Dieser Tage macht er Schlagzeilen. Mit einem Dutzend ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer gräbt Harald Rosmanitz derzeit die Wüstung Seehausen bei Zellingen-Duttenbrunn aus. Freigelegte Skelette, vermutlich aus der Karolingerzeit, lockten schon Hunderte Interessierte zur Grabungsstelle.
Das Interesse für Archäologie liegt dem gebürtigen Durlacher im Blut. Schon als Zweijähriger buddelte er stundenlang im Schrebergarten. Nach seinem Wehrdienst im wehrgeschichtlichen Museum in Rastatt (Baden-Württemberg) wühlte der 21-Jährige dann im Untergrund der alten Markthalle in Ettlingen – und barg seine ersten Ofenkacheln.
Als dann zehn Jahre später der Saumarkt in Karlsruhe-Durlach neu gepflastert werden sollte, war Rosmanitz wieder zur Stelle. Nach und nach hatte er sich schon während seiner Studienzeit auf Ofenkacheln konzentriert. Heute weiß er in Deutschland neben sich nur zwei weitere Spezialisten mit vergleichbarem Fachwissen.
Harald Rosmanitz lebt seit 22 in Main-Spessart
"Ich habe mich an die Spitze gearbeitet", sagt der heute 60-Jährige, den es vor 22 Jahren nach Partenstein im Spessart verschlagen hat. Sein Einstieg hier war das Europaprojekt "Pathways to cultural landscapes" (übersetzt "Wege zu Kulturlandschaften"), ein damals einmaliges Forschungsprojekt, für das zehn Orte in sechs Ländern auserkoren waren. Seitdem treibt Rosmanitz das Archäologische Spessartprojekt (ASP) voran.
Rosmanitz ist keiner, der ein Blatt vor den Mund nimmt. "Ein Durlacher wird in Durlach nichts", sagt er ungeschminkt. Dennoch ist er der Heimat, in dessen Pfinzgaumuseum er schon als jugendlicher Wächter Dienst tat, nach wie vor eng verbunden.
Rosmanitz: "Ich war Jahre nur am Graben"
Harald Rosmanitz ist ein Mann scheinbarer Widersprüche. Sein Studium der Kunstgeschichte in Heidelberg: "etwas trocken, verstaubt". Die Studierenden damals: zu 90 Prozent weiblich. Ihre Haltung: "ein bisschen hochnäsig". Die Vertreter des Lehrstuhls Frühgeschichte hingegen imponierten ihm: Sie seien nie in Lehrsälen, sondern immer draußen gewesen. "Da hab ich mich pudelwohl gefühlt." So sei sein Nebenfach zum Hauptfach geworden. "Ich war Jahre nur am Graben." Rosmanitz grub in Österreich, er buddelte in Sri Lanka. Der Umgang mit Kolleginnen und Kollegen dabei: sehr familiär.
Schließlich machte der heute 60-Jährige seinen Magister in Kunstgeschichte – mit Ur- und Frühgeschichte als erstem Nebenfach sowie neuerer und neuester Geschichte, das er am heutigen Karlsruher Institut für Technologie studierte, als zweitem. Einem Jahr als Museumspädagoge in Museum Ritterhaus in Offenburg folgten derer fünf im Keramikmuseum Westerwald. Dann lockte der Spessart.
Der Archäologe schätzt die Kombination aus Kunstgeschichte und Archäologie
Als Bastler, als Tüftler beschreibt er sich selbst. Mit Kunstgeschichte gebrochen hat er nicht gänzlich: Der Kunstgeschichtler versuche, Erkenntnisse "in ein größeres Ganzes zu setzen und zu bewerten", erläutert Rosmanitz. Der Archäologe hingegen sei einer, "der sich die Hände schmutzig macht, wie ein Forensiker arbeitet und versucht, aus Krümeln Geschichte zu entwickeln. Das Interessante aber", verdeutlicht er, "ist die Melange aus beidem".
Im Spessart hat er den Burgstall Ketzelburg bei Haibach (Lkr. Aschaffenburg) aus der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts ausgegraben. Im Landkreis Main-Spessart widmete er sich dem Kloster Einsiedel, das 500 Jahre lang von Wald überwachsen war, und den Grabungen rund um die Burgruine Bartenstein in seiner Wahlheimat.
Warum Rosmanitz die Faszination für die Archäologie fördern will
Hier wie dort ist Harald Rosmanitz gelungen, was er für unabdingbar hält in seinem Metier: Für die zahlreichen Ausgrabungen aktivierte er Hobbyhistoriker und ehrenamtliche Helferinnen. "Inklusiv" nennt er das. "Ich sehe meine Arbeit nicht nur im Ergraben von Dingen, sondern darin, die Faszination der Leute zu vertiefen. Andere Blickwinkel, andere Neigungen einzubinden." Titel und soziale Stellung spielten dabei keine Rolle, betont er.
Viele Museumsleiterinnen und -leiter würden "nicht mehr auf die Basis hören", weshalb sich viele Ehrenamtliche wieder aus der Arbeit verabschiedeten, kritisiert Rosmanitz. Dabei komme das Wissen über die lokale Historie oft von Geschichtsvereinen. Seine eigene Rolle sieht der Archäologe darin, diese professionell zu unterstützen. "Im Team kommt man weiter als allein", habe ihn das Leben gelehrt. "Nur wenn man andere für Ideen begeistern und gewinnen kann, sind diese überlebensfähig."
In Partenstein, wo das Archäologische Spessartprojekt inzwischen zwei von über einem Dutzend Symposien zu den Burgen in Main-Spessart durchgeführt hat, ist er seit 2022 Vorsitzender des Geschichts- und Burgvereins. Auch wenn er und seine Frau Carola, die er seit seinem Dienst im Pfinzgaumuseum kennt, nach mehr als 20 Jahren hier heimisch sind: Die Verbindung zu seiner ersten Heimat ist nie abgerissen.
Erst im vergangenen Jahr hat Harald Rosmanitz promoviert: 1280 Seiten umfassen die drei Bände seiner Doktorarbeit. Deren Titel "Die Ofenkacheln im Spessart" sagt nicht alles. Auf rund 200 Seiten nämlich widmet er sich jenen Scherben, die er einst in Durlach und Ettlingen geborgen hat. "Den Zugang zur Archäologie schafft man nur, wenn man sich in solche Sachen reinbiestert."
Harald Rosmanitz pflegt eine große Datensammlung im Internet
Buddeln und Scherben waschen ist freilich nicht alles: Nutzbringend ist es erst, wenn die Funde ausgewertet sind. Rosmanitz fotografiert inzwischen dreidimensional und veröffentlicht die Ergebnisse seiner 25-jährigen Forschungsarbeit unter www.furnologia.de im Internet.
In Durlach indes hat man ihn auch nicht aus den Augen verloren. Ende 2022 würdigte ihn der Freundeskreis Pfinzgaumuseum mit dem Karl-Gustav-Fecht-Preis, der alle zwei Jahre "für besondere Verdienste um die Erforschung von Durlachs Geschichte und die Bewahrung des Historischen Erbes" vergeben wird. Die nächste Auszeichnung wäre wohl für sein Engagement in Main-Spessart fällig.