner Religion", sagt er. Für ihn kein Widerspruch. Keller: "Das Letzte, was Gott braucht, um mir zu sagen, was ich tun soll, ist ein Buch." Weil er stattdessen an Evolution glaubt, hat er, der im Anzug ein wenig an AfD-Gründer Lucke erinnert, einen Affenkopf auf den Arm tätowiert. Außerdem zieren seine Arme ein Indianerhäuptling, ein Harley-Davidson-Tattoo und ein Baum mit Fledermaus – außerdem ein Tattoo aus der Zeit der Tierbefreier, denn Keller hat in den 80ern den Bundesverband der Tierbefreier mitgegründet.
Keller findet, dass Judentum und Islam hier nichts verloren haben
Vor eineinhalb Jahren wurde ein Facebook-Post von ihm vom ARD-Magazin "Monitor" als ein Beleg genommen, dass die AfD sich weiter radikalisiere. Zu brennenden israelischen Flaggen vor Synagogen in NRW hatte er 2021 geschrieben, "dass die jüdische und muslimische Religion voller Hass ist, und hier nichts verloren hat." Das sei ihm als antisemitisch ausgelegt worden, obwohl er doch, so Keller, im selben Satz auch über die Muslime – die Übeltäter waren wohl muslimisch – gesprochen habe.
Die Unterstützung der überfallenen Ukraine findet er falsch, auch Flüchtlinge von dort würde er nicht aufnehmen. Waffenlieferungen forcieren in seinen Augen Leid und Zerstörung. Keller findet, Selenskyi solle sich mit Putin an einen Tisch setzen "und die Problematik, die sie haben, ausdiskutieren". "Deutschland hat in keinem Krieg mehr etwas verloren, wir haben so viel Leid über die Welt gebracht", sagt er. Zugleich will er als 1967 Geborener diese Schuld nicht mehr aufgebürdet bekommen.
Der kann doch eigentlich von den Rechten gar nicht gewählt werden weil er plötzlich linksgrün werden könnte.