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Volkach
Vor der Entscheidung zum geplanten Flüchtlingswohnheim in Volkach: "Ich muss auf meine Wähler hören"
Der Volkacher Stadtrat entscheidet an diesem Montag über die Unterkunft aus Wohncontainern. Fünf Stadtratsmitglieder sprechen über den Druck – und ihren Standpunkt.
Die Stadtratsmitglieder (oben von links) Barbara Nikola-Bier (SPD), Thomas Jäcklein (Bürgerliste) und Andrea Rauch (Grüne) sowie (unten von links) Simon Rinke (CSU) und Udo Gebert (FWG) äußern sich zu dem in Volkach geplanten Flüchtlingswohnheim und zum Druck aus der Bevölkerung.
Foto: Barbara Nikola-Bier, Natalia Jäcklein, Andrea Rauch, Anna-Lena Kirchner, Peter Pfannes | Die Stadtratsmitglieder (oben von links) Barbara Nikola-Bier (SPD), Thomas Jäcklein (Bürgerliste) und Andrea Rauch (Grüne) sowie (unten von links) Simon Rinke (CSU) und Udo Gebert (FWG) äußern sich zu dem in Volkach ...
Barbara Herrmann
 |  aktualisiert: 11.10.2024 02:37 Uhr

Es ist in Volkach das umstrittenste Thema der vergangenen Jahre: Ein Investor will im Industriegebiet "Im Seelein" ein Wohnheim für maximal 90 geflüchtete Menschen bauen. Über den Bauantrag entscheidet der Stadtrat in seiner Sitzung am Montagabend (19.20 Uhr) im Rathaus.

Nach der überraschenden Wende wegen des fehlenden Baurechts für eine auf zehn Jahre befristete Unterkunft im Industriegebiet scheint der Investor mit seinem Bauantrag auf verlorenem Posten zu stehen. Doch gibt es Stadtratsmitglieder, die sich trotzdem für eine Ausnahme zugunsten eines Wohnheims stark machen? Und wie groß ist der Druck seitens der Bevölkerung vor der Entscheidung? Fünf Stadträtinnen und Stadträte geben einen Einblick.

1. Barbara Nikola-Bier (SPD): "Jeder ist nur seinem Gewissen verpflichtet"

Barbara Nikola-Bier ist seit 2014 Stadträtin der SPD in Volkach.
Foto: Barbara Nikola-Bier | Barbara Nikola-Bier ist seit 2014 Stadträtin der SPD in Volkach.

"Dass Menschen Bedenken gegen eine zentrale Unterbringung äußern, ist verständlich und nachvollziehbar. Aus den geführten Telefongesprächen und erhaltenen Mails kann ich entnehmen, dass die Meinungen geteilt sind. Drohungen haben die Nachrichten und Anrufe aber nicht enthalten. In den Gesprächen mit den Bürgern ging es anfangs in erster Linie um sachliche Informationen. Sicher hat auch die Bürgerinformation in der Mainschleifenhalle zu einem besseren Verständnis beigetragen. Wir diskutieren vor jeder Stadtratssitzung ausführlich über die vorliegende Tagesordnung. Dabei finden wir in der Regel eine tragfähige Entscheidung. Über den Bauantrag werden wir nach Recht und Gesetz entscheiden. In unserer SPD-Fraktion gibt es keinen Fraktionszwang, jeder ist nur seinem Gewissen verpflichtet."

2. Thomas Jäcklein (Bürgerliste): "Ich habe eine christliche Grunderziehung"

Thomas Jäcklein sitzt seit Oktober 2022 für die Bürgerliste im Volkacher Stadtrat. 
Foto: Natalia Jäcklein | Thomas Jäcklein sitzt seit Oktober 2022 für die Bürgerliste im Volkacher Stadtrat. 

"Ich habe mit vielen Leuten über das Thema gesprochen, und da gibt es auf der einen Seite Ängste, und Ressentiments, die aber auch gestreut werden von bestimmten Parteien. Auf der anderen Seite sagten mir aber Bürger, dass sie bereits Flüchtlinge im Dorf haben und auskömmlich zusammenleben. Sorge macht mir schon, dass die Menschen aus einem anderen Kulturkreis kommen und ein anderes Frauenbild haben als das unsere. Da gibt es Probleme, aber Probleme kann man auch lösen. Man kann doch nicht immer alles negativ sehen! Ohne die veränderte Voraussetzung mit dem fehlenden Baurecht hatte ich noch überlegt, wie ich abstimme. Ich habe diese übertriebenen Ängste nicht – und eine christliche Grunderziehung."

3. Andrea Rauch (Grüne): "Wir hätten uns die Landrätin auf dem Podium gewünscht"

Andrea Rauch ist im Volkacher Stadtrat Fraktionssprecherin der Grünen.
Foto: Andrea Rauch | Andrea Rauch ist im Volkacher Stadtrat Fraktionssprecherin der Grünen.

"Es gibt eine Gegenbewegung, die Druck ausüben möchte. Wir sind als Grünen-Fraktion standhaft, denn wir vertreten geschlossen den Teil der Bevölkerung, der vorsichtig optimistisch ist, sollte die GU kommen, oder der Integration sogar als Chance sieht. Es ist das Hauptthema auf der Straße, nichts erregt gerade mehr Aufmerksamkeit. Allerdings auch dahingehend, dass einige Bürger geschockt sind vom Hass einiger Einheimischer gegen Ausländer. Es darf jeder und jede seine/ihre Meinung äußern, aber wir legen Wert auf die Fakten. Daher haben wir schon vor der Stadtratssitzung auf frühe Veröffentlichung von Infos und Plänen gedrängt. Beim Infoabend war eine bunte Mischung an Meinungen zu hören. Wir hätten uns aber auch die Landrätin auf dem Podium gewünscht, die sicher das Argument der Solidarität gegenüber anderen Gemeinden angesprochen hätte. Eigentlich wollten wir geschlossen für die Ausnahmegenehmigung stimmen, doch nun werden wir das Wohnheim wegen des Baurechts wohl erstmal ablehnen müssen."

4. Simon Rinke (CSU): "Bei diesem Thema spielen Gerüchte und Ängste eine zu große Rolle"

Simon Rinke (CSU) ist seit 2020 Mitglied des Volkacher Stadtrats und Jugendreferent.
Foto: Anna-Lena Kirchner | Simon Rinke (CSU) ist seit 2020 Mitglied des Volkacher Stadtrats und Jugendreferent.

"Als Stadträte haben wir bei jeder Entscheidung, die wir treffen, das Wohl unserer Bürger im Blick. Dabei wägen wir immer zwischen den verschiedenen Interessen ab. Das gilt auch für diesen Bauantrag, der sich für uns nur durch ein höheres öffentliches Interesse unterscheidet. Ich würde mich freuen, wenn die Bürger auch bei anderen Themen ins Rathaus kämen, um die Stadtratssitzungen zu verfolgen. Hier erfahren sie, wie Entscheidungen zustande kommen. Dass wir uns mit den Bürgern austauschen, ist für uns selbstverständlich, im aktuellen Fall gibt es allerdings auch Aussagen und vor allem anonyme Benachrichtigungen, die befremdlich sind. Der Infoabend war eine gelungene Veranstaltung, da so viele Bürger sich aus erster Hand informiert haben. Gerade bei diesem Thema spielen nämlich leider Gerüchte und Ängste eine zu große Rolle. Als CSU-Fraktion besprechen wir alles, respektieren aber die Entscheidung jedes einzelnen Fraktionsmitglieds, so abzustimmen, wie er/sie es für richtig hält."

5. Udo Gebert (Freie Wähler): "Kein einziger Bürger hat gesagt, wir sollen das zulassen"

Volkachs Zweiter Bürgermeister Udo Gebert gehört zur Fraktion der Freien Wähler Gemeinschaft (FWG). 
Foto: Peter Pfannes (Archivbild) | Volkachs Zweiter Bürgermeister Udo Gebert gehört zur Fraktion der Freien Wähler Gemeinschaft (FWG). 

"Bei dem Thema dachte ich anfangs noch, ich bin ein entscheidungsfreudiger Unternehmer; wenn das Wohnheim sein muss, dann ziehen wir es eben durch. Aber ich sitze seit 2008 im Stadtrat und wurde noch nie so oft auf ein Thema angesprochen: bei meiner Arbeit und am Wochenende. Zudem haben mich abends Leute angerufen. Es gab Bürger, die sagten, sie würden sich engagieren für die Flüchtlinge, sollten sie denn kommen. Aber kein einziger hat gesagt, wir sollten das Wohnheim zulassen. Die Leute haben sogar gesagt, man sollte lieber eine Zeit lang eine Turnhalle opfern. Daran hat auch der gute Infoabend nichts geändert. Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Ich habe entschieden, ich muss auf meine Wähler hören und kann dem Bauantrag nicht guten Gewissens zustimmen. Wobei das jetzt ohnehin obsolet ist, da das Wohnheim an dieser Stelle im Industriegebiet so wie beantragt nicht zulässig ist."

 
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  • Fritz Heißwolf
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  • Berhard Seitz
    Denk mal drüber nach was die christlichen Lehren, die uns predigen bedeuten. Die müssen vor ihrer eigenen Türe kehren, aber mit großen Besen, oder warum meinst du, dass so viele aus der Kirche austreten? Denk mal drüber nach wie sie Kinder behandelt haben ich will das Wort gar nicht erwähnen da brauche ich an christliche Werte nicht mehr zu denken.
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  • Erich Spiegel
    Man sollte sich ehrlich machen, sich und anderen nichts vorgaukeln. Wenn 2 Personen vor meiner Türe stehen kann ich sie aufnehmen. Wenn es 200 sind, dann ist auch die größte Willkommenskultur überfordert. Übrigens gibt es ca. 5 Mrd. Menschen, die ein besseres Leben möchten. Der Zustrom ist überhaupt noch zu bewältigen, weil zwielichtige Gestalten und Despoten wie Orban und ERdogan für uns die Drecksarbeit machen und die Flüchtlinge an der Grenze abhalten. Die Idee der FDP ist gut, nur noch das Nötigste an Hilfe zu gewähren: Bett, Essen, Nahrung, fertig. (Die FDP ist übrigens nicht als Nazi Partei bekannt). Dann wäre der Asylantenstrom um 95% reduziert. Es kommen nur noch die wirklich hilfebedürftigen. Asyl ist für wirklich Verfolgte gedacht, nicht für Wirtschaftsflüchtlinge. Der seit Jahrzehnten geduldete Asylmissbrauch treibt immer mehr Wähler in die Arme der Rechten. Den etablierten Parteien wird nicht zugetraut das Migrationsproblem zu lösen.
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  • Norbert Meyer
    Ich wäre froh einen Prasidenten wie Orban zu haben !
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  • Berhard Seitz
    Da gebe ich dir recht ich auch. Ich bin ein Orban Fan.
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  • Jochen Freihold
    Herr Spiegel, "Drecksarbeit" in der Zurückweisung von Asylsuchenden, "Wirtschaftsflüchtlinge", fahlt nur noch "Taugenichte" wie bei AfD-Alice Weidel. In welcher Denkweise leben Sie nur?

    Artikel 1 unseres Grundgesetzes (GG) sagt "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Merken Sie sich das bitte!
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  • Berhard Seitz
    Ich kann den Volkacher nur raten, dagegen anzukämpfen. Wenn sie mal da sind, ist es zu spät und sie werden das schöne Volkach Stadtbild verändern. Mach öfters in Volkach Urlaub mehrmals im Jahr zwei dreimal und wenn dann die Asylanten am Marktplatz rumlaufen, ist das kein schönes Bild und wir brauchen keine von denen auch nicht mittelfristig Fachpersonal, ja, aber keine für die Sozialsysteme.
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  • Jochen Freihold
    Herr Seitz, was machen Sie nur, wenn Sie eines Tages selbst hilfs- oder pflegebedürftig sind, dann eingebürgerte Mechaniker, Verkäuferinnen, Ärzte, Krankenschwestern oder Pflegekräfte mit Migrationshintergrund für Sie da sind? Zurückweisen?

    Oh, Sie armer Orban-Fan, haben Sie nicht mitbekommen, wie er an Rechtstaatlichkeit und Unabhrängigkeit der Medien rüttelt, am liebsten auch der Justiz?
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  • Berhard Seitz
    Lies mal genau den Kommentar nach dann siehst du doch, dass ich nichts gegen Facharbeiter habe, Gruß armer Orban Fan.
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  • Jochen Freihold
    Charakterstark verantwortungsbewusste Politiker/innen auf Gruninesdlage christlicher Werte denken und handeln v chorausschauend. Sie schielen nicht auf wankelmütig vermeintliche Stammwähler. die von Verlustängsten, bösen Gerüchten und verlogenen Verschwörungstheorien geplagt sind. Sie denken und handeln vorausschauend weltoffen zu allseitigem Nutzen. Besonders in einer weite rhin aufstrebenden Arbeits-, Tourismus- und Weinmetropole Volkach. Auch zun nschenächst fremde Menschen lassen sich gut integrieren, wenn wir beispielhaft vorangehen. Wir brauchen auch sie schon mittelfristig zu eigenem Fortkommen - ohne wenn und aber!
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  • Martin Oppermann
    Hallo Herr Freihold, ich sehe es teilweise wie Sie, leider ist aber das was hier gerade zwischen Ihnen und Herrn Seitz diskutiert wird nur die Oberfläche. Fragen des Glaubens haben hier in der Diskussion keine Rolle zu spielen sondern klar belegbare Fakten, die auch von jedem Bürger einsehbar sind, das ist bislang von der Gemeindeverwaltung nur mit einem sehr einseitigen Treffen in der Mainschleife getan worden. Ein echte Forum müsste anders aussehen, insbesondere da es sich ja hier um ein Thema handelt was scheinbar im Begriff ist die Gemeinde zu spalten. Fragen müssten im Vorfeld eingereicht werden und nicht nur kurz mündlich ohne die Möglichkeit wie die Personen auf dem Podium auf Darstellung von Zahlen und Hintergründen. Ich gebe Ihnen auch vollkommen recht das wir junge und integrationsfähige Personen für die zukünftigen Themen benötigen. Die Zahlen aus Geretsried und der BAMF sind da sehr eindeutig und ich empfehle diese zu studieren. Links zu staatlichen Stellen poste ich gerne.
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