Begonnen hat Torsten Rufs politische Karriere bei Bündnis 90/Die Grünen, heute ist der 46-Jährige mit vielen Ansichten der Partei nicht mehr einverstanden. 2014 wurde Ruf noch für die Grünen in den Lohrer Stadtrat gewählt, bereits nach 1,5 Jahren hat er sein Mandat jedoch niedergelegt und ist aus der Partei ausgetreten. Ausschlaggebend war unter anderem die Zustimmung der Lohrer Grünen zum Baugebiet "Südlich der Steinfelder Straße" und zur B26n, die ihm anfangs noch nicht konsequent genug abgelehnt wurde.
Seine neue politische Heimat ist seit 2019 die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), für die er bei der Landtagswahl am 8. Oktober als Direktkandidat antritt. "Ich sehe die ÖDP als eine Partei, die die grundsätzlichen ökologischen Themen vertritt. Hier finde ich mich wieder", so Ruf.
Dass er eines Tages wieder zurück zu den Grünen geht, glaubt er nicht. Dazu hat er auch auf bundespolitischer Ebene zu viele Kritikpunkte an der Partei. Zum Beispiel, dass die Klimaziele der Bundesregierung nun nicht mehr pro Sektor eingehalten werden müssen und sich das Verkehrsministerium dadurch seiner Verantwortung entziehen könne. "Ich wünsche mir eine klarere Linie von den Grünen", sagt er.
Fünf-Prozent-Hürde ist für die ÖDP kaum zu überwinden
Was seine Chancen angeht, in den Landtag einzuziehen, ist Ruf realistisch: "Die Fünf-Prozent-Hürde ist für die ÖDP kaum zu reißen." Bei der vergangenen Landtagswahl ist die Partei bayernweit auf 1,6 Prozent gekommen, in Main-Spessart waren es gerade einmal 0,5 Prozent. Demokratisch sinnvoll findet Ruf die Fünf-Prozent-Hürde allerdings nicht. Alle Wähler sollten sich vertreten fühlen und nicht nur "das kleinere Übel" wählen können, so seine Meinung.
Auf kommunalpolitischer Ebene, auf der es die Fünf-Prozent-Hürde nicht gibt, hat die ÖDP in seinen Augen schon einiges bewirken können. Auch das Volksbegehren "Rettet die Bienen" wurde von der ÖDP initiiert und sei extrem erfolgreich gewesen, nennt Ruf ein Beispiel. Im Lohrer Stadtrat ist er für die ÖDP zwar Einzelkämpfer, könne aber durchaus etwas verändern: "Du hast direkte Kontakte in die Verwaltung und zum Bürgermeister und kannst im Kleinen Dinge bewegen, die vielleicht gar nicht so nach außen kommen." Über Anträge im Stadtrat könne er Denkanstöße geben, auch wenn nicht alles direkt umgesetzt werde.
Ruf möchte Umweltbildung als Schulbildung verankern
Seine Leidenschaft ist der Naturschutz, den er als Gebietsbetreuer beim Naturpark Spessart zu seinem Hauptberuf gemacht hat. Um bereits junge Menschen mehr für das Thema zu sensibilisieren, sollte die Umweltbildung in den Schulen verankert werden, findet Ruf. Zwar gebe es auf der einen Seite den radikalen Protest zum Beispiel der Aktivisten der "Letzten Generation". Auf der anderen Seite sei das Interesse an Umweltthemen bei vielen Jugendlichen überhaupt nicht da, das hätten Umfragen ergeben und das beunruhige ihn.
Für die Jugend müsse es auch in der Freizeitgestaltung ein besseres Angebot geben, findet Ruf. Als Beispiel nennt er den Skaterplatz in Lohr, der dringend komplett saniert werden müsse.
Beim Thema Bauen und Wohnen wünscht sich Ruf mehr Flächenschutz. Es sei wichtig, in die Innenstädte zu investieren, statt auf Neubaugebiete zu setzen. Ein Aspekt, den er auch beim Neubau des Zentralklinikums in Lohr gerne berücksichtigt gesehen hätte. "Ich bin kein Fachmann bei dem Thema", räumt er ein. Aber dass es mehr staatliche Förderung für den Neubau gibt als es für eine Sanierung des Altbaus gegeben hätte – das findet Ruf paradox.
Radwege müssen attraktiver werden
Ein weiteres Thema, das ihn bewegt, ist der Ausbau der Radwege. "Neulich bin ich von Neustadt nach Lohr mit dem Fahrrad gefahren, da hat man einen gemischten Rad-Fuß-Weg von einem Meter Breite, teilweise geschottert. Das ist einfach unattraktiv", findet Ruf. So nehme man den Menschen die Motivation, vom Auto aufs Rad umzusteigen. Andererseits kritisiert er auch, dass viele Menschen zu bequem seien. Gerade E-Bikes sind für ihn eine echte Alternative zum Auto. Er selbst fahre zur Arbeit meist mit dem Rad von Lohr nach Gemünden, für Kartierungsarbeiten im Hochspessart sei er aber auch aufs Auto angewiesen.
Auch der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel ist ihm ein großes Anliegen. "Alles, was wir in die Planung und Umsetzung neuer Straßen wie der B26n setzen, müsste man einfach in den Nahverkehr stecken", fordert Ruf.
Die B26n ist für ihn ohnehin ein Reizthema. Seit zwei Jahren gehe es hier nicht voran und es sei an der Zeit, sich einzugestehen, dass es die Straße nicht brauche. "Der Bedarf ist einfach nicht da", findet Ruf. Umgehungsstraßen wie die bei Wiesenfeld werden bereits gebaut. "Niemand kann da behaupten, dass wir uns nicht gut fortbewegen können", sagt er. Die Sturheit, mit der viele Politiker an dem Projekt festhielten, mache ihn wütend. Auch die Tunnellösung zwischen Heßlar und Schönarts, die wegen eines Fledermausvorkommens diskutiert werde, stehe in keinem Kosten-Nutzen-Verhältnis. Er fordert deshalb, die B26n aus dem nächsten Verkehrswegeplan komplett zu streichen.