
Jedem Anfang, beschrieb es Hermann Hesse, wohne ein Zauber inne. "Das wäre jetzt mein Anfang", sagt Jakob Schmitz mit einem Lächeln und wirkt dabei tatsächlich ein wenig verzaubert. Überrascht zumindest habe es ihn, dass er ohne viel politische Vorerfahrung vom Linke-Kreisverband Würzburg Mainfranken die Chance erhalten hat, für die bayerische Landtagswahl als Direktkandidat für Main-Spessart zu kandidieren.
Überraschend vielleicht auch deshalb, weil der 20-Jährige, der seit einem Jahr in Würzburg lebt und Philosophie und Politik studiert, nicht aus Main-Spessart – ja nicht einmal aus Bayern, sondern aus dem nordrhein-westfälischen Siegburg stammt. Ein Problem sieht der besonnen wirkende Schmitz, der mit langen Haaren, Nirvana-Shirt und einer beachtlichen Sammlung an Fingerringen so gar nicht den Klischees eines typischen Landtagskandidaten entspricht, darin nicht.

Kandidat stammt nicht aus dem Landkreis, möchte sich aber in die Themen vor Ort einarbeiten
"Dass ich nicht aus der Region komme, war dabei nie ein Problem. Man hat sich einfach gefreut, dass es jemanden gibt, der engagiert ist", schildert er die Rückmeldung vonseiten der Partei auf seinen Wunsch, im Wahlkampf aktiv Verantwortung zu übernehmen. Ein Schritt, der für den Kandidaten ein logischer sei: "Ich wollte schon immer sehr gerne in die Politik gehen und darum hatte ich, als ich 2022 hier nach Würzburg gezogen und bei der Partei vor Ort aktiv geworden bin, auch direkt gesagt, dass ich für Bezirks- oder Landtagswahl zur Verfügung stehe."
Und tatsächlich: Für den Wahlkreis Main-Spessart habe der Kreisverband, der Würzburg, Würzburg Land, Kitzingen und eben Main-Spessart vertritt, "noch jemanden gebraucht", woraufhin sich Schmitz sofort bereit erklärte, zu übernehmen. Als reine Übung für den Einstieg in die Politik möchte der Student seine Kandidatur jedoch nicht verstanden wissen. Er sei sich bewusst, dass seine Partei in Bayern nicht unbedingt die Reichweite habe, wie in anderen Bundesländern, möchte sich jedoch in die Themen vor Ort einarbeiten und schreibt einen Einzug der Partei in den Landtag trotz prognostizierten zwei Prozent Stimmanteil nicht von vornherein ab.
Wahlkampf für mehr ÖPNV, Anbindung ländlicher Regionen und bessere Klimapolitik
Ob er persönlich dafür genügend Sympathien sammeln könne, stellt er dahin – würde im Falle einer Direktwahl jedoch sein Bestes geben, den Landkreis gut zu repräsentieren, sagt er. Wie dieses Sammeln von Sympathien genau funktionieren soll, da ist Schmitz noch unschlüssig. Einen oder zwei Infostände möchte er bis zur Wahl noch organisieren. Wann und wo, das soll entschieden werden, sobald alle Plakate hängen. Die sozialen Medien für den Wahlkampf einzusetzen, hält der Politikstudent für wenig ergiebig und möchte dort voraussichtlich keine Arbeit investieren.

Über seine Themen – mehr ÖPNV, die Anbindung ländlicher Regionen und dem Umgang mit der "Klimakrise" – hätte Schmitz mit der für ihn sehr relevanten Zielgruppe junger Wählerinnen und Wähler stattdessen gerne auf einer geplanten Podiumsveranstaltung des Kreisjugendrings in Lohr gesprochen. Die wurde jedoch abgesagt, weil sich zu wenige Jugendliche angemeldet hatten. Das habe ihn enttäuscht, einen generellen Mangel an politischem Interesse möchte Schmitz für seine Generation daraus jedoch nicht ableiten. Vielmehr plädiert er für eine Senkung des Wahlalters, wie beispielsweise in seiner Heimat Nordrhein-Westfalen, wo er bereits mit 16 seine Stimme bei Lokalwahlen abgegeben habe. "Es gibt genug Menschen, die in dem Alter schon viel Ahnung haben. Das ist ein Mundtot-Machen von Menschen, die durchaus die Fähigkeit haben, ihre Meinung fundiert zu äußern."
Schmitz politisierte sich bei Fridays For Future und lobt die "Letzte Generation"
Das beste Beispiel für das Engagement seiner Generation ist für ihn die Klimaschutzbewegung Fridays For Future (FFF), wo er sich im Orga-Team von FFF Bonn selbst politisch sozialisiert habe. Den Einsatz fürs Klima lobt er aber auch bei der viel kritisierten "Letzten Generation". "Ich fände vielleicht eine andere Form von Protest besser, aber ich bewundere es auf jeden Fall, wenn Leute sich einsetzen." Schmitz könne nicht verstehen, wie sehr auf den Aktivistinnen und Aktivisten herumgehackt und wie speziell in Bayern mit ihnen umgegangen werde, obwohl ihre Kritik wirklich valide sei: "Die letzten Wochen sollten es uns auf jeden Fall nochmal ins Gedächtnis gerufen haben, gerade auch durch die Überschwemmungen in Main-Spessart, dass der Klimawandel auch zu uns kommt und dass es nicht besser wird, wenn wir nichts machen."
Steckbrief Jakob Schmitz
Wann und wo sind Sie geboren?28. Dezember 2002 in Siegburg (Nordrhein-Westfalen)
Unverheiratet, keine Kinder
Studiert Philosophie (Hauptfach) und Political and Social Studies (Nebenfach) in Würzburg
Von 2019 bis Mitte 2020 in Bonn für Fridays for Future aktiv, 2022 Linke-Beitritt
Lesen und schriftstellerisch tätig
Der Karlstadter Marktplatz ("Ich liebe alte Gebäude")
Angela Davis, US-Amerikanerin, die sich trotz Repressalien durch die Regierung für Menschenrechte und die Gleichberechtigung von Schwarzen einsetzte
Denn er hat ein fundamentales Prinzip von Demokratie und Rechtsstaat (noch?) nicht verstanden: Der Zweck heiligt NICHT die Mittel.