
Wenn man Magdalena Rummey so fröhlich und lachend auf der Straße sieht, in ihrer schwarzen Schlotfeger-Kluft, merkt man sofort: Ihr macht ihr Beruf Freude. Besonders glücklich ist sie, wenn sie in schwindelnder Höhe, am obersten Punkt eines Hauses, am Schornstein steht. Um ihre Schultern gehängt die Kehrleine mit der schweren Kugel und dem Rundbesen. "Der Blick über die Dächer von Volkach – das ist immer noch atemberaubend", schwärmt sie. "Und jede Jahreszeit hat ihre eigene Schönheit, Sommer wie Winter."
Ob sie manchmal Bedenken hat, so weit oben auf Dächern die Kamine zu kehren? Ein klares "Nein" kommt da sofort. "Wir sind gründlich ausgebildet worden." Höhenangst? Magdalena lacht. "Da wäre ich für diesen Job wohl total ungeeignet." Und als ob man es nicht schon geahnt hätte: Sie hat ein ungewöhnliches Hobby, für das sie ebenso höhenfest sein muss: das Gleitschirmfliegen. Die 24-Jährige lässt wirklich nichts aus. Den Flugschein selbst hat sie noch nicht. "Da kam Corona dazwischen." Aber 2023 soll es dann klappen.
Von den Bergen Oberbayerns auf die Dächer Unterfrankens

In Oberbayern, am Starnberger See, ist sie geboren, inmitten der Berge. Und damit schließt sich auch der Kreis mit der Faszination für große Höhen. 2012 ist sie mit ihren Eltern in die Nähe von Bad Königshofen gezogen. Nach dem Quali kamen ersten Praktika bei verschiedenen Handwerkern. Bei einem örtlichen Kaminkehrer-Betrieb hat es dann "geschnackelt". "Das ist mein Ding!" war sich Rummey sicher.
Mitentscheidend war dabei auch das betriebliche Umfeld, wie sie betont. Ein nettes, engagiertes Team war das damals mit einem Super-Chef, wie sie sagt. Was folgte, war ein sehr guter Abschluss bei der Gesellenprüfung. "Nicht überraschend", findet ihr heutiger Chef, der Volkacher Kaminkehrermeister Udo Gebert.
Schlotfegerin Rummey ist für ihren Chef ein Glücksbringer

Ihm gelang es, Rummey vor knapp einem Jahr an die Mainschleife zu locken. "Ein Glücksgriff", sagt der Unternehmer, und fügt hinzu: "Jederzeit würde ich wieder so entscheiden." Eine junge Frau in einer Männerdomäne? Derzeit gibt es in Unterfranken nur eine Hand voll Schornsteinfegerinnen. Magdalena lacht schon wieder: "Absolut kein Problem!" Berufsstolz klingt aus ihren Worten heraus.
Udo Gebert erzählt, dass er in Bezug auf seine Mitarbeiterin nur positive Rückmeldungen von seinen Kunden gehört habe. Auch für ihn ist eine weibliche Arbeitskraft in seinem Betrieb ein absolutes Novum. Aber er sieht darin eine Bereicherung: "Es gibt das eine oder andere, sagen wir mal vorsichtig, schwierige Kehrobjekt." Manchmal auch eigentümerabhängig. "Wenn da eine junge, selbstbewusste und charmante Kaminkehrerin auftritt, ist die Lage von vorneherein schon anders. Besser", findet Gebert.
"Darf ich Sie mal anfassen? Sie bringen doch Glück oder?" Jeden Tag hören die Schlotfegerin und der Schlotfeger mehrmals diese Frage. "Sonst sind die Leute doch etwas zurückhaltend, wenn jemand mit rußverschmutzter Kleidung und schwarzen Händen kommt", meint Gebert. "Aber bei uns ist es anders: Vom Händeschütteln bis zum Umarmen – es gibt nichts, was es nicht gibt."
Selbst Menschen mit heller Kleidung wollen gern ein Selfie schießen, bei dem sie sich an die Kaminkehrer drücken. Das hinterlässt unweigerlich Spuren. "Und darüber freuen sie sich noch", erzählt Gebert. "In welchem Beruf hat man das noch, als Glücksbringer zu gelten?", schwärmt Rummey von dieser Wertschätzung für ihre Zunft. Nur freitagnachmittags versuchen beide, den Volkacher Marktplatz zu meiden. "Da haben Brautpaare schon ellenlange Fotoshootings mit uns gemacht", schmunzelt sie. "Aber vielleicht hat´s geholfen?"
Freitagnachmittags den Volkacher Marktplatz meiden


Woher kommt das eigentlich mit dem Glück ? Weltweit gehen gerade zu Neujahr Bilder von sympathischen Schlotfegern umher und vermitteln Glücksgefühle. Die Erklärung dafür geht bis in das 15. Jahrhundert zurück. In Italien soll es angefangen haben: Die Bewohner begannen, an ihren Feuerstätten im Haus den Rauch über Rohre nach draußen zu leiten. Da es hierbei schnell zu Verstopfungen durch Ruß und Asche kam, waren nicht selten Kaminbrände die Folge, die das ganze Haus zerstörten.
So entwickelte sich das Gewerbe des Kaminkehrers und die Hausbewohner waren froh, wieder gefahrlos heizen und kochen zu können. Diese Sicherheit bedeutete für sie großes Glück. Und außerdem sagte man den Schornsteinfegern wegen ihrer schwarzen Kleidung und den geschwärzten Gesichtern auch magische Kräfte nach, mit denen sie angeblich Dämonen und Geister vertreiben konnten.
Ein Beruf mit vielen Bezeichnungen

In der heutigen Zeit ist davon nur der Aberglaube an den Glücksbringer geblieben. Übrigens sind die Berufsbezeichnungen für den schwarzen Mann und die schwarze Frau örtlich verschieden: Nur in Bayern heißt es generell Kaminkehrer. In den anderen Bundesgebieten überwiegt der Begriff Schornsteinfeger. Eher auf dem Lande spricht man vom Schlotfeger, und im Osten Deutschlands heißt es gar "Essenkehrer". Für Magdalena Rummey ist das alles zweitrangig. Ihr nächstes großes Ziel ist die Ausbildung zur Meisterin.